Nachrichten Dienstag, 13. Januar, 1998

Willkommen bei Radio Prag! Zu dem nun folgenden Aktuellen Beitragsblock und das anschliessende Hörerforum wünsche ich gute Unterhaltung. Zunächst die Nachrichten mit Andrea Kopelentova.

Havel - Zeman - Pithart

Präsident Vaclav Havel, der am Montag von seinem dreiwöchigen Genesungsurlaub aus Spanien zurückgekehrt ist, trifft sich im Zusammenhang mit dem Auslaufen seiner fünfjährigen Amtsperiode heute mit der Führung der beiden Parlamentskammern. Milos Zeman, Chef der Abgeordnetenkammer und der Sozialdemokraten will ihn über die Ergebnisse der Verhandlungen vom Sonntag mit den Vertretern aller Parlamentsparteien und Premier Tosovsky informieren. Laut CTK fordert Zeman von Präsident Havel einen klaren Standpunkt zum Termin der vorgezogenen Wahlen und den Mechanismen, die dorthin führen. Parallel dazu will er Havel in seiner Funktion als Chef der Sozialdemokraten die Positionen der zur Zeit stärksten politischen Partei zur derzeitigen politischen Krise darlegen.

Havel für christdemokratisches "polnisches" Modell

Präsident Havel selbst äusserte bei seiner Ankunft in Prag, dass er den von den Christdemokraten gemachten Vorschlag zur Erreichung vorzeitiger Wahlen durch eine dauerhafte Verfassungsänderung vorziehe. Nach diesem tritt die Abgeordnetenkammer mit der durch die Verfassung erforderlichen Mehrheit von 120 Stimmen mit der Forderung um Auflösung an den Präsidenten heran, der dieser nach eigenem Gutdünken nachkommt oder nicht.

Regierung strebt andere Lösung an

Die Übergangsregierung hat am Montag eine andere Lösung vorgeschlagen. Sie will am 14. Januar das Gesetz über den Verkauf von staatlichen Boden vorlegen, dass von der Abgeordnetenkammer - so wie es die Verfassung als eine Möglichkeit zu ihrer Auflösung vorschreibt - nicht behandelt wird. Damit wird die Abgeordnetenkammer automatisch bis zum 20. April aufgelöst und die Wahlen könnten am 19. Juni stattfinden. Havel bezeichnet diese Variante als "nicht elegant".

Botschafter in Bonn

Wie die Tageszeitung Pravo schreibt, wird der ehemalige Gesandte der Tschechischen Republik in Berlin, Frantisek Cerny, wahrscheinlich zum neuen Botschafter in Bonn ernannt. Der Botschafterposten ist nach dem Weggang von Jiri Grusa verwaist. Über die Benennung von Cerny zum Botschafter muss aber noch die Regierung entscheiden.

Kabinettssitzung am Mittwoch

Nach Worten des Regierungssprechers Vladimir Mlynar wird sich die Regierung am Mittwoch mit der Formulierung des Regierungsprogramms beschäftigen, mit dem sie Ende Januar vor der Abgeordnetenkammer die Vertrauensfrage stellt.

"Meingungsplattform" wächst

Rund 25 Abgeordnete der ODS, die sich zur innerparteilichen Meinungsplattform bekennen, haben heute die Fraktion der ODS verlassen. Dies teilte der ODS-Abgeordnete und Exinnenminister Jan Ruml mit, der zu den Mitbegründern der Meinungsplattform zählt und die Gründung eines neuen politischen Subjekts anstrebt. Mit dem Austritt aus der Fraktion der ODS will man sich gleichzeitig der Gründung eines neuen politischen Clubs befassen. Bis zur konstituierenden Sitzung, die für kommende Woche geplant ist, wurden 4 der Ausgetretenen, einschliesslich Ruml, mit den Geschäften der noch nicht gegründeten Partei betraut. Ruml zufolge werden noch weitere Abgeordnete aus der 69 Mann starken Fraktion austreten, was aber nicht gleichbedeutend mit einem Parteiaustritt sei. Einen solchen müsse jeder Abgeordnete selbst erwägen.

ODS schrumpft

Am Montag ist nach Finanzminister Pilip auch der ODS-Minister für Arbeit und soziales Stanislav Volak aus der ODS getreten. Somit sind von den ODS-Mitgliedern des Ubergangskabinetts nur noch Verteidigungsminister Lobkowitz und der Minister für Regionales Jan Cerny übrig, die ihren baldigen Austritt jedoch schon angekündigt haben.

Name für neue Partei gesucht - Partner ODA

Eine passende Bezeichnung für die geplante neue Partei durch die Mitglieder der Meinungsplattform wird zur Zeit intensiv gesucht und soll laut Finanzminister Pilip in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden. Die Mitglieder der Plattform und ihre Symphatisanten wollen sich am Samstag in Litomysl treffen. Die kleinste Parlamentpartei ODA unter Jiri Skalicky schliesst die politische Zusammenarbeit in Form einer gemeinsamen Wahlkampagne mit der Plattform nicht aus, lehnt aber Spekulationen von einem Zusammenschluss ab.

Politischer Club erwägt Transformation in Partei

Auch der politische Club, dessen Hauptinitiator der Vorsitzende des parlamentarischen Haushaltsauschusses Josef Wagner ist, erwägt seine Transformation in eine Partei, die sich an den vorgezogenen Wahlen beteiligen kann. Damit ist die politische Szene um zwei neue politische Subjekte bereichert, die ihre politische Stellung rechts von der Mitte definieren.

KDU-CSL erörtet aktuelle Situation

Der gesamtstaatliche Parteiausschuss der Christdemokraten unter Führung von Josef Lux wird heute Fragen des Regierungsprogramms sowie der aktuellpolitischen Situation erörtern.

3 Präsidentschaftskandidaten

Laut CTK wird der Chef der Republikaner Miroslav Sladek, der sich seiner antirassistischen und fremdenfeindlichen Äusserungen wegen in Haft befindet, einer der Präsidentschaftskandidaten der Republikaner sein. Neben Havel, der von den ehemaligen drei Koalitionsparteien sowie den Sozialdemokraten unterstützt wird, wurde ausserdem der Astrophysiker Stanislav Fischer von den Kommunisten aufgestellt.

Abgeordnetenkammer-Kommission für Wertpapiere, Bankgesetz

Der Hauptpunkt der heutigen Abgeordnetensitzung ist die Abstimmung über die vom Senat zurückdelegierten GEsetzesvorlagen über die Kommission von Wertpapieren und Banken.

Radarsystem Tamara

Der Erfinder des Radarsystems Tamara, das angeblich auch die unsichtbaren amerikanischen Flugzeuge vom Typ Stealth identifiziert, will sich in Besorgnis vor Missbrauch seiner Erfindung eine Störanlage patentieren lassen.

Das waren die Nachrichten. Im Programm geht es nun weiter mit unserem freien Mitarbeiter Thomas Haupenthal.