Nachrichten Dienstag, 30. März, 1999
Tschechische Politiker und die Kosovo-Krise
Der tschechische Premier Milos Zeman hat am Montag vor Journalisten eingeräumt, dass das tschechische Kabinett als Ganzes nicht über den Nato-Angriff auf Jugoslawien abgestimmt habe. Vielmehr habe er Brüssel die Zustimmung der Tschechischen Republik lediglich nach einer Unterredung mit Aussenminister Jan Kavan gegeben. Er habe dabei - wie er betonte - vorausgesetzt, dass die zur Vermeidung einer humanitären Katastrophe durchgeführten Angriffe lediglich auf militärische und nicht auf zivile Ziele gerichtet sein würden. Das tschechiche Kabinett befasste sich mit dieser Angelegenheit auch in seiner Sitzung am Montag. Bei Redaktionsschluss lagen darüber jedoch noch keine näheren Informatinen vor. Aussenminister Kavan hat der Regierung im Hinblick auf die Bombardierung Jugoslawiens durch die Nato Alibismus und übertriebene Vorsicht vorgeworfen. Wie die Tageszeitung Lidove noviny in ihrer Montagsausgabe schreibt, sei der Streit über den offiziellen Standpunkt des tschechichen Kabinetts bereits zwei Tage vor den ersten Luftangriffen ausgebrochen, als die Minister sich von einem eventuellen Nato-Angriff auf Jugoslawien in gewisser Weise distanziert hätten. Kritik erntete das Zeman-Kabinett am Montag auch von Seiten führender Politologen, die der Regierung im Hinblick auf ihre Haltung zu den Nato-Luftangriffen Feigheit und Halbherzigkeit, aber auch die Unfähigkeit vorwarfen, als Nato-Mitglied eine eigene Meinung innerhalb der Allianz durchzusetzen.
CR nimmt Flüchtlinge auf
Die Tschechische Republik ist bereit, sofort mehrere Hundert Flüchtlinge aus dem Kosovo aufzunehmen. Wie der Leiter der Abteilung für Flüchtlinge und Integration von Ausländern, Tomas Haisman, am Montag sagte, seien an der tschechisch-slowakischen Grenze im Zusammenhang mit der Kosovo-Krise zur Stunde noch keine Probleme mit Kosovo-Flüchtlingen festzustellen.
Kosovo-Demo in Prag
Bei einer Demonstration für die Beendigung von Gewalt in Jugoslawien wurde ein Demonstrant albanischer Nationalität erschossen. Bei dem kurze zeit später gefassten Täter handelt es sich nach Angaben der Polizei um einen Bewohner des ehemaligen Jugoslawien. Die Kundgebung hatte auf Initative der Stiftung Menschen in Not, der Helsinki-Bürgervereinigung und des Tschechischen helsinki-Ausschusses stattgefunden.
Guterres in Prag
Das Thema Kosovo war auch Gegenstand der Gespräche, die Staatspräsidnet Vaclav Havel am Montag mit dem portugiesischen Premierminister Antonio Guterres führte, der seit Sonnatg abend zu einem offiziellen Besuch in Prag weilt. Beide Politiker stimmten darin überein, dass der militärische Eingrif der Nato in Jugoslawien zur gegebenen Situation notwendig gewesen sei, da es keine andere Lösung gegebeben habe. Guterres betonte jedoch, dass beide Seiten nun so schnell wie möglich wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren müssten. Bei seinem Treffen mit Premierminister Milos Zeman waren die Gesprächsthemen die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen, der gegenseitigen Investitionsaustausch sowie die Zukunft der Europäischen Union. Antonio Guteress versicherte seinem tschechischen Amstkollegen, dass Portugal ähnlich wie die Tschechische Republik Interesse an einer Reform der Europäischen Union habe und in dieser Richtung künftig mit Prag zusammenarbeiten wolle. Mit dem Vorsitzenden des tschechischen Abgeordnetenhauses, Vaclav Klaus, diskutierte Guterres anschliessend über die Agenda 2000, die u.a. Reformen der Innenpolitik und der Finanzierung der EU beinhaltet. Portugal übernimmt im kommenden Jahr den Vorsitz in der Eurropäischen Union.
Regierung berät über EU und industrielle Widerbelebung
Die tschechische Regierung hat auf ihrer Sitzung am Montag u.a. über eine konzeptionelle Reform von Militärstragtegie und öffentlicher Verwaltung beraten. Das von Verteidigungsminister Vladimir Vetchy vorgelegte Strategiepapeir diente als Grundlage für die Gewährleistung der Sicherheit der Tschechischen Republik im Rahmen der Nordatlantischen Allianz. Ausserdem soll damit festgelegt werden, in welchem Masse sich die Tschechische Republik in Zukunft bei der Bewältigung internationaler Krisen beteiligen wird.
Zeman empfängt schwedische Delegation
Vertreter der grössten schwedischen Wirtschaftsunternehmen wie Saab, ABB, Elektrolux und Ericsson weilen seit Montag zu einer dreitägigen Mission in der Tschechischen Republik. Vorgesehen sind u.a. Treffen mit Premierminister Milos Zeman und Staatspräsident Vaclav Havel. Während ihres Tschechien-Besuchs wird die schwedische Wirtschaftsdelegation auch an einem von der Agentur Czechinvest veranstalteten Seminar über Investitionsmöglichkeiten in der Tschchischen Republik teilnehmen.
Staat-Kirche-Kommission schon bald tätig
Die von Kulturminister Pavel Dostal eingesetzte Staat-Kirche- Kommission wird möglichwereise schon bald ihre Tätigkeit aufnehmen können. Wie der Sprecher der tschechischen Bischofskonferenz, Daniel Herman, heute sagte, gehe dies aus dem gestrigen treffen Dostals mit Vertretern der katholischen und evangelischen Kirchen und der jüdischen Gemeinden hervor. Die Kirchenvertreter hätten sich mit dem Kuklturminister auf einen Schlüssel geeinigt, nach welchem die Kommission aus Juristen und Ökonomen zusammengetsellt werden soll. Einigkeit herrschte nach den Worten Hermans auch in bezug auf die Beziehung der Staat-Kirche-Kommission zu der bereits tätigen politischen Regierungskommission.
Albrigt Ehrenbürgerin von Uhersky Brod ?
Die amerikanische Aussenministerin Madeleine Albright soll Ehrenbürgerin des mährischen Städtchens Uhersky Brod werden. Die Entscheidung der Stadtväter war darüber bereits am vergangenen Mittwoch gefallen. Der Bürgermeister der Geburtsstadt von Jan Amos Komensky bereitet nun ein entsprechendes Bittschreiben an die amerikanische Aussenministerin vor, die sich als gebürtige Tschechin stets vehement für einen NATO-Beitritt der Tschechischen Republik eingesetzt hatte.
Wetter
Abschliessend das Wetter: Nach dem sonnigen Wochende gehen die Temeperaturen in der Tschechischen Republik am Wochenanfang wieder etwas zurück. Für die kommende Nacht melden die Meteorologen 2 bis 6 Grad. Am Dienstag wird der Himmel bei örtlichen Regenschauern und Temperaturen bis zu 16 Grad bewölkt sein. Bis Donnerstag wird mit einem Temeperaturanstieg auf 19 Grad erwartet. Die Autofahrer müssen mit Frühnebel rechnen.
Sie hörten die Nachrichten von Radio Prag. Es geht weiter mit dem aktuellen Block und Marketa Maurova.