Nachrichten Donnerstag, 01. April, 1999

Kabinett stimmt Reformentwurf der Verwaltungsorgane zu

Das Regierungskabinett hat den vom Innenministerium vorgelegten Reformentwurf der öffentlichen Verwaltung zur Kenntnis genommen. Das Kabinett geht von der raschen Durchsetzung der Reform aus, die noch vom Parlament gebilligt werden muss. Es geht vor allem um eine Abgabe der Kompetenzen der Ministerien an niedere Verwaltungseinrichtungen. Die Reform soll ab 2001 zum Tragen kommen. Die Reform der Verwaltungsorgane ist eine Bedingung für die geplante Integration in die EU.

Revitalisierung für Wirtschaft gestartet

Die Regierung hat die Bildung einer Revitalisierungs-bzw. Konsolidierungsagentur als einem Garanten für das geplante Revitalisierungsprogramm für die tschechische Wirtschaft beschlossen. Innerhalb von 14 Tagen soll eine Kommission unter Führung des Finanzministers Ivo Svoboda das Programm vorlegen.

EU-Havel

Staatspräsident Vaclav Havel traf sich am Mittwoch mit dem Chefunterhändler der Tschechischen Republik für EU- Angelegenheiten, Pavel Telicka. Telicka informierte über die Ergebnisse des EU-Gipfels in Berlin und dessen Auswirkungen auf die Erweiterungsstrategie der EU. Die in Berlin angenommene Agenda 2000 bezeichnet die Erweiterung als "ihre historische Priorität". Wie im Anschluss an das Gespräch erklärte, bestehe die Chance, dass der Bericht der Europäischen Kommission über Tschechien für dieses Jahr besser ausfallen werde. Die Verzögerungen seien aufholbar. Havel hatte erst vor einem Monat in Paris davor gewarnt, dass die Aufnahme Tschechien innerhalb der ersten Gruppe wegen unzureichender Vorbereitung gefährdet sei.

Präsident Havel soll am Donnerstag mit dem Leiter der Delegation der Europäischen Kommission in der Tschechischen Republik, Ramir Cibrian, zusammenkommen.

Wie die Präsidialkanzlei mitteilte, begrüsst Präsident Havel die Entscheidung der EU zur Ernennung Prodis zum neuen Chef der Europäischen Kommission.

Aus dem Parlament

Die Abgeordnetenkammer des Tschechischen Parlaments befasste sich am Mittwoch unter anderem mit einem Gesetzentwurf der Regierung über die Staatsangehörigkeit einiger ehemaliger tschechoslowakischer Staatsbürger. Ein von den Kommunisten und der konservativen Oppositionspartei ODS gemachter Vorschlag - der Regierung den Entwurf zur Überarbeitung zurückzudelegieren - stiess auf Ablehnung. ODS-Abgeordnete erklärten, eine Doppelstaatsbürgerschaft begünstige im Ausland lebende Landsleute. Sie müssten keine Steuern zahlen, könnten aber staatliche Unterstützung beziehen. Der Entwurf berücksichtige ausserdem zuwenig andere Probleme, die mit diesem Gesetz zusammenhingen. Das Gesetz soll - wie es heisst - einige Ungerechtigkeiten aus der Zeit zwischen 1948 und 89 wiedergutmachen. Der Entwurf wird jetzt in den Fachausschüssen bearbeitet.

Lotteriegesetz rarifiziert

Staatspräsident Havel hat die Novelle des Lotteriegesetzes unterzeichnet, dass in der Vergangenheit oft von der EU kritisiert wurde. Es beseitigt die Benachteiligung von ausländischen Firmen, die bislang keine sog. Verbraucherwettbewerbe durchführedurften.

Geheimdienst bekommt neuen Chef

Der zivile Geheimdienst der Tschechischen Republik - BIS - wird bald einen neuen Chef haben. Das Kabinett hat am Dienstag der von dem zuständigen Minister ohne Portefeuille, Jaroslav Basta, gemachten Kandidatur für Jiri Ruzek zugestimmt. Der Ernennung von Ruzek muss noch der parlamentarische Verteidigungs-und Sicherheitsausschuss zustimmmen, dessen Entscheidung für die Regierung jedoch nicht verbindlich ist.

Tschechische Firma im Verdacht, Waffenembargo gegen Jugoslawien missachtet zu haben

Die Liberecer Firma Agroplast distanzierte sich am Mittwoch in einer Pressererklärung von der Information, sie hätte mit illegalen Waffengeschäften das Waffenembargo gegen Jugoslawien gebrochen. Gerade für Agroplast soll die Ladung des russischen Flugzeugs Ruslan bestimmt gewesen sein, das am 19. März von aserbaidschanischen Behörden festegehalten worden war und Ersatzteile für das Jagdflugzeug Mig 21 geladen hatte. Die Teile waren für Agroplast bestimmt. Die Firma hatte einen Liefervertrag mit Russland abgeschlossen - heisst es in der Erklärung mit Verweis auf eine entsprechende Erlaubnis durch das Industrie- und Handelsministerium.

Atommeiler im Ostblock bereiten dem Westen Sorgen

Der Atomexperte der oberösterreichen Landesregierung Radko Pavlovec bescheinigte Tschechien und der Slowakei das gleiche Problem bezüglich ihrer Atommeiler. Im Rahmen seines Besuches in der slowakischen Hauptstadt Bratislava erklärte er, dass Temelin und Mochovec in Westeuropa keine Chance hätten. In der Slowakei fehle im Gegensatz zu Tschechien darüberhinaus der politische Willen zu einer öffentlichen Disskussion über dieses Problem der Energiepolitik - meinte Pavlovec.

EU-Charta für regionale Selbstverwaltung

Die tschechischen Abgeordneten werden sich Meldungen der Nachrichtenagentur ctk zufolge wahrscheinlich noch einmal mit der Europäischen Charta für regionale Selbstverwaltung befassen müssen, die sie bereits im Februar diesen Jahres ratifiziert hatten. Dabei war ein Fehler in der Nennung der Anzahl der Artikel der Charta im Regierungsentwurf übersehen worden, den die Oberkammer des Palaments jedoch mit einem nachgebesserten Beschluss trotzdem angenommen hatten. Bereits vor der Ratifizierung hatte die Debatte über die Annahme der Charta durch ihre angeblich schlechte Übersetzung mehrfache Kritik unter den Abgeordneten ausgelöst.

Hilfe für Kosovo-Flüchtlinge

Die Stiftung "Mensch in Not" schickt Anfang nächster Woche humanitäre Hilfsgüter nach Nordalbanien, wohin sich der Grossteil der Kosovo-Flüchtlinge geflüchtet hat. Die Stiftung arbeitet mit der Katholischen Caritas zusammen. Die Hilfsgüter werden aus den Erlösen eines Hilfskontos gekauft.

Das tschechische Aussenministerium macht ausserdem rund 60.000 Dollar aus eigenen Haushaltsmitteln frei, die für das Konto des Internationalen Roten Kreuzes und des Hohen Flüchtlingskommissariats für Menschenrechte bestimmt sind und Makedonien, Albanien und Montenegro zukommen sollen.

Clinton bedankt sich bei Havel für Solidarität

In einem Schreiben an seinen tschechischen Amtskollegen bedankte sich US-Präsident Bill Clinton am Dienstag bei Vaclav Havel für dessen Unterstützung für den Nato-Angriff auf Jugoslawien. "Die Solidarität der Verbündeten nahm eine SChlüsselstellung bei der Unterstützung der diplomatischen Bemühungen für eine friedliche Lösung der Kosovo-Krise ein. Diese Solidarität ist für die Durchführung der Luftoperationen gleichermassen wichtig." schreibt Clinton in dem Brief, dessen Text der Nachrichtenagentur ctk am Dienstag durch die Präsidialkanzlei übermittelt wurde.

Nach seiner Audienz bei Präsident Havel am Dienstag in Prag sagte der Botschafter Makedoniens mit Sitz in Wien, Ognen Maleski, gegenüber der ctk, dass sein Land beabsichtige, so schnell wie möglich der Nato beizutreten. Darüber hinaus erklärte er, sein Land verspreche sich von dem Nato-Gipfel im April in Washington die Ankündigung, dass Länder wie Makedonien, Bulgarien, Slowanien und Rumänien "in naher Zukunft" Mitglieder der Allianz werden können.