Nachrichten Freitag, 08. Oktober, 1999

Kavan traf mit Verheugen zusammen

Die Tschechische Republik hat immernoch die Chance, der EU unter den ersten Beitrittskandidaten beizutreten. Die EU-Kommission bewertet den Fortschritt Tschechiens zwar kritisch, aus ihrer Bewertung wird nächste Woche jedoch nicht resultieren, daß Tschechien von den sechs Beitrittskandidaten am schlechtesten vorbereitet wäre. Dies erklärte - den Informationen der Nachrichtenagentur CTK zufolge - der für die Erweiterung zuständige deutsche Kommissar Günter Verheugen am Donnerstag in Brüssel nach seinem Treffen mit dem tschechischen Außenminister Jan Kavan. Verheugen machte Kavan mit den wichtigsten Beschlüssen des Berichtes der EU-Kommission über den Stand der Vorbereitungen Tschechiens auf den EU-Beitritt bekannt. Günter Verheugen deutete an, daß sich der EU-Bericht unter anderem zur tschechischen innenpolitischen Lage äußere. Er stellte fest, dass bestimmte Probleme des tschechischen Kabinetts nicht mit der Machtausübung, sondern eher mit dem politischen System zusammenhingen. Kavan stimmte mit Verheugen darin überein, daß die EU-Kommission für die am besten vorbereiteten Beitrittskandidaten das Datum der Beendigung der Beitrittsgespräche vorschlagen sollte.

Zeman über den EU-Beitritt

Wie der tschechische Premier Milos Zeman in einem Interview für die tschechische Nachrichtenagentur ctk erklärte, hoffe er, dass der diejährige, für Oktober angekündigte Jahresbericht der Europäischen Kommission zum Vorbereitungsstand der Tschechischen Republik auf ihren Beitritt in die EU besser ausfallen werde als der Vorjahresbericht. Ökonomen dagegen sind skeptischer. Was die meist kritisierte Situation im Justiz- und Rechtswesen angeht, verwies der tschechische Premier auf die von der Regierung dem Parlament vorgelegte Novellierung des Strafgesetzes und den Kodex des Strafgesetzes, der jetzt zur Debatte gestellt wird. Gegen die Korruption sei die Aktion "Saubere Hände" gestartet worden. Bezüglich des schwachen Wirtschaftswachstums verwies Zeman auf die jüngsten Nachrichten von einer schwachen Belebung des Bruttoinlandsprodukts sowie die Weiterführung der Privatisierung des Banksektors.

Dzurinda bei Havel

Der slowakische Premier Mikulas Dzurinda hat während seines Treffens mit dem tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel in Prag seinen Dank für den Anteil der Tschechen am Zusammenbruch des kommunistischen Regimes zum Ausdruck gebracht. Havel erklärte, die Tschechische Republik werde die Slowakei auf ihrem Weg in die europäischen Strukturen unterstützen. Beide Politiker diskutierten unter anderem über die Beziehung ihrer Länder zu Österreich, wo Stimmen gegen die tschechische und slowakische Atomenergiewirtschaft laut werden.

Deutsche Tage in Prag

Mit der Eröffnung der Ausstellung "Wo ist meine Heimat Spuren tschechisch-deutscher Gemeinsamkeiten im 19. und 20. Jahhrhundert" sind am Donnerstag an der Wirtschaftsuniversität in Prag Deutsche Tage eröffnet worden. Das Hauptziel der Veranstaltung ist es, die Tradition der Präsentation einzelner EU-Länder an der Wirtschaftsuniversität zu gründen. Ausführlicher berichten wir über die Deutschen Tage im aktuellen Block im Anschluss an die Nachrichten.

Konferenz über Wiederaufbau des Balkans

Die Rolle der Mitteleuropäischen Initiative bei der Verwirklichung des Stabilitätspaktes für Südosteuropa ist das Thema einer zweitägigen internationalen Konferenz, die am Donnerstag nachmittag in Prag eröffnet wurde. An der Konferenz nehmen neben Vertretern der Mitgliedsstaaten der Mitteleuropäischen Initiative Vertreter der Europa-Parlaments, der parlamentarischen Versammlung des Europa-Rates und anderer internationalen Organisationen teil.

Mauer in Usti

Über 5000 Kronen - so die tschechische Nachrichtenagentur CTK - betrug der Schaden, den Roma-Aktivisten durch die Demontage der Mauer in der Maticni- Strasse in Usti nad Labem/Aussig an der Elbe aus Protest verursacht haben. Wie der Bürgermeister von Usti am Mittwoch im Fernsehen erklärt hatte, werde man bei einem Schaden über 2000 Kronen gerichtlich gegen die Aktivisten vorgehen. Die Mauer wurde auf Antrag der Anwohner errichtet, die sich gegen Lärm und Schmutz der Nachbarn wehren wollen, die gegenüber untergebracht sind und aus verschiedenen Gründen auch keine Miete zahlen. Die Mauer hat inzwischen eine heisse innenpolitische Debatte hervorgerufen und ist auch auf die Kritik der Europäischen Union gestossen, die darin eine Verletzung der Menschenrechte und Rassismus sieht. Nicht zuletzt stellt sie einen ernst zu nehmenden Aspekt für die Aufnahme der Tschechischen Republik in die Europäische Union dar. In diesem Sinne verurteilte am Mittwoch auch der tschechische Premier Milos Zeman den Bau der Mauer in Usti. Der Zentralrat deutscher Sinti und Roma forderte inzwischen den EU- Kommissar Günter Verheugen auf, "wegen Apartheidpolitik" Sanktionen gegen Prag zu verhängen. In Usti blockierten auch am Donnerstag zahlreiche Roma die Baustelle.

Holocaust

Die Teilnehmer der internationalen wissenschaftlichen Konferenz zum Thema "Phänomen Holocaust" haben sich am Donnerstag mit den Ursachen des Antisemitismus und dem Genozid der Roma auf dem Gebiet der böhmischen Länder beschäftigt. Die Konferenz wird in der Gedenkstätte Terezin/Theresienstadt am Freitag fortgesetzt.

SAB - Pilsner Urquell - Radegast

Durch den Zusammenschluss mit den tschechischen Bierbrauereien Pilsner Urquell und Radegast wird die südafrikanische Gesellschaft South African Breweries die drittgrößte Bierbrauereifirma in der Welt. Das gab Randall Dillard, der Generaldirektor der Gesellschaft Nomura International plc, die ihren Anteil an beiden Brauereien der Gesellschaft SAB verkauft hatte, am Donnerstag in Prag vor Journalisten bekannt. Die SAB werde die Marke Pilsner Urquell als ihre Hauptweltmarke präsentieren.