Nachrichten Freitag, 12. März, 1999

Nato-Beitritt - CR

Das Nordatlantische Verteidigunsbündnis dehnt seinen Einflussbereich an diesem Freitag offiziell in den Osten Europas und damit auf ehemaliges Feindgebiet aus. Die früheren Ostblockstaaten Tschechische Republik, Polen und Ungarn werden Nato-Mitglieder. Kurz vor dem 50. Gründungstag der Nato wächst die Zahl ihrer Partner damit auf 19.

"Die Tschechische Republik wird beweisen müssen, dass sie ein vollwertiges Mitglied der Nordatlantischen Allianz und in der Lage sein wird, alle damit verbundenen Pflichten und Verpflichtungen zu erfüllen, sagte der tschechische Aussenminister Jan Kavan am Donnerstag kurz vor seinem Abflug in die USA, wo er und seine ungarischen und polnischen Amtskollegen die Nato- Ratifizierungsurkunden übergeben werden. Kavan betonte noch einmal das Interesse der Tschechischen Republik, sich an der Gestaltung des künftigen Aussehens der Nato zu beteiligen und eine weitere Erweiterung der Allianz unterstützen zu wollen.

Der stellvertretende tschechische Verteidigunsgminister Jaromir Novotny, der den Aussenminister auf seiner USA-Reise begleitet, bemerkte in diesem Zusammenhang, es werde mindestens noch zehn Jahre dauern, bis sich die Tschechische Republik voll und ganz in die Nato-Strukturen integriert habe. Am Freitag, wenn die Tschechische Republik offiziell der Nato beitrete, beginne - so Novotny - die Etappe der alltäglichen Arbeit.

Spidla - Gewerkschaften

Arbeitsminister Vladimir Spidla hat die Gewerkschaften aufgefordert, sich am Kampf gegen die graue Wirtschaft zu beteiligen und auf Fälle aufmerksam machen, wo Arbeitgeber offiziell nur einen Teil des Gehalts ausbezahlen. Wie Spidla im Rahmen einer Diskussion auf der Tagung der Gewerkschaften sagte, werde er mit Schulminister Eduard Zeman über die Möglichkeit einer Reduzierung der Pflichtstunden für Lehrer bei gleichzeitiger Beibehaltung ihrer derzeitigen Gehälter verhandeln. Minister Spidla wollte für die Zukunft auch die Möglichkeit einer allgemeinen 35-Stunden-Woche nicht ausschliessen, doch betonte er, dass die Zeit gegenwärtig für eine solche Massnahme noch nicht reif sei.

Cerny - D-T Beziehungen

Der tschechische Botschafter in Deutschland, Frantisek Cerny, sieht nach der am Montag getroffenen politischen Übereinkunft zwischen den Regierungschefs beider Länder, Gerhard Schröder und Milos Zeman, über Vermögensansprüche der Sudetendeutschen einen Durchbruch in den bilateralen Beziehungen.

Es sei ein von beiden Politikern vollzogener mutiger Befreiungsschlag gewesen, der von nun an in der tschechischen Gesellschaft eine angstfreie selbstkritische Diskussion über die Vergangenheit ermögliche, sagte Cerny in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel. Den Sudetendeutschen käme als einem wichtigen Faktor unserer gemeinsamen Geschichte mit ihrer mehrheitlich positiven Einstellung zu ihrer alten Heimat in den künftigen Beziehungen Tschechiens zu Deutschland eine wichtige Rolle als Vermittler zu.

Zu den tschechisch-deutschen Beziehungen noch ein aktuelles Umfrageergebnis, das das Meinunsgforschungsinstitut IVVM soeeben vorlegt. Demnach sind 68% der Befragten der Meinung, dass die Beziehungen zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland gut sind, nur 20% der Befragten halten diese Beziehungen für schlecht. Dieser Meinung waren vor drei Jahren noch 40% der befragten. Zurückgeführt wird die positivere Einstellung der tschechischen Bevölkerung zu den tschechisch-deutschen Beziehungen auf die Unterzeichnung der Deklaration, die zur Aussöhnung beider Länder beitragen sollte.

Regierung - Homosexuelle

Die tschehcische Regierung hat am Mittwoch einen Gesetzesvorschlag über Partnerschaft gleichgeschlechtlich orientierter Personen gebilligt. Der Gesetzesvorschlag sieht vor, dass Partner gleichen Geschlechts künftig die Möglichkeit haben sollen, einen notariell beglaubigten Vertrag zu schliessen, der ihnen die meisten der ansonsten nur Ehepartnern zugesprochenen Eigentums- und Sozialrechte garantieren soll.

Senat

Der tschehciche Senat hat am Donnerstag einstimmig die Gesetezesnovelle über höhere Gerichtsbeamte verabschiedet, die dazu beitragen soll, die Arbeit der Richter zu erleichtern und langwierige Gerichtsverhandlungen bei Rechtsstreitigkeiten zu beschleunigen. Ausserdem soll damit der Wirkungsbereich jener Gerichtsbeamten erweitert werden, die ansonsten lediglich mit administrativen Arbeiten beschäftigt sind.

Polizei - Mafia - Prag

Nach zweijährigen Ermittlungen konnte am 23. Februar d.J. in einer Gemeinschaftsaktion der tschechischen und norwegischen Polizei in Prag einer der höchsten Kosovo-albanischen Mafia-Bosse festgenommen werden. Wie ein Behördensprecher am Donnerstag in Prag mitteilte, habe der 35-jährige Princ Dobrosi vor allem die Vertriebswege von Drogen aus dem Balkan nach Skandinavien kontrolliert.

Klaus in Indien

Bei dem Treffen einer tschechischen Parlamentsdelegation mit dem indischen Vizepräsidenten Krisna Kant in Neu-Delhi stimmten alle Politiker darin überein, dass die Tschechische Republik und Indien als Länder, die einen Transformations- und Liberalisationsprozess durchschritten, vieles gemeinsam haben. Parlamentspräsident Vaclav Klaus, der die tschechische Delegation leitet, betonte, dass in der Tschechischen Republik zehn Jahre nach der Wende ein riesiger Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion zu verzeichnen sei. Grund dafür seien jedoch keinesegs zentrale Investitionen oder Modernisierungen, sondern allein die Öffnung des Marktes.

Tibet - Demonstrationen

Rund 250 überwiegend junge Leute haben am Mittwoch vor der chinesischen Botschaft in Prag gegen Menschenrechtsverstösse in Tibet protestiert. Die Demonstration fand anläslich des 40. Jahrestags des tibetischen Volksaufstands gegen China statt. Der Senator und ODA-Vorsitzende Daniel Kroupa sowie Stanislav Penc vom Dokumentationszentrum für Menschenrechte versuchten im Rahmen dieser Aktion ohne Erfolg, den Vertretern der chinesischen Botschaft ein Protestschreiben zu übergeben.

Temelin - Energiepolitik

Die Tschechische Republik benötigt sowohl das südböhmische Kernkraftwerk Temelin als auch eine Energiepolitik, die den Ausbau wiederverwendbarer Energiequellen anstrebt. Auf dieses Fazit einigten sich die tschechischen Energiexperten, die im österreichischen Baden an einer zweitägigen Konfernez über die tschechisch-östereichischen Energiepartnerschaft teilnahmen.