Nachrichten Freitag, 18. Dezember, 1998
Zunächst Meldungen zum amerikanisch-britischen Militärschlag gegen den Irak:
Die Tschechische Republik hat am Donnerstag offiziell ihr Verständnis für den militärischen Schlag der USA und Gro3britanniens gegen den Irak ausgesprochen, gleichzeitig aber betont, dass sie - aus Sorge um mögliche Opfer in der Zivilbevölkerung - einer diplomatischen Lösung der Situation den Vorzug gebe. In der Erklärung des tschechischen Aussenministeriums heisst es au3erdem, dass für die gegenwärtige Eskalation der Krise "voll und ganz die irakische Führung unter Saddam Hussain die Verantwortung trage". Die irakische Regierung werde daher aufgefordert zu "einem unverzüglichen und bedingungslosen Beginn der Zusammenarbeit mit den Inspektoren der eigens von der UNO eingesetzten Kommission zur Überprüfung der Waffenarsenale als dem einzig möglichem Mittel zur Lösung der Krise". Auch Präsident Vaclav Havel zeigt Verständnis für die Gründe, die die Vereinigten Staaten und Gro3britannien zu dem nächtlichen militärischen Angriff gegen den Irak führten. Havel drückt in seiner am Donnerstag abgegebenen Erklärung die Überzeugung aus, dass dieser präventive Schlag die Bedingungen zur Erfüllung der Resolution des UN-Sicherheitsrates schaffen und somit definitiv die von seiten des gegenwärtigen irakischen Regimes ausgehende potentielle Gefahr für die internationale Gemeinschaft bannen werde. Der Vorsitzende des tschechischen Abgeordnetenhauses Vaclav Klaus wiederum drückte sein Bedauern über den amerikanisch- britischen Militärschlag im Irak aus, verstehe aber die Befürchtungen vor der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die zu diesem Angriff führten. Im Zusammenhang mit dem amerikanisch-britischen Luftangriff auf den Irak in der Nacht zum Donnerstag verstärkt Radio Freies Europa/Radio Liberty von Tschechien aus nicht nur seine Sendungen in den Irak, sondern ebenso in den Iran, nach Russland und Zentralasien. Wie die Sprecherin des Mediums Sonija Winter am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK sagte, wird man die Sendetätigkeit entsprechend dem Verlauf der Militäraktion im Irak noch weiter verstärken. Die konservative tschechische Tageszeitung "Lidove noviny" hingegen schrieb in ihrer Donnerstagausgabe: "Bagdad hatte diesmal zwar nicht direkt die internationalen Vereinbarungen gebrochen, aber den UN-Waffenkontrolleuren ständig die Arbeit erschwert. Das dürfte nicht zufällig geschehen sein, aber war es ein genügend gro3er Grund für US-Präsident Bill Clinton, eine neue Irak-Krise auszurufen? Eine Lösung auf die Irak- Frage zu finden, ist jedenfalls jetzt noch schwieriger als zuvor. Eines lässt sich aber sagen: Die jetzige Krise wird nicht die letzte 'am Golf) sein." Soweit die "Lidove noviny" und unsere Meldungen zur Irak- Krise.
Und nun weitere Nachrichten:
FORTSETZUNG DER KONSTITUIERENDEN SITZUNG DES SENATS
Am Donnerstag morgen hat der Tschechische Senat seine erste Sitzung seit den Senatswahlen im November diesen Jahres mit den Tagungen in den Ausschüssen fortgesetzt. Dabei hat der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung und Sicherheit einstimmig einen Beschluss gefasst, in dem er seine Unterstützung des militärischen Angriffs der USA und Gro3britanniens gegen den Irak zum Ausdruck bringt. Gleichzeitig konstatierte der Ausschuss, dass diese Aktion unausweichlich war für die Abwendung der Gefahr durch die im Irak hergestellten und deponierten Massenvernichtungsmittel und sie erst zustande kam nach Ausschöpfung aller diplomatischen Mittel zur Lösung der Krise. Am Mittwoch hatten die Senatoren die 50jährige Libuse Benesova 'ODS) zur neuen Vorsitzenden des Tschechischen Senats gewählt. Ihr Amtsvorgänger Petr Pithart 'KDU-CSL), der in einer Stichwahl der neuen Vorsitzenden nur knapp um drei Stimmern unterlag, die Sozialdemokraten Ivan Havlicek und Jaroslav Musial sowie Premysl Sobotka 'ODS) wurden zu den vier neuen stellvertretenden Vorsitzenden der oberen Parlamentskammer gewählt. Ausserdem legten die Senatoren fest, dass der Senat in den nächsten zwei Jahren neun statt der bisherigen acht Ausschüsse haben wird. Es wurde beschlossen, eigens einen neuen Ausschuss für die europäische Integration zu gründen.
VERHANDLUNGEN ZUM NATO-BEITRITT
Die Fähigkeit der Tschechischen Republik zur Erfüllung der Grundvoraussetzungen für den NATO-Beitritt und die neue strategische Konzeption der Allianz waren die Themen, über die der stellvertretende Aussenminister Otto Pick am Mittwoch die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des tschechischen Abgeordnetenhauses informierte. Zu Gesprächen über den bevorstehenden NATO-Beitritt der Tschechischen Republik trafen am Mittwoch zudem der tschechische Verteidigungsminister Vladimit Vetchy, sein erster Stellvertreter Jaromir Novotny und Generalstabschef Jiri Sedivy mit Vertretern des NATO-Oberbefehlkommandos in Europa 'SHAPE) in Prag zusammen. Dabei wurde vor allem eine Präzisierung bei der Zielsetzung des Umbaues der Tschechischen Armee, der für den NATO-Beitritt unabdingbar ist, vorgenommen. Laut Ergebnis der in der vergangenen Woche stattgefundenen Tagung der NATO-Aussenminister soll der NATO-Beitritt Polens, Ungarns und der Tschechischen Republik noch vor dem Summit im April kommenden Jahres in Washington erfolgen.
GESUNDHEITSZUSTAND VON PRÄSIDENT VACLAV HAVEL
Der Gesundheitszustand des an einer Virusgrippe erkrankten tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel hat sich gebessert. Erstmals seit dem Ausbruch der Erkältung am vergangenen Sonntag habe der chronisch Lungenkranke eine fieberfreie Nacht verbracht, teilte Havels Leibarzt Ilja Kotik am Donnerstag in Prag mit. Der 62jährige müsse aber weiterhin ärztlich betreut werden und habe nicht, wie geplant, an diesem Donnerstag die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen können.
NEUER DEUTSCHER BOTSCHAFTER IN PRAG
Der bisherige Leiter der Auslandsabteilung im deutschen Presseamt, Hagen Graf Lambsdorff, wird neuer deutscher Botschafter in Prag. Lambsdorff, ein Verwandter des früheren Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff 'FDP), löst in Prag Botschafter Michael Steiner ab. Steiner, der bereits vor einigen Wochen nach Bonn zurückgekehrt ist, fungiert inzwischen als Sicherheitsberater von Bundeskanzler Gerhard Schröder.
DOPPELTE STAATSANGEHÖRIGKEIT FÜR TSCHECHEN UND SLOWAKEN
Sechs Jahre nach ihrer Trennung haben sich Tschechien und die Slowakei auf eine doppelte Staatsangehörigkeit geeinigt. Ab sofort können die rund 60 000 Tschechen mit festem Wohnsitz in der Slowakei und die etwa 300 000 Slowaken in Tschechien unter bestimmten Bedingungen zusätzlich die Staatsangehörigkeit ihres Gastlandes annehmen, berichteten tschechische Tageszeitungen am Donnerstag.
FESSEL-GFK-UMFRAGE: TSCHECHEN LIEBEN IHR LAND AM MEISTEN
Die Einwohner der Tschechischen Republik erachten ihren eigenen Staat als das attraktivste Land der Erde. 69 Prozent der tschechischen Bürger sind dieser Überzeugung. Danach folgen Frankreich und die Schweiz mit je 40 Prozent in der Beliebheitsskala der Tschechen. Demgegenüber ist die Tschechische Republik am meisten angesehen bei den Slowaken mit 21 Prozent, während sich die Russen nur mit 4 Prozent für die Tschechische Republik als Attraktion aussprachen. Dies geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der Agentur Fessel-GfK hervor. Die Umfrage zeigte, dass sich bei den Einwohnern der ehemaligen Ostblockstaaten die westlichen Länder einer immer grö3eren Beliebtheit erfreuen. Als attraktivstes Land werden dabei die Vereinigten Staaten von Amerika angesehen, wobei sich allein drei Viertel der Rumänen für die USA entschieden.
Abschliessend noch eine Meldung vom Sport:
In ihrem ersten Spiel beim Baltic-Cup bezwang die tschechische Eishockeyauswahl am Mittwoch in Moskau die Mannschaft aus Finnland mit 3:0. Dank zweier Tore von Vlasak und einem Treffer von Hlavac feierte das Team des Olympiasiegers damit nicht nur einen guten Turniereinstand, sondern auch den ersten Sieg in einem Spiel zur inoffiziellen Eishockey- Europameisterschaft der Saison 1998/99.
Und hier der aktuelle Wetterbericht:
In die Tschechische Republik strömen wärmere Luftmassen von Südwesten her. Am Freitag wird es grö3tenteils heiter, örtlich ist mit Nebel oder einer tiefhängenden Wolkendecke zu rechnen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen plus 4 und plus 8 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Samstag und am Sonntag beeinflusst eine Kaltfront nebst einem Tiefdruckausläufer das Wetter in der Tschechischen Republik. Es wird bewölkt, vorübergehend auch bedeckt sein und örtlich zu Schauern kommen, die in höheren und später auch mittleren Höhenlagen in Schnee übergehen. Die Nachttemperaturen sinken auf Werte zwischen plus 4 und 0 Grad, die Tageshöchsttemperaturen bewegen sich am Samstag zwischen plus 3 und plus 7 Grad und am Sonntag zwischen plus 1 und plus 5 Grad Celsius.
Das waren die Meldungen. Durch unser weiteres Programm begleitet Sie nun meine Kollegin Marketa Maurova.