Nachrichten Freitag, 22. Januar, 1999

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KAVAN ZUR AUSSENPOLITIK DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK

Die europäische Integration, der Vollzug des NATO-Beitritts und die Entwicklung und Vertiefung der guten Beziehungen zu den Nachbarstaaten bleiben die Prioritäten der tschechischen Aussenpolitik auch in diesem Jahr. Dies sagte der tschechische Aussenminister Jan Kavan am Donnerstag gegenüber den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses im tschechischen Parlament. Er betonte dabei, dass sich die Zusammenarbeit in Mitteleuropa gut entwickle, insbesondere jene mit den Partnern der sogenannten Wisegrader Gruppe.

SPIDLA ERWARTET 11 PROZENT ARBEITSLOSIGKEIT ZUM JAHRESENDE

Der tschechische Minister für Arbeit und Soziales, Vladimír Spidla, gab am Donnerstag in Prag bekannt, dass er mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Tschechischen Republik auf 11 Prozent bis zum Jahresende 1999 rechne. Das würde bedeuten, dass dann rund 560.000 Menschen in der Tschechischen Republik ohne Arbeit wären.

REGIERUNG BESCHLOSS ERHÖHUNG DER SOZIALVERSICHERUNGSBEITRÄGE

Die tschechische Regierung hat auf ihre Sitzung am Mittwoch beschlossen, die Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitslosenversicherung zu erhöhen. Dem Beschluss zufolge werden sich die Beiträge zukünftig um 2,4 Prozent erhöhen, wobei 1,8 Prozent vom Arbeitgeber und 0,6 Prozent vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Alle selbstständig Tätigen wiederum müssen zukünftig 45 Prozent ihres Einkommens als Beitrag zur Sozialversicherung abgeben. Desweiteren verabschiedete die Regierung ein Programm zur Unterstützung der Landwirtschaft in Höhe von 4,67 Milliarden Kronen und eine Gesetzesnovelle zum Medikamentengesetz, die - so Gesundheitsminister Ivan David - der neuen Situation im Gesundheitswesen entspricht und im Einklang stehe mit der Harmonisierung der tschechischen Gesetzgebung mit der Legislative der Länder der Europäischen Union. Gesundheitsminister David steht gegenwärtig stark in der Kritik und über eine mögliche Abberufung seiner Person aus dem Ministeramt wird immer vorbehaltloser diskutiert.

KLAUS ÄUSSERTE SICH ZUFRIEDEN ÜBER TREFFEN MIT HAVEL

Der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses und ODS-Chef Vaclav Klaus bezeichnete als das wesentlichste Ergebnis seines Treffens am Montag mit Vaclav Havel die Tatsache, dass er dem Staatspräsidenten von der Unstrittigkeit seines Präsidentenamtes im Rahmen seiner Wahlperiode überzeugen konnte, während Havel erstmals öffentlich den Oppositionsvertrag zwischen der Demokratischen Bürgerpartei ODS und der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei CSSD anerkannt habe. Die Zusammenkunft sei ein Beitrag zu einer besseren Atmosphäre in der politischen Szene Tschechiens gewesen, betonten beide. Zweifellos war damit auch ihr persönliches Verhältnis gemeint. Allmählich könnte tatsächlich das eintreffen, was Havel bereits 1994 orakelte: "Vaclav Klaus und ich werden immer Differenzen haben - wichtig ist, dass unsere Gesellschaft davon profitiert," schrieb dazu die Deutsche Presseagentur am Donnerstag.

SCHARPING: GEMEINSAME VEREIDIGUNG VON SOLDATEN DER BRD UND CR

Der deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping überraschte mit seinem in der Mittwochausgabe der "Frankfurter Rundschau" veröffentlichten Vorschlag, nach dem tschechische und deutsche Soldaten den Eid auf Treue zu ihren Armeen gemeinsam leisten könnten, was seiner Meinung nach die sehr enge Beziehung Deutschlands zu seinem Nachbarn symbolisieren würde. Deutschland hat der Tschechischen Republik offiziell noch keinen Vorschlag in dieser Hinsicht unterbreitet, sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur CTK dazu Hana Tichá von der Presseabteilung des tschechischen Verteidigungsministeriums. Wenig angetan von diesem Vorschlag des deutschen Verteidigungsministers zeigten sich mehrere tschechische Politiker. Eindeutig dagegen sprachen sich der Vorsitzende der Christdemokratischen Volksunion Jan Kasal und der ehemalige Verteidigungsminister Michal Lobkowicz von der Freiheitsunion aus. Der Vorsitzende des Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses im tschechischen Abgeordnetenhaus und ODS-Abgeordnete Petr Necas hatte vom Grundanliegen keine Einwände gegen den Vorschlag, monierte jedoch, dass dieser ohne vorherige Konsultation mit der tschechischen Seite an die Öffentlichkeit gelangte. In der "Frankfurter Rundschau" vom Mittwoch habe Scharping zudem ausgeführt, dass falls der Treueeid von den Soldaten beider Armeen erstmals gemeinsam bereits im Frühjahr dieses Jahres geleistet werden sollte, könne man diesen Akt getrost als eine nachbarschaftliche Geste zur Begrüssung der Tschechischen Armee in der NATO ansehen.

VETCHY AUCH ZU BESUCH BEI PAPST JOHANNES PAUL II.

Der tschechische Verteidigungsminister Vladimir Vetchy traf bei seinem mehrtägigen Besuch in Italien am Mittwoch zunächst mit dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im italienischen Abgeordnetenhaus, Valdo Spini, zusammen. Vetchy sprach mit Spini vor allem über die Vorbereitungen der Tschechischen Republik auf die Mitgliedschaft in der NATO. Das Tagesprogramm führte Vetchy auch zum Vatikan, wo er bei der Generalaudienz, die regelmä3ig vom Oberhaupt der katholischen Kirche durchgeführt wird, auch mit Papst Johannes Paul II. zusammentraf. Im Gespräch mit dem Papst versicherte Vetchy Johannes Paul II., dass die tschechische Regierung ein Interesse habe an korrekten Beziehungen mit der katholischen Kirche und er informierte ihn über die Bildung der Kommission, die sich mit den Beziehungen zwischen dem tschechischen Staat und der Kirche befassen werde. In Begleitung der tschechischen Botschafterin in Italien, Hana Sevcíková, legte Verteidigungsminister Vetchy zum Andenken an Jan Palach Blumen in der nach ihm benannten Stra3e in Rom nieder. Ein hier aufgestelltes Denkmal erinnert daran, dass sich der Student Palach vor 30 Jahren als Zeichen des Nichteinverständnisses mit der Okkupation der ehemaligen Tschechoslowakei verbrannt hat.

MENSCHENRECHTSBEAUFTRAGETER UHL KRITISIERT PALACH-GEDENKEN

Der Menschenrechtsbeauftragte der tschechischen Regierung, Petr Uhl, hat den Inhalt der Gedenkveranstaltungen für Jan Palach kritisiert. Palachs Botschaft sei, dass der Einzelne mehr Verantwortung übernehme, sagte Uhl am Mittwoch der Nachrichtenagentur CTK. In den Gedenkfeiern der vergangenen Tage sei jedoch nur Pietät zum Ausdruck gekommen. Ausdrücklich erinnerte Uhl an die Gedenkveranstaltungen für Palach im Januar 1989. In der kommunistischen Tschechoslowakei sei Palach ein Symbol gegen die "bürokratische Diktatur" geworden, sagte Uhl.

50.000 TSCHECHISCHE AKTIONÄRE IN DER SLOWAKEI

Zu Ende des vergangenen Jahres waren rund 50.000 Bürger der Tschechischen Republik im Besitz von Aktien slowakischer Unternehmen. Dies geht aus den Angaben des Zentrums für Wertpapiere der Slowakischen Republik hervor, die der Nachrichtenagentur CTK am Donnerstag vom Mitarbeiter des Zentrums, Milos Peterka, mitgeteilt wurden. Wie hoch die Anzahl von Slowaken ist, die gegenwärtig Aktien in der Tschechischen Republik besitzen, darüber kann den Worten der Generaldirektorin des Slowakischen Zentrums für Wertpapiere, Emilie Palková, nur das analoge tschechische Zentrum Auskunft geben.

ERNEUT FLÜCHTLINGE AUFGEGRIFFEN / SCHLEUSER VERURTEILT

Die tschechische Polizei hat in Prag 34 Flüchtlinge aus Sri Lanka aufgegriffen, die vermutlich in einem Lastwagen illegal nach Tschechien eingereist waren. Wie ein Behördensprecher am Mittwoch mitteilte, wollte die Gruppe ursprünglich nach Deutschland. Das Gericht im bayrischen Amberg wiederum legte am Mittwoch zwei- bis dreijährige Gefängnisstrafen für drei der acht Abgeklagten fest, die Flüchtlinge aus Asien über die tschechisch-deutsche Grenze geschleust hatten. Die Verurteilten sind zwei Vietnamesen und ein Deutscher.

Und abschlie3end der aktuelle Wetterbericht:

Am Freitag wird in der Tschechischen Republik eine über Mitteleuropa hinwegziehende Kaltfront von Nordwesten her erwartet. Tagsüber wird es bewölkt bis bedeckt sein, vereinzelt kommt es zu Niesel- oder Schneeregen, der in höheren Lagen in Schneefall übergeht. Die Tageshöchst- temperaturen erreichen Werte zwischen 0 und plus 4 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Samstag und Sonntag keine wesentlichen Wetterveränderungen. Die Nachttemperaturen liegen zwischen 0 und minus 4 Grad und die Tageshöchsttemperaturen zwischen 0 und plus 5 Grad Celsius.