Nachrichten Freitag, 26. März, 1999
Tschechische reaktionen auf Kosovo-Konflikt
Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel hat das militäriche Eingreifen der Nato im Kosovo am Donnerstag verteidigt. Das einschreiten der Allianz stelle zwar eine extreme, angesichts der gegegebenen Situation aber notwendige lösung dar, um Menschenleben zu retten und Leiden verhindern . Gleichzeitig betonte Havel, die Tschechische Republik werde die aus ihrer Nato- Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen erfüllen. Das militärische Vorgehen der Nato sei die Reaktion auf die zehnjährige Regierung Slobodan Milosevics.
Der tschechische Aussenminister Jan Kavan erklärte am Donnerstag, dass die Tschechische Republik sich keinesegs im Krieg mit Jugoslawien befinde - und zwar auch nicht, nachdem die nato mit ersten Luftangriffen auf serbische Ziele begonnen und Serbien den Kriegszustand ausgerufen habe. Wie der Aussenminister gegenüber dem tschechischen TV-Sender Nova sagte, werde sich die Tschechische Republik - obwohl seit Kurzem Nato-Mitglied - nicht an den militärischen Einsätzen der Nato in Jugoslawien beteiligen. Kavan wies in diesem Zusammenhnag darauf hin, dass die nordatlantische Allinaz dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic formal nicht den Krieg erklärt habe.
Nach den Worten von Verteidigunsgminister Vladimir vetchy hat die tschehcishce republik tarditionell engere beziehungen zu Jugoslawien als die meisten anderen nato-Mitgliedsländer. Die tschehciche Republi sollte versuchen, diesen zusatnd zu bewahren. Denn in Jugoslawien werde später jemand benötigt werden, der beide seiten wieder einander annähern und die rolle des Freidesnschaffers übernehmen werde. Wie Kavan am Mittwoch im tschechischen Abgeordnetenhaus sagte, suchen in der tschechsichen Botschaft in Belgrad mehrere Menschen Schutz, die sich in der Vergangenheit für die Einhaltung der Menchnerechte eingesetzt hatten. Mehrere Vertreter von Menschnerechtsorganisationen hätten das tschechische Aussenministerium bereits um vorübergehendes Asyl ersucht.
Die tschechische Regierung hatte am Mittwoch abend - unmittelbar nach Beginn der Bombardierung serbischer Ziele - in einer offiziellen Erklärung ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass es gelingen werde, die beteiligten Seiten so schnell wie möglich zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Wie es in der offiziellen Erklärung weiter heisst, habe die tschechische Regierung stets eine diplomatische Lösung bevorzugt. Sie bedaure, dass einer solchen Lösung bislang kein Erfolg beschieden gewesen sei.
Unterdessen hat die tschechische Armee entsprechende Massnahmen ergriffen, um den Schutz ihrer Militärobjekte sicherzustellen. Strengere Sicherheitsmassnahmen wurden auch bei den in Bosnien stationierten tschechischen SFOR-Truppen getroffen. Auch die tschechische Polizei wird den Objektschutz bestimmter Botschaften in Prag erhöhen. Darüber hinaus soll in den nächsten Tagen auch der Grenzschutz verstärkt werden.
Eine delegation der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens KSCM, die den Nato-Eingriff im Kosovo entschieden verurteilt, hat am Donnerstag die jugoslawiwsche Botschaft in Prag besucht und dabei ihre Sympathie und Unterstützung Jugoslawiens im Kosovo- Konflikt zum Ausdruck gebracht.
Ihren Protest gegen den Nato-Angriff hatten am Mittwoch bereits mehrere ausserparlamentarische politische Gruppierungen sowie eine Reihe von Schriftsstellern zum Ausdruck gebracht. Die Gegner des Nato-Eingriffs betrachten diesen als einen Angriff auf einen souveränen Staat - einen Angriff, der internationalem Recht wie auch den Dokumenten der Nato zuwiderlaufe.
Russland-Besuch Zemans ungewiss
Die Vorbereitungen von Regierungsamt und Aussenministerium im Hinblick auf den für Mitte April geplanten Russland-Besuch des tschechichen Premiers Milos Zeman laufen nach wie vor auf Hochtouren. Angesichts der momentanen angespannten Beziehungen Russlands zur Nato ist allerdings keinesegs sicher, dass die Reise Zemans auch wirklich statfinden wird. Aussenminister Kavan erwartet den eigene Worten nach jedoch keine Verschlechterung der tschechisch-russischen Beziehungen infolge der Kosovo-Krise.
In Moskau beginnt heute eine zweitägige ressortübergreifende Sitzung mit Teilnehmern aus Russland und der Tschechischen Republik. Verhandlunsgthemen sind die Aktivierung der tschechisch- russischen Handelsbeziehungen sowie die weitere Entwicklung der bilateralen Beziehungen. An der Konferenz nimmt u.a. auch der tschechische Industrie- und Handelsminister Miroslav Gregr teil.
Pithart KDU-Mitglied
Der stellvertretende Vorsitzende des tschechischen Senats, Petr Pithart, ist seit Mittwoch Mitglied der Christlich-Demokratischen Volksunion KDU-CSL. Für die Aufnahme Pitharts, der bereits Mitglied meherer Parteien - u.a. auch der Kommunistischen Partei - war, stimmten 87 Prozent der Mitglieder des KDU-Ortsvereins in Prag. Im Zusammenhang mit seiner kommunistischen Vergangenheit hatte Pithart darauf hingewiesen, er habe diese Zeit durch seine anschliessende Tätigkeit im in der tschechoslowakischen Dissidentenbewegung wiedergutzumachen versucht.
Wetter:
Abschliessend das wetter: Am Freitag wird mit einem Zustrom warmer Luft aus Südwest gerechnet. Bei bewölktem Himmel, örtlichen Schauern und Frühnebel wird die Quecksilbersäule im Laufe des Tages auf 14 bis 18 Grad steigen. In der Nacht gehen die Temperaturen auf bis zu 6 bis 2 Grad zurück. Bis Sonntag wird mit einer leichten Abkühlung gerechnet.