Nachrichten Freitag, 26. Mai, 2000

Regierung bekam Vollmacht zur Entsendung von Soldaten zugesprochen

Die tschechische Regierung hat die Vollmacht erhalten, unter bestimmten Bedingungen über die Entsendung von tschechischen Soldaten in das Ausland ebenso wie über den Aufenthalt von ausländischen Streitkräften auf dem Territorium der Tschechischen Republik zu entscheiden. Diese Kompetenz wurde dem Kabinett ermöglicht durch eine Verfassungsänderung, die am Donnerstag vom tschechischen Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Der Gesetzesnovelle zufolge bleibt dem Parlament allerdings das Recht vorbehalten, eine dementsprechende Regierungsentscheidung wieder aufzuheben. Für die Annahme der Verfassungsänderung, die noch den Senat passieren muss, stimmten 149 der anwesenden 171 Abgeordneten, 21 stimmten dagegen.

Tschechisches Abgeordnetenhaus verabschiedet Novelle zum Parteiengesetz

Auf seiner Sitzung am Donnerstag hat das tschechische Abgeordnetenhaus zugleich eine Reihe weiterer Gesetzentwürfe gebilligt. Zu den verabschiedeten Gesetzentwürfen gehören unter anderem die Regierungsvorlagen über die Vereinigung in politischen Parteien und Bewegungen, über strengere Vorschriften bei der Erlangung des Führerscheins und über verbesserte Bedingungen im Strafvollzug.

Die Gesetzesnovelle über die Vereinigung in politischen Parteien und Bewegungen wurde mit großer Mehrheit gebilligt. Der Novelle zufolge, die die Finanzierung von politischen Parteien und Bewegungen transparenter machen soll, kann eine Partei jährlich Spenden nur in einer Höhe von maximal 40 Millionen Kronen (ca. 2,2 Millionen Mark) entgegen nehmen. Außerdem darf der Mitgliedsbeitrag innerhalb einer politischen Partei oder Bewegung nicht die jährliche Summe von 50.000 Kronen (ca. 2.800 Mark) übersteigen.

Beim Gesetz über die strengeren Vorschriften zur Erlangung des Führerscheins, das - die Billigung im Senat vorausgesetzt - am 1. Januar des nächsten Jahres in Kraft treten soll, wird u.a. die Zeit bei der praktischen Fahrprüfung von bisher 20 Minuten auf 40 Minuten erhöht. Das neue Strafvollzugsgesetz wiederum soll die Verbesserung der Bedingungen in der Haftanstalt sowie die des Kontakts mit den Familienangehörigen für die Inhaftierten erreichen.

Justizminister Motejl lässt Entscheidung über seinen Rücktritt weiter offen

Der tschechische Justizminister Otakar Motejl hat bisher noch keine Entscheidung über seinen möglichen Rücktritt getroffen. Das Abgeordnetenhaus hat zwar am Donnerstag die Novelle zum Gesetz über die Gefängnisleistungen und ein weiteres die tschechische Gerichtsbarkeit betreffendes Gesetz verabschiedet, doch offen bleibt nach wie vor die von Minister Motejl vorgelegte tiefgreifende Novelle zum Handelsgesetz. Mit dieser wird sich das tschechische Unterhaus voraussichtlich zu Beginn der kommenden Woche befassen. Motejl hatte mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er sein Verbleiben im Kabinett unter Umständen von der Bewilligung der von ihm mehrfach überarbeiteten Gesetzentwürfe abhängig machen wolle.

Auf die großen Unzulänglichkeiten, die das Handelsrecht sowie die rechtliche Vorgehensweise in der Tschechischen Republik noch in sich bergen, hatte nicht zuletzt der französische Botschafter in Prag, Philippe Coste, anläßlich des am Donnerstag in Zlín stattgefundenen französischen Wirtschaftstages hingewiesen.

Mertlík: Regierung will Dialog mit Gegnern der Globalisierung herstellen

Die tschechische Hauptstadt Prag wird gut auf die Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank vorbereitet sein. Im Interesse der Teilnehmer dieser Tagung will auch die tschechische Regierung den Dialog mit den Gegnern der Globalisierung führen, die ihre Absicht verkündet haben, in der Moldaumetropole während der Tagung entsprechende Demonstrationen zu veranstalten. Dies teilte Vizepremier und Finanzminister Pavel Mertlík am Donnerstag im Anschluss an sein Treffen mit Präsident Václav Havel vor Journalisten mit.

An der Jahrestagung des Währungsfonds und der Weltbank werden voraussichtlich 18.000 offizielle Gäste teilnehmen. Bei den angekündigten Demonstrationen gegen die Tagung werden verschiedenen Quellen zufolge bis an die 20.000 Gegner der Globalisierung erwartet. Zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung sollen deshalb rund 11.000 Polizisten eingesetzt werden.

Brünner Rathaus wurde zur Entschuldigung an Vertriebene aufgefordert

Zu einer Entschuldigung an die ehemaligen deutschen Einwohner von Brno/Brünn, die Ende Mai 1945 aus der mährischen Metropole vertrieben wurden, hat die Bürgervereinigung "Jugend für interkulturelle Verständigung" die führenden Repräsentanten des Brünner Rathauses aufgefordert. Das teilte der Vertreter dieser Vereinigung, Ondrej Liska, am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK mit. Bei der seinerzeit auf Geheiß des Nationalausschusses von Groß-Brünn (Velké Brno) durchgeführten und auch als Todesmarsch bezeichneten Aktion wurden rund 20.000 Deutsche Ende Mai/Anfang Juni 1945 aus ihrer angestammten Heimat vertrieben.

Deutsche Kriegstote werden exhumiert und an anderer Stätte beigesetzt

Die Gräber von 143 deutschen Soldaten, die während des Zweiten Weltkriegs im ostböhmischen Litomysl begraben wurden, werden im Juni von den Mitgliedern der Gesellschaft Pargent und des Volksvereines zur Pflege der Kriegsgräber exhumiert. Weitere Leichenkörper sollen zudem aus den Gräbern im unweit entfernten Svitavy ausgegraben werden. Das gab Oldrich Stáhlavský von der Gesellschaft Pargent, die sich mit der Exhumierung deutscher Gräber auf dem Gesamtgebiet der Tschechischen Republik befasst, am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK bekannt.

"Wir haben ein Namensverzeichnis der Soldaten, die auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt worden. Wir überführen sie auf einen Friedhof der Versöhnung und werden die Hinterbliebenen über den neuen Ort der Beisetzung informieren," sagte Stáhlavský. Entsprechende Kriegsgrabstätten wurden bisher in Tschechien durch den Volksverein zur Pflege der Kriegsgräber in Rakovník, Mariánske Lázne/Marienbad, Karlovy Vary/Karlsbad, Brno/Brünn, Jihlava/Iglau, Pacov, Plzen/Pilsen und Opava/Troppau angelegt.

Tschechen bewerten Herausgabe von "Mein Kampf" unterschiedlich

Etwa 39 Prozent der Tschechen haben sich gegen den Verkauf des Hitler- Buches "Mein Kampf" ausgesprochen, das Ende März in einer unkommentierten, tschechischen Ausgabe in Prag erschienen ist. Dagegen unterstützen in einer Umfrage rund 30 Prozent die Herausgabe des umstrittenen Werks. 31 Prozent der 1.100 Befragten hätten in der repräsentativen Erhebung keine Meinung geäußert, teilte die Agentur IVVM am Donnerstag mit.

Die Herausgabe von "Mein Kampf" in einer Auflage von 10.000 Exemplaren war von tschechischen Politikern und Bürgerrechtlern mehrfach kritisiert worden.

Drittes privates TV-Programm ging Donnerstag ans Netz

Mit einem einstündigen Nachrichtenblock nahm am Donnerstag um 19 Uhr der dritte tschechische Privatfernsehkanal TV3 seinen Sendebetrieb auf. Er ersetzt dabei die bisherige Fernsehstation Galaxie. Gerade auf Nachrichten und aktuelle Berichterstattung, insbesondere aus den Regionen, legt der neue Sender großen Wert bei der Durchsetzung seiner Strategie.

Das waren die Meldungen. In unserem Programm geht es nun weiter mit dem Tagesecho und Marcela Pozarek. Und im Anschluss daran folgt eine neue Ausgabe der Sendereihe "Thema heute".