Nachrichten Freitag, 28. Mai, 1999

HAVEL UND CLINTON EINIG BEI MILOSEVIC-ANKLAGE

Die Präsidenten der Vereinigten Staaten und der Tschechischen Republik, Bill Clinton und Vaclav Havel, haben in einem am Donnerstag durchgefShrten Telefonat die Tatsache gewSrdigt, dass das Internationale Kriegsverbrecher-Tribunal in den Haag den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und weitere vier Repräsentanten seines Regimes der Kriegsverbrechen im Kosovo bezichtigt. Dem tschechischen Präsidenten, der seit einer Woche an einer Bronchitis leidet und im Prager Militär- Krankenhaus behandelt wird, habe Clinton laut Präsidentensprecher Ladislav Spacek mitgeteilt, dass u so wörtlich u äsich die Situation im Kosovo in die richtige Richtung hin entwickle zur ErfSllung der Bedingungen, die die internationale Gemeinschaft erhoben hatô.

TSCHECHISCHE REGIERUNG WILL BAU VON ROMA-BARRIERE VERHINDERN

Die tschechische Regierung will den umstrittenen Plan der nordböhmischen Stadt Usti nad Labem/Aussig, ein Roma-Viertel mit einer zwei Meter hohen Mauer von den umliegenden Wohngebäuden abzutrennen, notfalls vom Parlament kippen lassen. Das sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Petr Uhl am Donnerstag in Prag. Die Stadtverwaltung hatte sich vor einigen Monaten zu der Maßnahme entschlossen, nachdem mehrere Anwohner des Viertels Sber äLärm und Schmutzô geklagt hatten. Die Entscheidung der Regierung, die Uhl noch als beste unter den schlechten Lösungen ansieht, fShrte im politischen Umfeld zu kontroversen Diskussionen. Während der Vorsitzende der Roma-BSrgerinitiative Emil Scuka und einige Abgeordnete den Beschluss des Kabinetts begrSßten, verwahrten sich andere Abgeordnete und die Mehrzahl der Senatoren gegen die Intervention der Regierung auf die Entscheidung der örtlichen Verwaltung der nordböhmischen Kreisstadt. Sie äußerten sich ähnlich wie der Vizevorsitzende des Abgeordnetenhauses Ivan Langer, der auf einer Pressekonferenz am Donnerstag betonte, dass äman sich daran zu gewöhnen habe, dass in solchen Angelegenheiten die örtliche Selbstverwaltung zu entscheiden habeô.

MANÖVER IN TSCHECHIEN UNTER ERHÖHTEM POLIZEISCHUTZ

Mit dem Aufmarsch aller Teilnehmer des Kommando-Stabs der Übung Cooperative Guard 99 hat am Donnerstag im mährischen Vyskov das erste große Manöver der Staaten der Nordatlantischen Allianz und des Programmes Partnerschaft fSr den Frieden begonnen. Das diesjährige Manöver Cooperative Guard, bei dem die Tschechische Republik erstmals als NATO-Mitglied die Gastgeberrolle inne hat, ist ausgerichtet auf das Vorgehen der NATO zur Planung und FShrung allgemeiner Operationen zur UnterstStzung des Friedens und zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit zwischen den Partnerstaaten und der Allianz. An dem Manöver, dass bis zum 4. Juni andauern und das zum Großteil an den Planungskarten ausgetragen wird, nehmen rund 2000 Soldaten aus 26 Ländern der NATO und der Staaten der Partnerschaft fSr den Frieden teil. Eine anonyme Bombendrohung und die angekSndigten Demonstrationen von Kommunisten und Anarchisten gegen das Manöver haben die tschechische Polizei erhöhte Sicherheitsvorkehrungen treffen lassen. Die Größte Demonstration ist fSr den 3. Juni in Slavkov/Austerlitz bei BrSnn geplant, wo ursprSnglich Tschechiens Präsident Vaclav Havel und NATO- Generalsekretär Javier Solana zusammentreffen sollten. Doch keiner von beiden wird aller Voraussicht nach das Manöver besuchen.

VERTEIDIGUNGSMINISTER VETCHY TRIFFT SCHARPING

Über die Zukunft der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Staaten der Europäischen Union wird der tschechische Verteidigungsminister Vladimir Vetchy am Freitag in Deutschland mit seinen Amtskollegen aus den EU- Ländern und den europäischen NATO-Staaten verhandeln. Auf dem Arbeitstreffen, das auf Initiative des deutschen Verteidigungsministers Rudolf Scharping zustande kam, werden sich die Verteidigungsminister insbesondere mit der Suche eines Konsens Sber die zukSnftige Rolle der Westeuropäischen Union und deren Integration in die EU befassen. Die Integration der Westeuropäischen Union in die EU ist auch Gegenstand des EU-Gipfels, der am 3. und 4. Juni in Köln stattfinden wird.

FRIEDENSINITIATIVE STIESS AUF KRITIK

Der am Dienstag von den Botschaftern der Tschechischen Republik und Griechenlands dem NATO-Rat vorgelegte Text der sogenannten tschechisch-griechischen Friedensinitiative zur Lösung der Kosovo-Krise stiess am Mittwoch unter der Mehrheit der tschechischen Politiker auf harsche Kritik. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des tschechischen Senats, Michal Zantovsky, meinte, es sei nur gut, dass die Friedensinitiative nicht allzu große Aufmerksamkeit auf sich gezogen habe. Der Chef der Freiheitsunion, Jan Ruml, bezeichnete den Umstand, dass die Friedensinitiative am vergangenen Sonntag von Tschechiens Aussenminister Jan Kavan und seinem griechischen Amtskollegen Jorgos Papandreu in Peking unterschrieben worden war, als Geschmacklosigkeit. Der Auswärtige Ausschuss hielt in einem von der Mehrheit der Senatoren verabschiedeten Beschluss fest, dass er schwerwiegende Zweifel gegen die Initiative hegen wSrde und er bat Aussenminister Kavan zudem, kSnftig ähnliche Dokumente im Vorfeld mit den Parlamentariern zu konsultieren. Jan Ruml wiederholte im Zusammenhang mit der Diskussion um die Friedensinitiative den Standpunkt, dass der Ruf Tschechiens eher geschädigt worden sei und man sich im Parlament deshalb umso stärker fSr die Teilnahme Tschechiens in der KFOR einsetzen mSsse, um den Verpflichtungen gegenSber der NATO nachzukommen. Aussenminister Kavan ist fSr eine tschechische Beteiligung an der KFOR, sofern diese eine ähnliche Rolle wie die SFOR in Bosnien spielen wird. Wie Regierungssprecher Libor Roucek dazu am Donnerstag gegenSber der Nachrichtenagentur CTK äußerte, fehle der Regierung zur Entsendung tschechischer Soldaten fSr die Friedensmission KFOR nicht der politischer Wille, sondern vielmehr das dafSr notwendige Geld aus dem Staatshaushalt. Die Regierung werde Sber den Einsatz der tschechischen Armee bei der KFOR-Mission erst nach einem entsprechenden NATO- Aufruf entscheiden, sagte Roucek weiter.

ZWEIFEL UND KRITIK AM NEUEN PRESSEGESETZ

Der am Mittwoch vom Kabinett unter Premier Milos Zeman gebilligte Gesetzesentwurf zum neuen Pressegesetz ist innerhalb des tschechischen Abgeordnetenhauses auf unterschiedliche Reaktionen gestossen. Ersten Äusserungen der Abgeordneten zufolge, könnte der Entwurf in einer ähnlichen Fassung letzten Endes auch verabschiedet werden, es lasse sich jedoch nicht ausschließen, dass einige strittige Formulierungen von der unteren Parlamentskammer entweder völlig gestrichen oder zumindest bedeutend verändert werden. Der Gesetzesentwurf verpflichtet alle Medien zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung im redaktionellen Teil ohne RScksicht darauf, ob ein vorhergehender Beitrag der Wahrheit entsprochen hat oder nicht.

Der Gesetzesentwurf, wie er am Mittwoch durch die Regierung gebilligt wurde, erweitere in SberflSssiger Weise die Möglichkeiten zum Schutz gegen die in der Presse gemachten Angaben, urteilt die Expertin fSr Medienrecht, die Rechtsanwältin Helena Chaloupkova. Premier Milos Zeman hat die Kritik der Medienexperten, denen zufolge der Gesetzesentwurf in der Praxis zur UnterdrSckung des freien Wortes fShren könnte, am Donnerstag zurSckgewiesen. Seiner Meinung nach werde der Gesetzesentwurf vielmehr zur Gewährleistung der Meinungspluralität beitragen.

HAVEL u GESUNDHEITSZUSTAND

Der Gesundheitszustand des tschechischen Präsidenten Vaclav Havel hat sich leicht gebessert. äEr hat kein Fieber mehr und die Antibiotika, die er bekommt, wird ihm inzwischen in geringerer Dosis verabreicht,ô informierte der persönliche Arzt des Präsidenten, Ilja Kotik, am Donnerstag die Nachrichtenagentur CTK. Vaclav Havel war am vergangenen Donnerstag mit einer beginnenden Bronchitis in das Militär- Krankenhaus in Prag-Stresovice eingeliefert worden. Mit seiner Entlassung aus dem Spital ist nicht vor Beginn der nächsten Woche zu rechnen.

VERTRAG SPT TELECOM UND SIEMENS

Den ersten Kaufvertrag im Wert von 16 Millionen D-Mark hat die tschechische Gesellschaft SPT Telecom mit der Firma Siemens Telekomunikace s.r.o. Sber die Lieferung der SDH-Technologie unterschrieben, die die Grundlage fSr das Übertragungsnetz der SPT Telecom bildet. Im Jahr 1993 hat die Siemens Telekomunikace als erster Zulieferer in der Tschechischen Republik mit der Errichtung des Übertragungsnetzes auf der Basis der SDH-Technologie fSr die SPT Telecom begonnen. Diese Zusammenarbeit mSndete nun in die Unterzeichnung eines dreijährigen Vertrages zwischen beiden Partnern.

DAMU IM KOSOVO

Mit dem Ziel, dass die Kosovo-FlSchtlinge und vor allem die Kinder der Kosovo-Albaner wenigstens fSr eine Weile ihre Sorgen und Nöte vergessen können, ist am Donnerstag eine Gruppe von Studenten der Theaterfakultät der Akademie der Musischen KSnste 'DAMU) in Prag zu den FlSchtlingslagern nach Albanien aufgebrochen. Bei der Organisation dieser etwas untypischen humanitären Aktion unter der Bezeichnung Prometheus wurde den jungen Theaterschauspielern die Hilfe der Gesellschaft äMensch in Notô zuteil.

Und hier die Wettervorhersage:

Am Freitag strömen wärmere Luftmassen von SSden her durch die Tschechischen Republik. Es ist nahezu wolkenlos bis heiter. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 24 und 28 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Samstag und Sonntag keine wesentlichen Wetterveränderungen. Es bleibt weiterhin trocken und sommerlich warm. Die Nachttemperaturen bewegen sich zwischen 14 und 10 Grad, die Tageshöchstwerte liegen zwischen 25 und 30 Grad Celsius.