Nachrichten Mittwoch, 04. November, 1998

WIENS EX-BÜRGERMEISTER ZILK SOLL IN PRAG GEHEIMDIENSTAKTE EINSEHEN

Der tschechische Präsident Vaclav Havel will den früheren Bürgermeister von Wien, Helmut Zilk, nach Prag einladen, damit er seine Geheimdienstakte einsehen kann. Havel habe dies am Dienstag dem österreichischen Bundespräsidenten Thomas Klestil am Telefon zugesagt, berichtete das Klestil-Büro in Wien. Havel wird die Akte voraussichtlich in den nächsten Tagen vom tschechischen Innenministerium erhalten. Dann solle Zilk sich in Prag selbst ein Bild über seine angeblichen Geheimdienstkontakte machen. Zilk wird vorgeworfen, in den 60er Jahren mit dem tschechoslowakischen Geheimdienst konspiriert zu haben. Der 71jährige bestreitet dies. Die Präsidentenkanzlei in Prag hatte zuvor bestätigt, dass es vor der Verleihung von Staatsorden am 28. Oktober Hinweise auf eine geheimdienstliche Tätigkeit mehrerer Laureaten gab. Etwa neun der 90 Nominierten sind vom ehemaligen Leiter des Amtes für kommunistische Verbrechen (UDV), Vaclav Benda, entsprechend beschuldigt worden. Darunter sei auch Zilk bgewesen, sagte der politische Berater Havels, Jiri Pehe. Havel habe den Hinweis jedoch ignoriert, da Benda dem UDV seit Januar nicht mehr vorstehe. Die Verleihung an Zilk sei abgesagt worden, als die "Süddeutsche Zeitung" den Fall publik machen wollte.

REGIERUNG BEHANDELT AM MITTWOCH NEUEN HAUSHALTSENTWURF

Mit dem neuen, bereits zweiten Entwurf zum Staatshaushalt 1999 wird sich die tschechische Regierung auf ihrer Sitzung am Mittwoch befassen. Entgegen dem ursprünglichen Entwurf mit einem Haushaltsdefizit von rund 27 Milliarden Kronen sieht der neue Entwurf ein Defizit von 31 Milliarden Kronen vor. Anhand des zweiten Entwurfs plant man nunmehr lediglich mit Einnahmen in Höhe von 574,3 Milliarden Kronen gegenüber ursprünglich 580,9 Milliarden Kronen. Nach der Ablehnung der Regierungsvorlage über eine Erhöhung der Beiträge zur Sozialversicherung durch das Abgeordnetenhaus hatte selbiges die Reduzierung der Einnahmenseite gefordert, da die Beiträge zur Sozialversicherung einen wesentlichen Bestandteil der Haushaltseinnahmen darstellen.

TREFFEN PITHART - HROVAT

Unter den sechs Ländern, die für den Beitritt in die Europäische Union vorgesehenen sind, ist Slowenien nach Aussage des Senatsvorsitzenden der Tschechischen Republik, Petr Pithart, am besten vorbereitet. Diese Meinung vertrat Pithart am Dienstag in Prag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK im Anschluss an seine Verhandlung mit dem Chef der oberen Parlamentskammer Sloweniens, Ion Hrovat. Pithart zufolge sei Slowenien bei der Vorbereitung seiner Legislative auf die Bedingungen der EU bereits weiter als Tschechien und daher der Europäischen Union schon ein ganzes Stück näher als die Tschechische Republik.

HAVEL ZUR ERWEITERUNG DER MÖGLICHKEITEN VON NATO-EINSÄTZEN

Der tschechische Präsident Vaclav Havel ist für eine Änderung des fünften Artikels des Washingtoner Vertrages, der es den Streitkräften der NATO ermöglichen würde, im Krisenfall auch einen militärischen Einsatz über die Landesgrenzen der NATO- Mitgliedsländer hinweg durchzuführen. Havel legte diese seine persönliche Vision am Dienstag auf der regelmässigen jährlichen Versammlung der Befehlshaber der tschechischen Armee in Prag dar.

IRANISCHER BOTSCHAFTER AUS PRAG ABGEZOGEN

Aus Protest gegen die Ausstrahlung der Sendungen von Radio Freies Europa in den Irak und den Iran hat die iranische Regierung am Dienstag seinen Botschafter aus Prag abberufen. Ausserdem gab sie bekannt, den Wirtschaftsverkehr mit der Tschechischen Republik begrenzen bzw. keine neuen Wirtschaftsabkommen mit Prag abschliessen zu wollen. Radio Freies Europa, dessen fremdsprachige Programme in Prag produziert werden, hatte am vergangenen Freitag den Sendebetrieb in iranischer und irakischer Sprache aufgenommen.

KEINE VERHANDLUNGEN MIT BRD ÜBER ZWANGSARBEITER-ENTSCHÄDIGUNG

Das tschechische Auswärtige Amt wird nicht mit der deutschen Regierung über eine eventuelle Entschädigung für die während des 2. Weltkrieges nach Deutschland verschleppten tschechischen Zwangsarbeiter verhandeln. Dies gab der Sprecher des Aussenministeriums Ales Pospisíl am Dienstag gegenüber CTK im Anschluss an die Verhandlungen von Vertretern des Ministeriums mit den Vertretern des Verbandes der tschechischen Zwangsarbeiter (STN) in Prag bekannt.

LANDWIRTE ERHALTEN ENTSCHÄDIGUNG FÜR ERNTEVERLUSTE

Eine finanzielle Entschädigung zur Kompensierung von Schäden in der Landwirtschaft erhalten davon betroffene tschechische Landwirte bis spätestens zum 15. Januar 1999. Dies teilte Tschechiens Landwirtschaftsminister Jan Fencl am Dienstag auf einer Pressekonferenz auf Anfrage der Nachrichtenagentur CTK mit. Kompensiert werden sollten Fencls Meinung nach insbesondere die durch die diesjährige Dürre hervorgerufenen Schäden sowie die Verluste, die den Bauern im Zusammenhang mit der Einfuhr verbilligten Schweinefleischs entstanden sind. Ferner sagte Fencl, dass eine ernsthafte Debatte zur unabdingbaren Unterstützung der tschechischen Landwirte bei den Einnahmen geführt werden müsse. Sollte diese Debatte nicht zustande kommen, werden die tschechischen Landwirte den Beitritt in die Europäische Union nicht bestehen, sagte Fencl.

HAVEL SAGT REISE NACH POLEN AB

Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel wird am 10. und 11. November nicht am Treffen der mittel- und osteuropäischen Präsidenten teilnehmen, das an diesen beiden Tagen anlässlich des 80. Jahrestages der polnischen Unabhängigkeit in Warschau stattfindet. Nach den Worten des Präsidentensprechers Ladislav Spacek muss Havel den Besuch auf Anordnung seiner Ärzte aus gesundheitlichen Gründen bzw. wegen der Vielzahl der Auslandsreisen in den letzten Tagen und Wochen absagen.

AUSSTELLUNG ÜBER GRÜNDER DES NATIONALMUSEUMS IN PRAG

Mit einer gemeinsamen Ausstellung erinnern der Tourismusverband Ostbayern und das Tschechische Nationalmuseum in Prag an dessen Gründer aus Regensburg. Damit soll der in Vergessenheit geratene Kaspar Maria Graf von Sternberg gewürdigt werden, sagte der Geschäftsführer des Tourismusverbands, Klemens Unger, am Dienstag in Regensburg. Seit vergangener Woche ist die Ausstellung im Nationalmuseum in Prag zu sehen. Im März 1999 kommt sie nach Regensburg.

LAGE IN TSCHECHISCHEN HOCHWASSERGEBIETEN VERSCHLECHTERT

Die Lage in den tschechischen Hochwassergebieten hat sich am Dienstag verschlechtert. Vor allem im mährischen Landkreis Olomouc (Olmütz) berichteten die Behörden über steigende Pegelstände und das Fluten der ersten Kellerräume. Auch im nördlichen Landesteil stieg die Elbe weiter. Hier wurden vor allem für die Orte Melník und Ústi (Aussig) Höchstwerte gemesse.

WETTERBERICHT

Am Mittwoch wird es in der Tschechischen Republik überwiegend bewölkt sein, örtlich treten Schauer auf, die in höheren Regionen in Schnee übergehen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 6 und 10 Grad Celsius.

Die weiteren Aussichten: Am Donnerstag und Freitag bringt eine Kaltfront von Nordwesten her eine weitere Abkühlung mit sich. Die Nachttemperaturen sinken auf Werte zwischen 4 und minus 2 Grad, die Tageshöchsttemperaturen bewegen sich zwischen 3 und 8 Grad Celsius.

Das waren die Meldungen.