Nachrichten Montag, 19. Juli, 1999

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UNO-Generalsekretär Annan beendete Prag-Besuch

UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat am Sonntag seinen zweitägigen Prag-Besuch beendet und seine Reise in die österreichischen Hauptstadt Wien fortgesetzt. Nach den Begegnungen mit den höchsten Präsentanten des Staates bildeten die Gespräche mit dem tschechischen UNO-Sonderbevollmächtigten Jiri Dienstbier sowie Verteidigungsminister Vladimir Vetchy am Samstag den Abschluss seines Programms. Annan und Dienstbier sprachen sich Sbereinstimmend für eine komplexe Lösung des Balkanproblems aus. Dienstbier zufolge ist es erforderlich, die Entsendung von administrativen und Polizeikräften zu beschleunigen und die Anzahl der Kfor-Soldaten entsprechend der ursprünglichen Planung zu verstärken. Die Situation im Kosovo könnte sonst ausser Kontrolle geraten und die demokratische Entwicklung der Region gefährden, warnte Dienstbier.

Siemens entschädigt Zwangsarbeiterinen

Zehn tschechische Frauen, die während des II. Weltkriegs in dem Frauen-KZ Ravensbrück Zwangsarbeit für die deutsche Firma Siemens verrichten mussten, erhielten von Siemens eine einmalige Entschädigung in Höhe von 10.000 DM. Darüber informierte das Tschechische Fernsehen am Samstag mit Berufung auf den Vorsitzenden des Verbands der Freiheitskämpfer Jakub Cermin.

Havel zum steigenden Wählerpotential der Kommunisten

Ein Grund für die steigenden Präferenzen der kommunistischen Partei - die laut jüngsten Umfragen vor den regierenden Sozialdemokraten auf den zweiten Platz unter den Parlamentsparteien aufgerückt ist - ist Staatspräsidenten Vaclav Havel zufolge der sog. Oppositionsvertrag. Dieser wurde vor einem Jahr in Ergebnis der Parlamentswahlen zwischen den regierenden Sozialdemokraten und ihrem traditionellen politischem Gegenspieler, der ODS von Vaclav Klaus - unterzeichnet und soll die politische Stabilität im Lande garantieren. Havel zufolge seien die Ergebnisse der Umfrage Ausdruck des Misstrauens der Bürger gegenüber den derzeitigen Politikern, der Politik und eine Art Absterben der politischen Szene. Es sei nun Sache der demokratischen Parteien. Diesen Trend aufzuhalten, so die Worte von Havel, die sein Sprecher der Nachrichtenagentur ctk vermittelte.

Vizepräsidentin Vollmer weihte Kapelle ein

Die Vizepräsidentin des deutschen Bundestages Antje Vollmer hat im nordböhmischen Hvezda - zu deutsch Sternendorf - die Kapelle des Heiligen Jakub wiedereingeweiht. Die Kapelle wurde auf Initiative von Bürgern des Dorfes und mit finanzieller Unterstützung des tschechisch-deutschen Zukunftsfonds restauriert. An der Einweihung nahmen nehmen der örtlichen Bevölkerung auch deutsche Gäste teil, unter ihnen Politiker und Diplomaten. Wie Vollmer erklärte - habe die Einweihung der Kapelle grosse Symbolik für sie. Die Bürgerinitiative der in Sternendorf lebenden Tschechen und Deutschen habe gezeigt, wie man Versöhnung praktiziere. Der Aufbau einer Kirche ist ausserdem eine Art Rückbesinnung auf die europäische Kultur. Dass die Kirche eher fertig geworden sei als viele Wohnhäuser im Ort zeige, dass die Bewohner diese Bedeutung verstanden haben. Bezüglich der Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen äusserte sich Vollmer optimistisch. Diese und andere Aktionen haben Vollmer zufolge Vorbildwirkung und inspirieren zum Weitermachen. Unter den Anwesenden befand sich auch der UNO-Sonderbevollmächtigte und erste demokratische Aussenminister Jiri Dienstbier, der sich schon als Dissident für die Einheit Deutschlands eingesetzt hatte und die Einweihung der Kapelle einläutete. Rückschauend auf das letzte Jahrzehnt meinte auch er - dass er von Anfang an der Überzeugung war, das die beidseitigen Beziehungen und die Zusammenarbeit gut seien und gerade diese kleine Kapelle der Beweis dafür ist, dass die Leute gemeinsam viel erreichen können.

8. Tschechisch-deutsches Kulturfestival Mitte Europa begonnen

Bereits zum achten Mal findet das tschechisch-sächsisch-bayerische Kulturfestival Mitte Europa statt. Am Samstag wurde es im nordböhmischen Locket bei Pilsen mit einem Konzert des Bachorchester des Leipziger Gewandhaus feierlich eröffnet. Das Festival nimmt seinen Verlauf in 50 tschechischen, bayerische und sächsischen Städten und dauert noch bis zum 5. September.

Tschechisch-deutscher Erfahrungsaustausch im Kohlebereich

Dem deutsch-tschechischen Erfahrungsaustausch im Bereich der Braunkohleförderung, der Grubenschliessung, der Rekultivierung der Landschaften und der sozialen Aspekte dient der für kommende Woche geplante zweitägige Besuch von Vertretern der Kohlegesellschaft des nordböhmischen Most inm rheinischen Rheinbraun. Dabei wollen sich die tschechischen Gäste vor allem mit der Applikation gültigen EU-Rechts in diesem Bereich bekannt machen.

Veröffentlichung der MS gefordert

Künstler fordern die Veröffentlichung der Verzeichnisse über Mitarbeiter der ehemaligen Staatssicherheitspolizei. Die Teilnehmer des VII. Internationalen Bildhauersymposiums in Vejprty bei Chomutov wollen dem Kulturminister Pavel Dostal bei der Eröffnung ein entsprechendes üchreiben übergeben. Die Inititiatoren wollen darauf hinweisen, dass die kommunistischen Vergangenheit auch zehn Jahre nach der politischen Wende nicht aufgearbeitet wurde.

Staatspräsident Havel kritisierte Premier Zeman

Präsident Havel kritisierte am Samstag indirekt den tschechischen Regierungschef Milos Zeman für seine Äusserungen über den ehemaligen Aussenminister Josef Zieleniec. Zeman hatte Ende Juni im Fernsehen behauptet, dass Zieleniec während seiner Amtszeit rund sechzig Verträge mit Journalisten und Medienagenturen für seine persönliche Präsentation abgeschlossen haben soll und versprach Beweismaterial. Der amtierende Aussenminister Jan Kavan erklärte, dass die Kontrolle von mehreren Tausend Rechnungen noch vor Ende des Sommers beendet sein werde. Zieleniec forderte Zeman auf, seine Behauptung zu beweisen, bzw. sich öffentlich zu entschuldigen. In diesem Sinne kritisierte auch Havel den Premier.

Das waren die Nachrichten.