Nachrichten Samstag, 29. Januar, 2000

Nur CSSD- und ODS-Abgeordnete votierten für Verfassungsänderungen

Weitreichende Verfassungsänderungen haben am Freitag die Abgeordneten der beiden stärksten Parteien im tschechischen Parlament - die regierenden Sozialdemokraten (CSSD)und die oppositionellen bürgerlichen Demokraten (ODS)- beschlossen. Durch das Votum, an dem die Abgeordneten der restlichen Parlamentsparteien - der christdemokratischen KDU-CSL, der Freiheitsunion(US) und der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens(KSCM) - nicht teilnahmen, wurde u.a. eine wesentliche Beschneidung der Kompetenzen des Staatspräsidenten bei gleichzeitiger Stärkung der Rolle der politischen Parteien bei der Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen im Gesetz festgeschrieben. Eien entsprechende Novelle muss anschliessend noch den Senat passieren, wo die CSSD und die ODS nicht über die erforderliche Stimmenmehrheit verfügen.

Präsidentensprecher reagiert auf das Abstimmungsresultat

Der Präsident habe sich nicht des Eindrucks erwehren können, das es sich hierbei um bezweckte Verfassungsänderungen handle, wobei auch Stimmen von Fachexperten nicht berücksichtigt worden seien. Eine öffentliche Diskussion habe ebenfalls nicht stattgefunden. Mit diesen Worten reagierte der Präsidentensprecher Ladislav Spacek gegenüber der tschechischen Nachrichtenaagentur CTK auf das Ergebnis der Freitagabstimmung im Abgeordnetenhaus.

EU-Organe begrüssen Tschechiens verstärkte Bemühungen für EU-Beitritt

Die Europäische Kommission und das Europa-Parlament begrüssen das von der CSSD und der ODS beschlossene gemeinsame Vorgehen bei der Vorbereitung Tschechiens auf den EU-Beitritt. Gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur CTK bezeichneten Vertreter beider Institutionen das von beiden Parteien vertraglich fixierte Dokument als einen guten Beitrag zur stabilen Arbeit an den mit dem Beitritt zusammenhängenden Aufgaben. Die obersten Vertreter der CSSD und der ODS unterzeichneten am Mittwoch ein neues Dokument, mit dem das bereits nach der Parlamentswahl 1998 unterzeichnete Tolerierungsabkommen erweitert wurde.

Abgeordnetenhaus fordert Konsultationen bei Gesetzesentwürfen ein

Das Abgeordnetenhaus hat die Regierung aufgefordert, alle Gesetzesvorschläge, im Rahmen der Annäherung der tschechischen an die EU-Legislative unterbreitet werden, mit dem Ausschuss für europäische Integration zu konsultieren, bevor sie dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden. In den Gesetzesvorlagen der Regierung sollen nach Wunsch der Abgeordneten jene Festlegungen, die auf die Harmonisierung der tschechischen und der europäischen Legislative hinauszielen, deutlich sichtbar gemacht werden.

Tschechien kann flexibler auf internationale Sanktionen reagieren

Die Tschechische Republik kann sich in Zukunft Sanktionen, die von der UNO verhängt werden, schneller und flexibler anschliessen, als es bisher der Fall war. Dies wird durch ein neues Gesetz über internationale Sanktionen zur Erhaltung des Friedens und der Sicherheit ermöglicht, das am Donnerstag vom tschechischen Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Im Einklang mit den bisher gültigen Gesetzen konnte sich die Tschechiesche Republik den internationalen Sanktionen erst dann anschliessen, wenn diese im Einzelfall vom Parlament gebilligt wurden.

Tschechien wird Anti-Rassismus-Kampagne durchführen

Projekt Tolerance - das ist der Titel einer gegen den Rassismus orientierten Kampagne, die ab Februar unter der Schirmherrschaft der tschechischen Regierung in den einheimischen Medien gestartet wird. Darüber hinaus werden Seminare für Lehrer stattfinden. Vorgesehen sind auch Diskussionen zur Problematik des Rassismus, bei denen sich Gymnasiasten und Hochschulstudenten austauschen werden.

IPB-Bank überbietet das Kaufangebot der Erste Bank-Sparkassen

Einer CTK-Meldung zufolge haben am Donnerstag Vertreter der Bank Investicni a postovni Banka (IPB) bei Premierminister Milos Zeman und Finanzminister Pavel Mertlik ein Angebot zum Kauf des staatlichen Mehrheitsanteils an der zweitgrössten tschechischen Bank, der Sparkasse Ceska Sporitelna, eingereicht. Das Angebot der IPB erfolgte nur einen Tag später, nachdem die tschechische Presse in ihren Mittwochausgaben berichtet hatte, das Kabinett werde allem Anschein nach der österreichischen Erste Bank- Sparkassen, mit der es seit einiger Zeit sogenannte Exklusivverhandlungen führt, den Zuschlag für die Übernahme dieses für die tschechische Wirtschaft entscheidenden Bankhauses erteilen. IPB-Sprecherin Barbora Tacheci zufolge , übertreffe der von der IPB angebotene Kaufpreis den der Konkurrenz beträchtlich.

Abkommen zur Stellung der katholischen Kirche in Vorbereitung

Nach Informationen von Bischof Dominik Duka aus Hradec Kralove/ Königgrätz/ haben der tschechische Staat und die katholische Kirche bereits ein sechsköpfiges Arbeitsteam nominiert, das entsprechende Thesen und Unterlagen für das geplante Vertragswerk zwischen der Tschechischen Republik und dem Vatikan vorbereiten soll. Das Ziel der Verhandlungen sei es, ein international gültiges Abkommen über die rechtliche Stellung der katholischen Kirche im tschechischen Staat auszuhandeln.

Alte Angaben zu Tschechien im OECD-Informationsbuch

Zwei Jahre alt und daher nicht mehr der Realität entsprechend seien die Angaben über die Tschechische Republik im Informationsbuch der OECD, herausgegeben in Paris 1999. Dies sagte gegenüber der CTK der Exekutivdirektor des Tschechischen Unternehmerrats für erhaltbare Entwicklung Petr Horacek. Die im erwähnten Buch enthaltenen Informationen betreffen z.B. die Immissionen von Schadstoffen die aus den Jahren 1997 und 1998 stammen und dem aktuellen Stand nicht entsprechen. Die Veröffentlichung historischer Angaben über den Stand der Umwelt schade der Tschechischen Republik sagte Horacek, der eine Intervention der tscehchischen seite bei zuständigen OECD-Organen verlangt.

Schülerwettbewerb zum Thema Holocaust ausgeschrieben

Die Wissenslücken tschechischer Kinder über den Holocaust zu füllen, ist das Ziel eines Wettbewerbs, der aus Anlass des 55. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz von der Kanzlei des tschechischen Präsidenten und des tschechischen Schulministeriums ausgeschrieben wurde. Er wird somit zum Bestandteil eines langfristigen Projektes unter dem Titel Phänomen Holocaust, mit dem Präsident Vaclav Havel einen Beitrag zur Verbreitung der Erkenntnisse über den Holocaust in der ganzen Gesellschaft leisten will.

Karlsbader Kolonnade wird rekonstruiert

Spätestens im Mai kommenden Jahres wird die Kolonnade im westböhmischen Kurort Karlovy Vary/Karlsbad im neuen Gewand erscheinen. Und nicht nur das. Rund 100 Mio Kronen investiert die Aktiengesellschaft Zamecka kolonada in die Rekonstruktion dieses Bauwerks, das aus Karlsbad nicht wegzudenken ist. Der 90-prozentige Anteil an der Gesellschaft gehört der österreichischen Firma NGC Holding, die sich in russischer Hand befindet. Die restlichen 10 Prozent der Aktien befinden sich im Besitz der Stadt, die mit der österreichischen Firma einen Mietvertrag für 49 Jahre abgeschlossen hat. Im Besitz der russischen Partner der NGC Holding befinden sich auch die Karlsbader Hotels Eliska, Ester und Relaxcetrum.