Nachrichten Sonntag, 15. August, 1999

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Sammelklage ehemaliger tschechischer Zwangsarbeiter

Die Sammelklage gegen drei deutsche und ein österreichisches Unternehmen, die am gestrigen Freitag ehemalige tschechische Zwangsarbeiter in New York eingereicht haben, sei wichtig für die weiteren Verhandlungen, bei denen die einzelnen Delegationen ihr Recht auf Entschädigung geltend machen werden, sagte in der Nacht von Freitag auf Samstag der us-amerikanische Advokat Ed Fagan.

Sollten die betroffenen deutschen und österreichischen Firmen bei den für 23. August d.J. in Bonn geplanten Verhandlungen keine konkreten Vorschläge über die Höhe der Entschädigungssumme vorlegen - so Fagan - werde man die Verhandlungen verlassen. Die tschechische Seite fordert im Namen von Zehntausenden Überlebenden und deren Angehörigen 75 000 Dollar pro Opfer.

Wie die tschechischee Nachrichtenagentur ctk weiter schreibt, haben die Vertreter der Firmen Ende Juli ein Rahmenabkommen über ihre Immunität gegen eventuelle gerichtliche Verfolgung in den USA aushandeln können. Im Gegenzug sei man sich über die Bildung eines Entschädigungsfonds für die Opfer und deren Angehörige einig geworden.

Die Verhandlungen werden weitergeführt. Die Sammelklage vom Freitag begründete Michael Witti, der die tschechischen Zwangsarbeiter vertritt, damit, dass seine Klienten weniger als westeuropäische Zwangsarbeiter erhalten sollen. Witti hofft in Rücksichtsnahme auf das Alter der Kläger auf eine baldige Lösung.

Wie die deutsche Presseagentur dpa schreibt, sei es nach Worten des Sprechers des tschechishecn Aussenministeruims das gute Recht dieser Menschen zu klagen. Man wolle die Klage aber nicht kommentieren, hoffe jedoch, dass eine aussergerichtliche Lösung gefunden werde.

In Tschechien leben noch rund 65 000 ehemalige 'fünfundsechzigtausend) Zwangsarbeiter. Insgesamt sollen - so die ctk - 650 000 'sechshundertfünfzigtausend) Tschechen während des II. Weltkriegs zur Arbeit gezwungen worden sein.

Nato lobt tschechische Kfor-Soldaten

General Wesley Clark, Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa, lobte den Einsatz und die Ausrüstung und Absicherung der in Kosovo eingesetzten tschechischen Soldaten. Clark war am Freitag zu einem Besuch bei der 6. Aufklärungstruppe gewesen, die im britischen Sektor liegt und von umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen begleitet worden war. Die tschechischen Soldaten kontrollieren eines der schwierigsten Gebiete im Kosovo an der Grenze zu Serbien. Exilarchiv der tschechoslowakischen Literatur zieht um

Anfang kommender Woche soll das Exilarchiv der tschechoslowakischen Literatur aus Deutschland nach Tschechien umziehen. Vorrübergehender Sitz des Dokumentationszentrums wird Dobrichovice bei Prag sein. In zwei, drei Jahren soll das Archiv - das während der Zeit des kommunistischen Regimes in Scheinfeld auf dem Familiensitz von Karl Fürst von Schwarzenberg, dem ersten Kanzler von Präsident Vaclav Havel, untergebracht gewesen war - seinen festen Platz im Gebäude des Staatlichen Zentralarchivs unter der Prager Burg in Prag bekommen.

Tschechische Roma von deutscher Grenzpolizei zurückgeschickt

Eine Gruppe von 20 tschechischen Roma, die sich als Reisegruppe ausgab, wurde am Samstag morgen am tschechisch-deutschen Grenzübergang Rozvadov-Waidhaus von der deutschen Grenzpolizei wieder nach Tschechien zurückgeschickt. Die Roma haben - so die ctk - nicht die geforderte Tagessumme von einhundert Mark pro Person vorweisen können. Die Sprecherin der westböhmischen Polizei erklärte, die deutschen Organe hätten ungeachtet der Nationalität und Hautfarbe der Reisenden in Einklang mit deutschen Vorschriften gehandelt. Da es sich um einen Normalfall handle, werde sich auch die westböhmische Polizei nicht weiter mit diesem Vorfall befassen.

Internationale Schleuserbande

Italienische Sicherheitskräfte haben am Samstag ein Netz von Schleusern entdeckt, die über die Tschechische Republik und andere Länder die illegale Zuwanderung von Tausenden Filiphinos nach Italien organisieren. In diesem Zusammenhang werden noch weitere Kriminelle gesucht.

Ignatz Bubis gestorben

Im Alter von 72 Jahren ist am Freitag der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und Chef des Eurpäischen Jüdischen Kongresses, Ignatz Bubis, verstorben. Ignatz Bubis war seit Februar 1998 auch Mitglied des Koordinationsrats des tschechishc-deutschen Gesprächsforums, das auf Grundlage der bilateralen Versöhnungserklärung von 1997 entstanden war.

Mährisch-österreichisches Sommertreffen

Im mährischen Valtice, Kreis Breclav, treffen sich am Samstag bereits zum neunten Mal die Bewohner der beidseitig im Grenzgebiet gelegenen Gemeinden, um einander bei Musik, Tanz und Unterhaltung näher zu kommen.

Junge Katholiken denken über Rolle der Jugend in der Gesellschaft nach

Tausende von jungen tschechischen Katholiken treffen sich nächste Woche in Svata Hora im Kreis Pribram bei Prag, um sich auf das 15. Welttreffen der katholischen Jugend mit Papst Johannes Paul II nächstes Jahr in Rom vorzubereiten. Das sechstägige nationale Jugendtreffen will sich mit der Rolle der Jugend innerhalb der Gesellschaft befassen. Ein eigenes Lager haben katholische Soldaten geplant, die darauf hinweisen wollen, dass Glauben und Wehrdienst einander nicht ausschliessen.

Vater der böhmischen Palenontologie Joachim Barrand '1799-1883) geehrt

Jochaim Barrand, auch Vater der böhmischen Paleontologie genannt, wurde am Samstag durch die Enthüllung einer Gedenkplatte in seinem Geburtsort im südfranzösischen Saugues geehrt. Initiatoren der Feierlichkeiten waren die Landsmannschaftsorganisation Asociace Olga Havlova in Frankreich sowie der Verein zum Schutz des Prokopsky-Tal in Zusammenarbeit mit dem Rathaus in Saugues sowie Prag 5, zu dem das Tal, in dem der Franzose seinerzeit die Studien betrieb, liegt. Der französische Wissenschaftler erwarb sich durch seine Studien von versteinerten Lebewesen - die er in Mittelböhmen durchgeführt hatte - so viel Ruhm, dass ein Prager Stadtteil und die Filmstudios Barrandov nach ihm benannt worden waren. Barrands Sammlung, die einmalig in der Welt sein soll, erbte nach seinem Tode das Nationalmuseum in Prag.

Das waren die Nachrichten.