Nachwuchs übt parlamentarische Demokratie

Sitzung des tschechische Jugend-Parlaments (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)

Diskutieren und streiten wie die Großen: tschechisches Jugendparlament tagt in Prag.

Sitzung des tschechische Jugend-Parlaments  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Diskutieren, streiten, abstimmen – das stand in dieser Woche im Abgeordnetenhaus bei der konstituierenden Sitzung an. Bereits am Wochenende trat aber eine etwas andere Volksvertretung in Prag zusammen, nämlich das tschechische Jugend-Parlament, kurz NPDM. Wie bei den Großen gibt es da auch Fraktionen, und man ist nicht immer einer Meinung. Dennoch haben die zwölf bis 20-jährigen Nachwuchsparlamentarier ein gemeinsames Anliegen, wie Šimon Horky erläutert. Er ist frischgebackener Vorsitzender der Institution:

„Wir haben das Gefühl, dass uns die Erwachsenen nicht genug zuhören. Dabei sind wir es, die auch in zwanzig Jahren hier leben müssen“, so der Gymnasiast aus Třebič.

Die Schülerabgeordneten beschäftigen sich in ihren Sitzungen nicht immer unbedingt mit der großen Politik. Neue Sanktionen gegen Russland oder ein Ende der Registrierkassenpflicht haben sie nicht beschlossen. Worum es bei den Debatten ging, erklärt Jana Strnadová Votavová. Sie ist Koordinatorin des Projekts und betreut es fachlich:

Jana Strnadová Votavová  (Foto: YouTube Kanal des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
„Thema ist unter anderem der Kinder-Ombudsmann, das ist so ein Evergreen hier im Parlament. Tschechien ist ja eines der wenigen Länder in der EU, das diese Institution nicht hat. Oft behandeln die Jugendlichen aber Themen aus dem Bereich Bildung, da fehlt es ihnen meist an einer richtigen Vision für die Zukunft. Natürlich wird aber auch über richtige Politik gesprochen. Die Jungen stört es, wie sich einige Politiker benehmen und dass sie keine Vorbilder mehr sind.“

Es geht vor allem um praktische Dinge, die das Leben der jungen Menschen hierzulande direkt beeinflussen. Das bestätigt auch der Parlamentsvorsitzende Šimon Horky:

Šimon Horký  (Foto: YouTube Kanal des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
„In diesem Jahr haben wir das Motto ‚Auch ich habe eine Meinung!‘ Damit wollen wir zeigen, dass auch die jungen Leute hier wissen, welche Art Tschechien sie wollen. Wir haben uns mit Dingen beschäftigt, die uns wirklich am Herzen liegen. Beispielsweise plant das Verkehrsministerium jetzt Rabatte für den Zugverkehr für Schüler. Wir wollen nun fragen, warum die Ermäßigungen nicht auch an Wochenenden und in den Ferien gültig sind.“

Das Parlament setzt sich vor allem aus Schülern der Sekundarstufe zusammen, insgesamt hat es 80 Abgeordnete. Die jüngste ist in diesem Jahr Klaudie Walachová aus Prag, sie ist gerade einmal zwölf Jahre alt. Das heißt aber nicht, dass sie weniger engagiert ist:

„Ich bin Vorsitzende unseres Schulparlaments. Auch da bemühen wir uns, unsere Schule lebenswerter zu machen. Wir organisieren zahlreiche Aktionen und versuchen, unsere Schule besser zu machen.“

Bohuslav Sobotka  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Tatsächlich ist man begeistert in der hohen Politik über das Interesse bei den Jungen. Deshalb hat sich auch der scheidende Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) ein eigenes Bild von den Debatten der Zukunft gemacht:

„Ich bin froh, dass es eine Initiative gibt, die die junge Generation mit den Grundzügen der parlamentarischen Demokratie vertraut macht. Es ist kein einfaches System, aber derzeit können wir es nicht durch etwas Vollkommeneres ersetzen.“

Ob vielleicht ein Nachfolger für Sobotka unter den Jungparlamentariern ist, wird wohl die Zukunft zeigen.