Neben "Nabucco" soll nun auch "Mozart" die Gasversorgung stärken
Nabucco und Wolfgang Amadeus Mozart – das sind zwei klangvolle Namen aus der klassischen Musik. Aber Nabucco und Mozart stehen auch mit einer ganz anderen Branche in Verbindung: mit der Gasindustrie. Denn zwei Gasleitungen sollen nach der Verdi-Oper und dem Komponisten benannt werden. Über den Bau der Pipelines wird gegenwärtig diskutiert und teilweise auch schon verhandelt. Die Leitung Mozart soll dabei das tschechische Gasnetz mit dem österreichischen verbinden.
„Diese Pipeline erhöht für Tschechien die Sicherheit bei der Gaszufuhr. Der Grund ist der, dass sie an eine völlig neue Erdgasleitung von Russland nach Europa anschließt. Dies ist eine Leitung, die nicht über Risikoländer wie die Ukraine oder Weißrussland führt.”
Die Rede ist von der Pipeline North Stream. Deren Vorzüge im Verbund mit der Gasleitung Gazela hat man auch in Österreich erkannt. Der Erste Sekretär für Europa- und Wirtschaftsfragen bei der österreichischen Botschaft in Prag, Christian Autengruber:„Interessant ist, dass sich im tschechischen Verteilernetz in diesem Jahr eine Veränderung ergeben hat. Tschechien bezieht zwar immer noch einen Großteil des Gases aus Russland, aber durch die North Stream Pipeline, die durch die Ostsee führt. Durch die weitere Anbindung über die neueröffnete Gazela Pipeline ist der Fluss des Gases jetzt nicht mehr primär von Ost nach West. Das Gas aus Russland kommt jetzt verstärkt auch über den Norden. Dadurch sind neue Kapazitäten in der tschechischen Gaspipeline-Verbindung von West nach Ost entstanden.“
Diese Kapazitäten beruhen auf der Ost-West-Trasse, die von Russland über die Ukraine und die Slowakei bis nach Tschechien führt. Sie ist und bleibt für Tschechien die Hauptader bei der Gasversorgung. Durch die Transitleitung Gazela aber ist man hierzulande nun wesentlich besser vor Lieferausfällen gefeit – anders als im Januar 2009. Damals floss wegen eines Preiskriegs zwischen Russland und der Ukraine zeitweise kein oder nur wenig Gas von Ost nach West. Die Anbindung an die Pipeline North Stream gibt Tschechien jetzt auch die Möglichkeit, ein zweites Vorhaben zu realisieren:„In der staatlichen Energiekonzeption ist parallel zur Ost-West-Trasse auch das Projekt einer Verbindung von Nord nach Süd vorgesehen“, sagt Energie-Experte Štěpán.
Die tschechischen Pläne entsprechen exakt dem Vorhaben im benachbarten Österreich. Die Alpenrepublik will ebenso auf eine durchgehende Nord-Süd-Verbindung zurückgreifen können. In südlicher Richtung hat sie den Anschluss an eine Pipeline aus Italien längst gefunden, und der Weg nach Norden führt nur über Tschechien. Deshalb wurde unlängst auf einer Pressekonferenz in Prag verkündet, dass beide Länder schon bald eine Verbindung zwischen ihren vorhandenen Gasleitungen schaffen wollen. Dazu wurde das Projekt Mozart ins Spiel gebracht. Zu diesem Projekt sagte der österreichische Botschafter in Prag, Ferdinand Trauttmansdorff:„Das Projekt Mozart der Gasleitungsfirma České plynovody besteht schon seit einiger Zeit. Die Gesellschaft hat dem Projekt die Überlegung zugrunde gelegt, dass zwischen den Ost-West-Verbindungen in Österreich und in Tschechien keine Nord-Süd-Verbindung besteht. Bekannt ist, dass die österreichische Ost-West-Verbindung sehr stark ausgelastet ist, während die tschechische es momentan nicht ist. Die tschechische Verbindung gehörte Net4gas und gehört jetzt für begrenzte Zeit der Firma RWE. Es entstand die Idee, diese beiden Ost-West-Pipelines miteinander zu verbinden.“ Zur Umsetzung dieser Idee stehen gegenwärtig mehrere Varianten im Raum. Botschafter Trauttmansdorff erläutert:„Die Gasleitung Mozart ist nur eines der Projekte. Durch diese Trasse sollen die Ost-West-Pipelines beider Länder ziemlich in der Mitte, zwischen Südböhmen und Oberösterreich miteinander verbunden werden. Diese Idee entstand aus technischen Gründen. Es gibt aber noch zwei andere Projekte mit Verbindungsmöglichkeiten: Entweder am Anfang der österreichischen Pipeline beim Knoten Baumgarten oder an deren Ende beim Knoten Oberkappel.“
Die von Botschafter Trauttmansdorff genannten Gashandelspunkte Baumgarten und Oberkappel liegen an der West-Austria-Gasleitung (WAG), die die Gasversorgung von Nieder- und Oberösterreich abdeckt. Ob die Verbindung zum tschechischen Gasnetz nun also durch das Projekt Mozart entsteht oder aber westlich beziehungsweise östlich dieser Trasse gebaut wird, muss noch entschieden werden:„Es gibt diesbezüglich keine Deadline. Durch das Projekt Mozart aber ist ein entscheidender Anstoß erfolgt: die verschiedenen Varianten sind analysiert worden und die Diskussion darüber hat wieder eingesetzt. Wir hoffen, dass sich daraus eine gewisse Dynamik ergibt, das am besten geeignete Projekt zu identifizieren.“
Die Energie-Experten aus Tschechien und Österreich sind gegenwärtig also dabei, das für beide Seiten günstigste Projekt zu bestimmen. Botschafter Trauttmansdorff macht indes keinen Hehl daraus, dass ihn der Vorstoß des Unternehmens České plynovody erfreut hat. Die tschechische Gasleitungsfirma forciert nun die Trasse Mozart:„Die Verfechter des Projekts Mozart wollen sich nicht mit allzu langen Analysen aufhalten, sondern einfach die Nord-Süd-Verbindung umsetzen. Der Investor ist überzeugt, dass die Verbindung für verschiedene strategische Überlegungen von größter Bedeutung ist – sowohl energiepolitisch als auch gaspolitisch.“
Die neue Erdgasleitung Mozart würde die tschechischen und österreichischen Gaspipelines über eine Entfernung von fast 100 Kilometern verbinden, ihr Bau würde den Planungen zufolge zwischen 80 und 100 Millionen Euro kosten. Die beiden Alternativvarianten sind bereits länger im Gespräch, über deren Finanzierung wird aber noch verhandelt. Aus österreichischer Sicht aber sei es wichtig, dass sich die Energie-Experten möglichst bald auf eine Lösung verständigen und dass die bevorzugte Variante als ein Projekt gemeinsamen Interesses definiert werde. Dann bekäme es in Wien die politische und in Brüssel auch die europäische Unterstützung, bedeutet der Botschafter gegenüber Radio Prag. Und das sei nicht unerheblich, ergänzt Trauttmansdorff:„Wenn eine EU-Beteiligung sichergestellt werden könnte, dann wird die Risikoprämie bis zu einem gewissen Grad durch die EU-Finanzierung abgedeckt.“Sich auf dem europäischen Gasmarkt gut zu positionieren, ist das Ziel vieler Unternehmen in der Branche. Eine Gasverbindung zwischen Tschechien und Österreich wäre dabei für beide Länder von großem Nutzen, erklärt Botschaftssekretär Christian Autengruber:
„Es ist natürlich das Ziel, einen europäischen Gasbinnenmarkt zu verwirklichen. Derzeit gibt es in Europa mehrere Gashandelszonen. Diese Zonen sind derzeit noch sehr kleinräumig strukturiert, meistens nur national. Der Druck wird jedoch immer stärker, diese Zonen zusammenzulegen. Dies benötigt große Gasverteiler und Gashandelspunkte, einer davon ist Baumgarten. Dadurch werden die Gashandelszonen bzw. Länderzonen zusammengelegt. Derzeit ist viel Bewegung im Markt, wo es sicher auch Spielraum für Preise und Entwicklungen in der Zukunft gibt.“In Tschechien hat man sich bereits ausgemalt, dass der Rohstoff Gas dank der größeren Optionen in der Zulieferung in Zukunft billiger wird für den Verbraucher. Dazu aber müssen Leitungen namens Mozart oder Nabucco erst noch gebaut werden.
Dieser Beitrag wurde am 13. März 2013 gesendet. Heute konnten Sie seine Wiederholung hören.