Neuer Gesetzesentwurf für die Vergabe öffentlicher Aufträge
In ihrem jüngsten Bericht über die Fortschritte Tschechiens bei den Vorbereitungen auf den EU-Beitritt hat die Europäische Union u.a. die Praxis der Vergabe öffentlicher Aufträge kritisiert. Die Tschechische Regierung hat am Mittwoch hierzu einen neuen Gesetzesentwurf verabschiedet, der diesbezüglich einige Änderungen vorsieht. Ob diese jedoch zu einer größeren Transparenz der Vergabe öffentlicher Aufträge führen, wie sie die Europäische Union fordert, scheint eher fraglich. Silja Schultheis berichtet.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der umstrittene Paragraph 50, der der Regierung bislang in bestimmten Fällen die Vergabe öffentlicher Aufträge ohne Auswahlverfahren ermöglichte, ist auch in dem neuen Gesetzesentwurf der Regierung enthalten. Gemäß diesem Entwurf darf die Regierung beispielsweise den öffentlichen Wettbewerb umgehen, wenn Gründe "äußerster Dringlichkeit" vorliegen oder ein Ereignis eingetreten ist, das der Vergeber des Auftrags nicht vorhersehen konnte. Oder aber - nota bene - "wenn die Regierung es so entscheidet".
Dass dieser letzte Passus sich wohl kaum als adäquate Antwort auf die Forderung der Europäischen Union nach größerer Transparenz interpretieren lässt, scheint der tschechischen Regierung durchaus bewusst zu sein. So gab Vizepremier Vladimir Spidla zu, dass der umstrittene Zusatz vorübergehend sei und mit dem Beitritt der Tschechen zur Europäischen Union aufgehoben würde. Solange jedoch besteht der Premier darauf, dass es für einige Fälle Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht geben müsste. Wenn die Regierung über "große" Dinge mit politischen Folgen entscheiden würde, reiche es nicht aus, nur wirtschaftliche Gesichtspunkte gelten zu lassen, so Spidla.
Was bedeutet dies in der Praxis?
Beispiele für die Umgehung eines öffentlichen Auswahlverfahrens durch die Regierung sind die Vergabe des Baus der Autobahn nach Ostrava/Ostrau an die israelische Firma Housing and Construction - Kostenpunkt: rund 2,5 Milliarden Mark - sowie die telefonische Vernetzung des Staatsapparates durch die Tschechische Telecom.
Die häufige Umgehung eines öffentlichen Auswahlverfahrens war es, die die Europäische Kommission in ihrem Fortschrittsbericht zu folgender Bemerkung veranlasste: "Es ist notwendig Schritte zu unternehmen, um die Transparenz und Voraussehbarkeit zu gewährleisten".
Der neue Gesetzesentwurf sieht in dieser Hinsicht jedoch in erster Linie eine Änderung vor, wie Petr Lachnit, Minister für regionale Entwicklung, anmerkt: "Die Möglichkeit, ein öffentliches Auswahlverfahren zu umgehen, hat die Regierung unter einem neuen Paragraphen vorgesehen." Statt dem umstrittenen Paragraphen 50 gibt es jetzt einen gleichlautenden Paragraphen 29 - der bei der Europäischen Kommission nicht weniger umstritten sein dürfte.