Neuer Stresstest: Tschechiens Banken weiter widerstandsfähig

Foto: Archiv Radio Prag

Erst vor 15 Monaten hatte die Tschechische Nationalbank (ČNB) die heimischen Banken dem so genannten Stresstest unterzogen. Er soll aufzeigen, wie die Banken auf unerwartete Situationen wie wirtschaftliche Einbrüche, Deflation, Kursabstürze und dergleichen vorbereitet sind. Im Vorjahr haben die hiesigen Banken diesen Test eindrucksvoll bestanden. Die fortschreitende Rezession im Land aber hat die Zentralbank nun dazu veranlasst, dieser Tage einen erneuten Stresstest durchzuführen. Am Dienstag präsentierte Notenbankchef Miroslav Singer das Ergebnis.

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Der tschechische Bankensektor ist weiterhin ausreichend widerstandsfähig gegen mögliche ungünstige Entwicklungen. Das ist das Fazit des jüngsten Stresstests, den die Tschechische Nationalbank bei allen Bankhäusern des Landes durchgeführt hat. Dabei spielte sie zwei Varianten durch: das Grundszenario, das die wahrscheinlichste Entwicklung der nächsten drei Jahre widerspiegelt und somit auch der Prognose der Zentralbank entspricht, sowie das Szenario einer langwierigen Depression. Der zweite Fall geht von einem dauerhaften Rückgang der wirtschaftlichen Leistung Tschechiens in den nächsten drei Jahren aus. In dessen Folge kommt es auch zur Senkung der Reallöhne und zum Anstieg der Arbeitslosigkeit. Nach Aussage von Zentralbankchef Miroslav Singer sind die hiesigen Banken auch auf den härteren Fall vorbereitet:

„Der tschechische Finanzsektor ist auch auf eine solche dramatische Stresssituation gut vorbereitet. Die Banken verfügen über hohe Kapitalreserven, die es ihnen ermöglichen, die finanziellen Schocks zu absorbieren.“

Generell brauchen die Banken eine Reserve von mindestens acht Prozent der Kapitalausstattung, über die das jeweilige Bankhaus verfügt. Fast alle Banken erfüllen diese Vorgabe problemlos, die meisten Banken können sogar eine Kapitalreserve von 15 Prozent vorweisen. Dennoch gibt es auch beim Grundszenario ein paar Sorgenkinder, sagt Singer:

Miroslav Singer  (Foto: Alžběta Švarcová)
„Beim Durchchecken des Grundszenarios haben wir festgestellt, dass zwei Banken bei ihrer Kapitalreserve unter der Grenze von acht Prozent bleiben.“

Diese beiden Bankhäuser, die Singer nicht explizit nennen wollte, machen in der Bilanz jedoch lediglich ein Prozent des gesamten Bankensektors aus. Von daher stelle das kein Problem dar, sagt der Notenbankchef. Im Ergebnis des harten Tests mit dem schlechteren Szenario aber sieht das schon etwas anders aus:

„Beim Szenario der langwierigen Depression würden 13 Banken unter der Acht-Prozent-Grenze bleiben. Auch die Kapitaldecke, die es zu füllen gäbe, wäre größer; sie würde ein Sechstel des Bankensektors umfassen. Nichtsdestotrotz wäre auch hier die Kapitalreserve, die es zu bilden gäbe, relativ gering. Sie läge bei 16 Milliarden Kronen, das entspricht 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das würde der Bankensektor gewiss ohne Probleme schaffen.“

Die schwerwiegendsten Folgen für die tschechischen Banken hätte indes eine Entwicklung, bei der neben dem Szenario der langwierigen Depression zudem die Bankeinlagen der fünf größten Banken des Landes gegenüber ihren ausländischen Mutterbanken abgewertet würden. Dann würden 14 Banken unter der Acht-Prozent-Grenze bleiben und die Geldspritze, die der gesamte Sektor dann benötigen würde, läge bei 31,5 Milliarden Kronen, bemerkt Singer. Dieser Fall aber gilt als unwahrscheinlich, zumal die tschechischen Großbanken weiter auf einem guten Weg seien, fügt der Zentralbankchef an:

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„Die Anbindung an die Mutterbanken ist gesunken, die Summe der entsprechenden Einlagen liegt jetzt bereits etwas unter 100 Milliarden Kronen. Das halten wir für eine positive Entwicklung.“

Die tschechische Wirtschaft befindet sich gegenwärtig immer noch in einer Rezession. Das bekommt auch der Bankensektor zu spüren, sagt Singer:

„Das Problem besteht darin, dass die Banken gegenwärtig nicht genügend Kunden hinzugewinnen, um zu expandieren. Das zeigt sich auch darin, dass sie jetzt Kredite mit niedrigeren Zinssätzen anbieten, dadurch aber auch niedrigere Gewinnspannen haben. Ergo, die Banken wollen Kredite vergeben, das Geld dazu haben sie, doch das Problem liegt in der geringen Nachfrage.“

Aus diesem Grund würde es auch nichts bringen, den Banken aufzuerlegen, für den Ernstfall noch höhere Kapitalreserven zu bilden, antwortet Singer auf die entsprechende Frage einer Journalistin. Vielmehr Sorgen bereiten seinem Finanzinstitut hingegen die Genossenschaftsbanken, die im Ernstfall weit anfälliger seien als die herkömmlichen Banken. Die Nationalbank stuft die finanzielle Stabilität der Genossenschaftsbanken in ihrem Bericht als risikoreich ein. Gouverneur Singer erläutert:

„Wir müssen nur auf einige Kennziffern der Genossenschaftsbanken schauen, und schon sehen wir: Sie gewähren Kredite mit höheren Zinssätzen, die aber riskanter sind. Vor allem aber halten sie an der hohen Verzinsung der Einlagen fest.“

Foto: Eva Odstrčilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks | Foto: Eva Odstrčilová,  Tschechischer Rundfunk
Und das, obwohl in Tschechien die Leitzinsen seit dem vergangenem Herbst auf dem historischen Niedrigwert von 0,05 Prozent liegen. Mit diesem Wert wurde der Leitzins de facto auf den technischen Nullwert gebracht. Ein Kuriosum, das einzelne Mitglieder des Bankenrats offenbar schon in der zweiten Jahreshälfte gern wieder ändern würden. Zentralbankchef Singer hielt sich in dieser Frage bedeckt, sagte aber, weshalb er den gegenwärtig niedrigen Leitzins für gut hält:

„Ich habe immer gesagt, nach meinem Ermessen ist es für die Währung am besten, wenn ihre Fesseln ausreichend gelöst sind. Das ist das beste Szenarium, denn damit werden die Risiken gegenwärtig nach unten minimiert. Und vor diesen Risiken hatte ich so einige Befürchtungen.“