Neues Kirchengesetz verabschiedet
Wenn die bürgerliche Viererkoalition, die Kommunisten und die christlichen Kirchen im Kampf gegen ein Gesetz auf einer Seite stehen, dann ist das wirklich eine bemerkenswerte Angelegenheit. Welches Gesetz diese merkwürdige Koalition zu Stande brachte, erfahren Sie nun von Olaf Barth.
Gegen den Widerstand der Kommunisten und der Viererkoalition verabschiedete das tschechische Abgeordnetenhaus am Dienstag das zuvor vom Senat an die Abgeordneten zurück verwiesene neue Kirchengesetz.
Die Novelle erleichtert u.a. die Registrierung kleinerer Religionsgemeinschaften, in dem die Anzahl der für eine Evidenz als Kirche notwendigen Mitglieder von 10 000 auf 300 reduziert wurde.
Die traditionellen Glaubensgemeinschaften werden aber Privilegien gegenüber den neu dazu kommenden behalten. Als da wären, das Recht in der Armee, in den Gefängnissen sowie in den staatlichen Schulen für das Seelenheil ihrer Anhänger zu sorgen - außerdem kirchliche Schulen einzurichten und Eheschließungen vorzunehmen.
Was ist an dem neuen Gesetz also so verwerflich, dass sich Viererkoalition, Kommunisten aber auch die katholische Kirche dagegen stellen - wenn auch aus z.T. unterschiedlichen Gründen?
Den kommunistischen Abgeordneten Dalibor Matulka stört Folgendes:
"Mit welchem Recht wird dem Angehörigen einer zehnköpfigen Konfession der Gottesdienst z.B. in der Armee verweigert, wenn dem Angehörigen einer zehntausend Personen zählenden Kirche dieses Privileg gewährt wird."
Das sei laut Matulka verfassungswidrig.
Die Kirchenvertreter fühlen sich zum einen übergangen, da sie in die Gesetzesplanung nicht einbezogen worden wären, zum anderen kompliziere die Novelle die Existenz der katholischen karitativen Vereinigungen.
Zu dem zweiten Punkt meint Jan Oulik, Vertreter der katholischen Karitativen Vereinigungen:
"In dieser Hinsicht bezeichnen wir das Gesetz als sehr schlecht. Es scheint, als werde hier die Freiheit der Kirche bedroht. Denn die Kirche habe das Recht ihre Organisationen und Arbeitsweisen unabhängig vom Staat frei zu bestimmen."
Kulturminister Pavel Dostal, dessen Ministerium den Gesetzesvorschlag ausgearbeitet hatte, meinte, der Vorschlag sei auf der Basis eines breiten Konsenses entstanden. Die Kirchen hätten sich noch im April eindeutig positiv geäußert.
Der Vorsitzende der christdemokratischen KDU-CSL, Cyril Svoboda, sieht in dem neuen Gesetz den Versuch des Staates, im Namen des Schutzes vor Sekten auch seine Kontrolle über die traditionellen Kirchen zu erweitern.