Neues Nationalbankgesetz definitiv verabschiedet

Die Abgeordnetenkammer des tschechischen Parlaments hat Ende letzter Woche die Novelle des Zentralbankgesetzes definitiv verabschiedet, indem sie das von Präsident Havel ausgesprochene Veto überstimmte. Das letzte Wort in der Polemik dürfte allerdings erst das Verfassungsgericht haben. Mehr dazu im Beitrag von Rudi Hermann, es liest Dagmar Keberlova.

Seit dem vergangenen Freitag ist klar, dass in der Tschechischen Republik ab dem 1. Januar des nächsten Jahres das Nationalbankgesetz in der Version gültig sein wird, die die Sozialdemokraten und die Bürgerlichen in den vergangenen Monaten ausgearbeitet und durch das Parlament geboxt haben. Denn mit den Stimmen dieser beiden durch den sogenannten Oppositionsvertrag verbundenen Parteien hat die Abgeordnetenkammer des Parlaments das von Präsident Havel eingereichete Veto überstimmt und damit den Schlusspunkt hinter eine langwierige Auseinandersetzung gesetzt.

Blenden wir zurück, weshalb es zu dieser Auseinandersetzung kam. Die Novelle des Zentralbankgesetzes wurde notwendig, um die tschechische Legislative im Hinblick auf den EU-Beitritt den europäischen Normen anzupassen. Diese besagen, dass die nationalen Zentralbanken sich als Hauptaufgabe nicht mehr um die Währungsstabilität, sondern die Preisstabilität kümmern sollten. Die von niemandem bestrittene Notwendigkeit dieser technischen Veränderung nahmen die beiden Grossparteien CSSD und ODS jedoch zum Anlass, mehr politischen Einfluss auf die Nationalbank anzustreben. So beinhaltet die jetzt verabschiedete Novelle auch eine Passage darüber, dass der Bankrat nicht mehr vom Präsident in Alleinregie ernannt werden soll, sondern aus Kandidaten, die die Regierung dem Staatsoberhaupt vorschlägt. Ausserdem will das Parlament die Kontrolle über den Betriebshaushalt der Nationalbank ausüben. Und schliesslich soll diese ihr Inflationsziel nicht mehr nach eigenem Gutdünken, sondern erst nach Absprache mit der Regierung festsetzen.

Die Stossrichtung des Nationalbankgesetzes ist damit klar: Der Bank, die in den Augen der Vorsitzenden von Sozialdemokraten und Bürgerlichen mit ihrer Zinspolitik für die Rezession der letzten drei Jahre in hohem Masse mitverantwortlich war, sollen die Flügel der Unabhängigkeit gestutzt werden. Durch die neuen Regeln soll die Bank mehr dazu angehalten werden, die Kommunikation mit der Politik zu suchen.

Diese wohlklingende Begründung wird von den Kritikern der Novelle jedoch ganz anders dargestellt. Den Grossparteien gehe es darum, die letzte Institution, die noch nicht von ihren Sekretariaten aus ferngesteuert werden könne, in die Knie zu zwingen und sich allenfalls für eine populistische Ausgabenpolitik bei der Nationalbank und ihrer Notenpresse bedienen zu können. Neben diesem eher politisch-weltanschaulichen Punkt hat das neue Nationalbankgesetz allerdings auch ganz konkrete Mängel: Die Kompetenzverschiebung bei der Ernennung des Bankrats bedürfte einer Verfassungsänderung. Zu dieser fehlt den beiden Grossparteien aber die Stimmkraft, weshalb das neue Gesetz in den entsprechenden Passagen wohl verfassungswidrig ist. Es wird deshalb erwartet, dass entweder die Parlamentarier der oppositionellen Viererkoalition oder aber Präsident Havel, auch er ein Gegner der Novelle, diese vor dem Verfassungsgericht anfechten werden.

Autoren: Dagmar Keberlova , Rudi Hermann
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