Wissenschaft und Forschung in den Visegrad-Ländern
Vier Fünftel der Tschechen halten Forschung für notwendig, doch nur 37 Prozent vertreten die Meinung, dass diese auch auf Kosten anderer Bereiche durch Staatszuschüsse finanziert werden sollte. Etwa die Hälfte der tschechischen Bevölkerung hingegen ist der Ansicht, dass Staatsgelder nur dann in den Forschungsbereich fließen sollen, wenn sie sozusagen übrigbleiben. Dies geht aus einer im Oktober durchgeführten Umfrage des Prager Zentrums für öffentliche Meinungsforschung. Die Einstellung der tschechischen Gesellschaft zur Forschungsförderung steht wohl im Einklang mit der Staatspolitik auf diesem Gebiet. Überall, wo man hinblickt, mangelt es an Geld. Und so wundert es eigentlich auch nicht, wenn ein Jahrestreffen der obersten Vertreter der Akademien der Wissenschaften der vier Visegrad Länder - Polens, Ungarns, der Slowakei und der Tschechischen Republik - von den tschechischen Medien quasi unbeachtet stattfindet. Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche trafen sie sich bereits zum 4.Mal, zum ersten Mal eben in Prag. Was auf dem Programm stand, erfahren Sie von Jitka Mladkova im folgenden Beitrag:
European Research Area/Europäischer Forschungsraum - so heißt ein neues Rahmenprogramm der EU, in das auch Tschechien, Polen, Slowakei und Ungarn einsteigen wollen, dies sowohl einzeln wie auch als Ländergruppe. Dementsprechend war eines der Themen der Prager Konferenz der Präsidenten bzw. Vizepräsidenten und anderer ranghoher Repräsentanten der vier Akademien der Wissenschaften auch die Koordinierung des gemeinsamen Vorgehens. Die Präsidentin der Tschechischen Akademie, Helena Illnerova, sagte in einem Interview mit Radio Prag auf die Frage nach dem Ziel des Treffens folgendes:
"Es dient dazu, dass wir uns darüber austauschen, wie wir uns gegenseitig unterstützen und was wir gemeinsam für die Stärkung der Forschung in unserem mitteleuropäischen Raum und gleichzeitig auch für die Festigung unserer Position in der EU tun können. Wir werden doch alle, hoffe ich, bald EU-Mitglieder sein, und so sind wir bemüht, gemeinsame Pläne zu verfassen und etwas zu finden, was wir in die EU mitbringen und umgekehrt, was wir von der EU gewinnen möchten."
Frau Illnerova äußerte in diesem Zusammenhang den Wunsch, dass die Länder der Visegrader Vier, wie sie auch bezeichnet werden, womöglich als gleichwertige Partner der EU-Länder der Union beitreten. In gewisser Hinsicht, der finanziellen nämlich, werde dies aber ihrer Meinung nach nicht voll und ganz möglich sein. Angesichts der Zahlen, die von einer unterschiedlichen finanziellen Unterstützung der Wissenschaftsentwicklung in der EU auf der einen und in Tschechien auf der anderen Seite zeugen, stellte Illnerova fest, dass sich die tschechische Regierung allein schon im Rahmen der Visegrad-Länder eine Inspiration holen könnte. Und zwar konkret in Ungarn, wo man diesbezüglich einen weiten Satz nach vorne gemacht habe. Noch weniger auf Rosen gebettet als in Tschechien sei aber die slowakische und die polnische Wissenschaft und Forschung. Dies hat uns schließlich auch der Vize-Präsident der polnischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Wlodzimierz Ostrowski, bestätigt:
"In der Tschechischen Republik sind Sie in der Integration mit der EU etwas weiter fortgeschritten. Es ist darauf zurückzuführen, dass Polen als ein wesentlich größeres Land auch viele Probleme hat. Die Wissenschaft ist zwar eine Priorität, aber es gibt gleichzeitig viele andere Probleme, die gelöst werden müssen, so können wir nicht so viele Finanzmittel für diesen Bereich aufwenden."
Trotzdem sieht Prof. Ostrowski in den Visegrad-Ländern ein großes intellektuelles Potential für eine erweiterte Europäische Union, das sie nicht übersehen und deshalb auch unterstützen sollte. Es gibt aber auch Gebiete, in denen es wiederum nicht so schlimm sei, sagte uns Helena Illnerova. Die von ihr geleitete Akademie der Wissenschaften habe sich z.B. im Internet auf der Web of Science danach umgesehen, wie tschechische wissenschaftliche Arbeiten in der Welt zitiert werden. Aus dem, was man gefunden hat, schlussfolgert sie:
"So haben z.B. die Arbeiten unserer Akademie etwas erreicht, was ich als Durchschnitt bezeichnen möchte. Und wissen Sie, so ein "Durchschnitt" bei einem Land, das so lange in seiner Entwicklung unterdrückt wurde, ist vielleicht wiederum kein ganz so schlechtes Resultat."