ALFONS MUCHA

Willkommen beim Kulturspiegel von Radio Prag. Wir haben heute eine gute Gelegenheit, einen weltberühmten tschechischen Maler und Repräsentanten des Jugenstils Ihnen vorzustellen. Am 24. Juli gedenken wir nämlich des 140. Geburtstags von Alfons Mucha. Unser heutiges Porträt stützt sich auf das Erzählen seiner Schwiegertochter, Geraldine Mucha. Gute Unterhaltung wünschen Danilo Höpfner und Markéta Maurová.

Alfons Mucha wurde vor 140 Jahren, am 24. Juli 1860 im südmährischen Ivancice geboren. Es zeigte sich bald, dass das vierte Kind des Gerichtsdieners Ondrej Mucha eine außerordentliche zeichnerische Begabung hat. Alfons zeichnete überall und mit allem, was er in die Hand bekam. Als er die letzten Gymnasialferien zu Hause verbrachte, gab er seine feste Entscheidung den Eltern bekannt - er wolle Maler werden. Der vernünftige Vater besorgte für seinen Sohn aber zunächst ein festes Amt als Gerichtsschreiber in Ivancice. Alfons Mucha arbeitete dort ohne Freude und bewarb sich ohne Erfolg um das Studium an der Prager Akademie. Nach drei Jahren versuchte mit einer Antwort auf eine Anzeige sein Glück und wurde bei einer Wiener Firma angenommen, die Kulissen und Bühnendekorationen für berühmte Theater herstellte. Dort nahm seine künstlerische Laufbahn ihren Anfang.

"Also, er ging nach Wien und malte Bühnenbilder, vor allem für das Burgtheater. Aber das Theater brannte aus und die Gesellschaft, die alle diese jungen Künstler anstellte, musste sie rausschmeissen, weil es ihr Hauptkunde war. Mucha musste einen neuen Job suchen, weil er nie Geld sparen konnte, das ganze Leben lang konnte er das nicht. Und so ging er in eine Kneipe und begann, die Leute, die da saßen, zu malen. Und es saß dort auch ein Angestellter eines lokal ansässigen Aristokraten..."

Einen Durchbruch brachte das Angebot von Graf Khuen, der bei Mucha eine Freskenausschmückung für sein mährisches Schloss bestellte. Khuen unterstützte den jungen Künstler, bei dem er eine große Begabung ahnte, beim Studium an der Kunstakademie in München und später zwei Jahre lang in Paris. Nachdem jedoch der Geldstrom von diesem Mäzen versiegt war, nahm Muchas Leben fast ein tragisches Ende. Vor dem Hungertod rettete ihn im kritischen Augenblick eine Bestellung für Illustrationen für einen großen französischen Verlag. Ab da verbesserte sich Muchas Schicksal ziemlich schnell und führte ihn in Richtung Erfolg.

Er lebte damals in der Straße der Künstler, in der rue de la Grande Chaumiere, im Quartier Latin, wo sich die bekannte Malerschule Académie Colarossi befand. Im Haus, wo er wohnte, war auch die Studentengaststätte Mme Charlotte, wo junge Künstler aller Nationen ein- und ausgingen. Sein Name als Illustrator verbreitete sich und Mucha machte sich mit einer Reihe von Zeitgenossen bekannt, wie mit Gauguin, Strindberg oder mit den Malern der Gruppe Nabis.

Und dann kam der Dezember 1894 und damit die Geschichte, wie aus Alfons Mucha ein berühmter Maler wurde: Er sprang in der Weihnachtszeit in einem litographischen Betrieb ein. Auf einmal kam der Direktor zu ihm mit einer Bitte: die berühmte Schauspielerin Sarah Bernhardt bräuchte einen Plakat für ihr neuestes Stück, es müsste jedoch schon am Neujahrstag ausgehängt werden. Er würde es versuchen, antwortete Mucha und schuf einen Plakat, aus dem eine Sensation der Pariser Straßenecken des 1. Januars 1895 wurde.

"Es war Gismonde und jeder dachte, wer hat das gemacht. Ich muss einen Plakat von diesem Mann haben! Und Mucha selbst sagte sich, ich werde Sklave dieses Plakats."

Das Plakat unterschied sich wesentlich von damaligen Gewohnheiten. Das Format war eng und die Schauspielerin darauf wurde fast lebensgross und in völlig ungewöhnlichen Farben - lila, rosa, grün, braun und golden - dargestellt. Sarah Bernhardt war zufrieden und schloss mit Mucha einen Vertrag für die nächsten sechs Jahre. Die Berühmtheit von Alfons Mucha wuchs mit jedem Plakat, sie verbreitete sich in der Welt, so dass er sogar eine Kunstschule öffnen musste. Für Sarah Bernhardt malte er nicht nur Plakate, sondern entwarf auch Kostüme und Juwelen, Frisuren, wählte Stoffe und weiteres. Muchas Plakate, Umschläge, Illustrationen, Aufkleber und Kalender wurden gedruckt. Ausstellungen seiner Werke wurden zu Anlässen ersten Ranges.

Der Maler erhielt auf der Weltausstellung in Brüssel 1897 die goldene Medaille, auf der Weltausstellung in Paris 1900 standen seine Arbeiten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er wurde mit einem Ritterkreuz ausgezeichnet und die französische Regierung verlieh ihm die höchste Staatsauszeichnung - den Orden Légion d´Honneur. Zur Zeit der Ausstellung, die nach Vorstellungen ihrer Gestalter eine neue, glücklichere Zeit der Menschheit einleiten sollte, war er schon ohne Zweifel Hauptvertreter einer Bewegung, die nicht nur eine Kunstrichtung war, sondern auch den Lebensstil dieser Zeit prägte. Sozusagen unbewusst, ließ er sich vom Strom des neuen Stils mitreißen, des Jugendstils oder Art Nouveau. Man sprach aber auch vom "Stil Mucha", der die ästhetischen Vorstellungen seiner Zeit prägte.

Und wie sah das private Leben des Künstlers in Paris aus? Im Unterschied zu Gerüchten, war der Maler sehr zurückhaltend gegenüber den Frauen. Im Einklang mit seinem Patriotismus und seiner Sehnsucht nach Selbständigkeit seines Heimatlands, wollte er eine Tschechin heiraten. Seine Ansprüche waren hoch und Mucha knüpfte wohl etwas davon in seine idealisierten Frauenporträts. Sein Traum erfüllte sich, als er 1903 in Paris Marie Chytilova kennenlernte, eine junge Studentin und Bewunderin seines Werkes. Drei Jahre danach hat der Maler mit der 23 Jahre jüngeren Marie die Ehe geschlossen.

Seit 1903 arbeitete Alfons Mucha in Amerika, wo er sieben Jahre blieb, vor allem in New York, Chicago und Philadelphia. Er unterrichtete, malte, zeichnete und wurde sogar mit der Reform des künstlerischen Schulwesens beauftragt. Überall wurde er mit hohen Ehren aufgenommen. Der Künstler dachte jedoch an die Rückkehr in seine Heimat und an sein großes Werk - die Slawische Epopöe.

In Amerika versuchte er auch, einen Mäzen für sein Projekt zu finden. Es war zur Zeit des russisch-japanischen Krieges und die amerikanischen Panslawisten gaben ein Bankett zur Unterstützung Russlands:

"Und Mucha wurde zu diesem Bankett eingeladen und nutzte diese Gelegenheit, um vor die Gesellschaft vorzutreten und über slawisch-amerikanische Beziehungen zu sprechen. Er zog die Aufmerskamkeit von Charles Crain an sich, eines Milionärs, der ihm seine Visitenkarte gab. Und nichts passierte. Später trafen sie wieder in einem der Häuser dieses Millionärs und Mucha öffnete bei diesem Anlass sein Herz vor Crain. Crain sprach wenig, er hörte nur zu und es geschah wieder nichts. Zu Weichnachten bekam Mucha ein Telegram von Crain und den ersten Scheck."

Mucha begann sofort die Arbeit am Projekt. 1910 kehrte er in seine Heimat zurück und fand zunächst einen ausreichend großen Raum für das Schaffen der 6 mal 8 Meter großen Leinwände im Schloss Zbiroh, nicht weit von Prag. Mucha arbeitete bis zum Jahre 1928 an der Slawischen Epopöe und schenkte es danach der Hauptstadt Prag. Zehn der Leinwände - 6 mal 8 Meter groß - sind der böhmischen Geschichte gewidmet, weitere zehn gehören der Geschichte anderer slawischer Nationen. Die Slawische Epopäe ist eines der bedeutendsten Werke der tschechischen monumentalen Kunst. Sie ist auf dem Schloss Moravsky Krumlov untergebracht und zugänglich, nicht also in der Hauptstadt, der das Komplett geschenkt wurde.

Für den tschechoslowakischen Staat schuf Mucha nach 1918 Entwürfe der ersten Briefmarken und Banknoten. Noch nach 1918 fanden einige große Ausstellungen im Ausland statt, an denen Mucha persönlich teilnahm. Die umfangreichste wurde wahrscheinlich im Jahre 1921 im Brooklyn-Museum in New York eröffnet, die in kurzer Zeit 600 Tausend Besucher besichtigten.

Seine Stellung in der Tschechoslowakischen Republik wurde aber durch die Tatsache erschwert, dass er von einigen jüngeren Modernisten nicht anerkannt wurde. Die Slawische Epopöe trug Ende der 30er Jahre darüber hinaus dazu bei, dass Mucha kurz vor seinem Tod von Faschisten scharf attackiert und sogar verhaftet wurde. Er starb am 14. Juli 1939 und wurde auf dem Ehrenfriedhof Slavin auf dem Prager Vysehrad begraben.