Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums

Petr Uhl

Die Tschechische Republik beachte die Menschenrechte, aber in einigen Bereichen gebe es weiterhin Probleme, so heißt es im neuen Jahresbericht über die Einhaltung der Menschenrechte in der Welt, den das amerikanische Außenministerium alljährlich herausgibt. Was die Berichterstatter des US-Außenministeriums im Einzelnen beanstandet haben und wie man in der Tschechischen Republik darüber denkt, erfahren Sie im folgenden Schauplatz von und mit Olaf Barth.

Im Mittelpunkt der Kritik stand die tschechische Polizei. Ihr wurde von Seiten der Menschenrechtsexperten vorgehalten, sie gehe z.T. mit nicht angemessener Gewalt gegen Demonstranten und Häftlinge vor. Zu Gewaltexzessen der Beamten kommt es demnach besonders gegen Angehörige der Roma-Minderheit. Zitiert werden in dem Bericht dazu konkrete Beispiele aus Ostrau, Brünn, Karlsbad und weiteren tschechischen Städten. Besondere Erwähnung findet auch das gewalttätige Vorgehen einiger Polizisten gegen die demonstrierenden Gegner des IWF- und Weltbanktreffens in Prag im September 2000.

Innenminister Stanislav Gross bezog zu den Vorwürfen wie folgt Stellung:

Gross betonte des Weiteren, dass es in der Tschechischen Republik weder gewöhnlich noch oft zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten der Polizei komme.

Der ehemalige Menschenrechtsbeauftragte der tschechischen Regierung, Petr Uhl, meint aber:

"Ich denke, dass die diesbezügliche Kritik der Vereinigten Staaten berechtigt ist. Im vergangenen Jahr ging es hier um die Klärung von Übergriffen anlässlich der Proteste gegen das IWF- und Weltbanktreffen in Prag im September 2000, wo es zu vereinzelten Fällen von unberechtigter Gewaltanwendung seitens der Polizei gekommen war. Die Untersuchungen waren aber z.T. nicht zufriedenstellend. Grund dafür ist meiner Meinung nach, dass es hier an einem vom Innenministerium und von der Regierung unabhängigen Kontroll- und Aufklärungsorgan fehlt, dass solche Fälle verfolgen würde."

Uhl glaubt aber nicht, dass sich durch den Bericht der Druck auf die Ermittlungsbehörden bzw. die Regierung erhöhen werde. Denn in der Tschechischen Republik seien die USA, was deren Umgang mit den Menschenrechten angeht, wegen der Todesstrafe, wegen der ebenfalls vorkommenden Polizeigewalt und den überfüllten Gefängnissen etc. nicht besonders angesehen.

"Die Tschechische Republik würde sich viel eher einem etwaigen Druck von der EU, von UN- Kommissionen usw. beugen. Solchen Forderungen versucht die Tschechische Republik nachzukommen, da gibt es auch bestimmte vertragliche Verpflichtungen. Die gibt es aber nicht gegenüber den USA."

Das Innenministerium verweist ohnehin darauf, dass alle Verdachtsfälle von übermäßiger Polizeigewalt eingehend untersucht werden. So auch in Bezug auf die Übergriffe der Ordnungshüter gegen die Anti-IWF-Demonstranten im September 2000. Die Frage rund um diese Demonstrationen sei der Öffentlichkeit wohl bekannt und er sehe keinen Grund etwas an seiner positiven Einschätzung zu dem Polizeieinsatz zu ändern, erklärte der oberste Ordnungshüter, Innenminister Stanislav Gross. Die Fehlgriffe zu denen es dabei gekommen sei, bezeichnete Gross als "vereinzelte Exzesse" und im Vergleich zu der Gewalt der Gegenseite als nichtig.

Neben der erwähnten überharten behördlichen Gangart gegenüber den Roma, war auch die Roma-Situation als solche ein weiterer zentraler Punkt des US-Tadels. Ich sprach mit dem Prager Mitarbeiter des "Europäischen Zentrums für Rechte der Roma" in Prag, Markus Pape, über dieses Thema:

"Also ich denke, diese Kritik ist nicht neu. Die Roma haben seit Jahren Probleme mit Polizeiübergriffen gegenüber Unschuldigen. Aber es ist ein gutes Zeichen... dass die USA das in ihren Berichten erwähnt... Nun wissen wir, dass in den letzten Jahren nur die Spitze des Eisbergs zu sehen war und dass wir erst jetzt erkennen, was tatsächlich in diesem Lande passiert."

Petr Uhl
In dem Abschnitt über die Pressefreiheit heißt es in dem US-Bericht, die Regierung habe einige Journalisten angeklagt. Der ehemalige Menschenrechtsbeauftragte und heutige "Pravo"- Journalist Petr Uhl meint, hier handle es sich eindeutig um eine Begriffsverwechslung. Die Regierung habe niemanden angeklagt, sondern angezeigt. Die Ermittlungsbehörden seien für Anklagen zuständig und die hätten in den bisher entschiedenen Fällen keine Anklage erhoben.

"Die Meinungs- oder Pressefreiheit sehe ich hier also keinesfalls gefährdet und sie war auch in den letzten 12 Jahren zu keiner Zeit in Frage gestellt. Natürlich gab es Versuche einzelner offizieller wie privater Personen, aber eine tatsächliche Gefahr hat wirklich zu keiner Zeit bestanden."

Die Amerikaner hatten auch die tschechische Vorgehensweise beanstandet, Demonstrationen rechtsradikaler Bewegungen teilweise zu untersagen oder stark zu beschränken. Wie sieht Petr Uhl diese Kritik?

"Ich bin froh, dass die Polizei so vorgeht und ich denke, dass das so in Ordnung ist. Es ist doch besser, zu solchen Repressionen zu greifen, als die Neonazis gleich einzusperren. Aber wir können Leuten nicht gestatten, öffentlich gegen die Menschenrechte zu agitieren oder sich verfassungsfeindlich zu äußern. Das ist bei uns nämlich eine Straftat. Und die Amerikaner sollten verstehen, dass man in Europa, wo man unmittelbar mit dem Nazismus konfrontiert wurde, anders damit umgeht als in den USA oder auch in Großbritannien."

Mit den Worten, "der Bericht beruht eindeutig auf falschen Informationen" wies zudem Justizminister Pavel Bures vergangene Woche die Vorhaltungen der Menschenrechtler zurück, die Justizreformen hierzulande verliefen schleppend. Und auch Pavel Bilek vom tschechischen Helsinki-Komitee pflichtete dem Justizminister bei, als er sagte, die verschiedenen Unzulänglichkeiten im hiesigen Justizsystem seien mit der seit dem 1. Januar 2002 gültigen neuen Strafrechtsordnung ausgeräumt. Eine gewisse Übergangszeit bis sich das System eingespielt habe, müsse man allerdings zugestehen.

Die ein oder andere Beanstandung der Menschenrechtsschützer mag ja überzogen ausgefallen sein. Dennoch kann man wohl sagen, die tschechischen Politiker täten gut daran, sich die Kritik zu Herzen zu nehmen.

Autor: Olaf Barth
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