Vor zehn Jahren brach die gemeinsame staatliche Existenz von Tschechen und Slowaken endgültig zusammen
Genau zehn Jahre ist es her, dass der Zerfall der Tschechischen und slowakischen Föderativen Republik in zwei voneinander unabhängige Staaten - einen tschechischen und einen slowakischen - endgültig besiegelt wurde. Silja Schultheis erinnert an die Ereignisse, die zum Zerfall der Tschechoslowakei führten.
Wenige Wochen zuvor hatten die slowakischen Abgeordneten der tschechoslowakischen Föderalversammlung zum Ausdruck gebracht, dass eine Verlängerung von Havels Präsidentenmandat für sie nicht in Frage käme.
Doch bereits lange zuvor waren die Beziehungen zwischen den politischen Vertretern beider Nationalitäten deutlich abgekühlt. 1990 wurde im Parlament der Streit über die Bezeichnung des gemeinsamen Staates entfacht, der sich in einen "Krieg um den Bindestrich" auswuchs - so die bis heute gebräuchliche Bezeichnung zur Charakterisierung der unterschiedlichen Interessenlage. Worum ging es? Havel hatte 1990 die Umbenennung der "Tschechoslowakischen sozialistischen Republik" in "Tschechoslowakische Republik" vorgeschlagen, die slowakischen Abgeordneten bestanden hingegen auf den Bindestrich zwischen tschechisch und slowakisch, nicht tschecho-slowakisch also, sondern tschechisch und slowakisch sollte der neue Staat ihrer Meinung nach sein. Als Kompromiss einigte man sich schließlich auf die Bezeichnung Tschechische und Slowakische Föderative Republik.
Natürlich ging es nicht eigentlich um den Bindestrich. Die politische Entwicklung in beiden Teilen der Föderation driftete in unterschiedliche Richtungen, wie im Wahlkampf 1992 besonders deutlich wurde. Während die nationalistische Partei von Meciar mit ihrem Programm einer souveränen Slowakei zunehmend Popularität erlang - ihrer Meinung nach seien die Tschechen nicht in der Lage, von gleich zu gleich mit den Slowaken in einem Staat zu leben -, betrieb Vaclav Klaus im tschechischen Teil mit dem Versprechen eines gemeinsamen Staates Wahlkampf. Beide Parteien zogen erfolgreich in die Föderalversammlung ein, wo der Konflikt unvermeidlich war.
Zum 1. Januar 1993 wurde die Tschechische und Slowakische Föderative Republik offiziell aufgelöst.
Im Nachhinein wurde von Kritikern bemängelt, dass es sich dabei um eine rein politische Entscheidung gehandelt habe, die ohne die Beteiligung der tschechischen und slowakischen Bevölkerung getroffen worden sei. Durch ein Referendum, so meinen einige Kritiker, hätte man dies verhindern können.