Reaktionen der tschechischen Presse auf das Ende der Regierungskrise
Das Ende der Regierungskrise war am Mittwoch auch Hauptgegenstand der Kommentare in der tschechischen Tagespresse.
Nach Meinung der Zeitung "Mlada fronta Dnes" ist der Hauptverlierer der Krise Premier Vladimir Spidla. Denn, so begründet das Blatt:
"Der Fall des Steuerpakets zur Finanzierung der Hochwasserschäden hat die tatsächliche Schwäche der Regierung offenbart. Sich einzureden, dass der Koalitionsvertrag durch einen weiteren Treueeid stabiler ist, wäre mehr als töricht. Die Freiheitsunion hat scheinbar verloren - sie musste ihre Kapitulation' unterschreiben. Dank seiner fast verbrannten Dissidentin Marvanova hat sie aber letztlich an Stärke gewonnen. Jetzt kennt sie den Preis von einer Stimme."
Die Zeitung "Pravo" ist anderer Meinung und schreibt:
"Dank Marvanova ist aus der Freiheitsunion eine Partei von Selbstmördern geworden. Wie anders könnte man eine Vereinigung bezeichnen, die zuerst ihren rechten Charakter mit dem Eintritt in eine linke Regierung in Frage stellt, um dann nach einigen Wochen ihr Urteilsvermögen mit dem Versuch in Frage zu stellen, die eigene Regierung schachmatt zu setzen."
Auch die Zeitung "Lidove noviny" vertritt die Auffassung, dass sich die Rolle des tschechischen Premiers durch die Krise erschwert hat und spekuliert über die Zukunft der Regierungskoalition:
"Die misslungene Abstimmung über die Steueränderungen am Freitag hat denjenigen Recht gegeben, die Spidla nach den Wahlen geraten haben, sich auf die Kommunisten oder die Bürgerdemokraten zu stützen und die Freiheitsunion und die Christdemokraten zu vergessen. Vladimir Spidla führt jetzt einen doppelten Kampf: er möchte auf irgendeine Weise die Regierung aufrecht erhalten, die aus dem Koalitionsvertrag hervorgegangen ist. Gleichzeitig muss er die Unzufriedenen in seiner Partei davon überzeugen, dass der zweite Versuch mit den Christdemokraten und der Freiheitsunion Aussicht auf Erfolg hat."
Die Zeitung "Hospodarske noviny" verweist auf die dauerhaften Folgen der Regierungskrise:
"Die Schäden, die die Krise hinter den politischen Kulissen und auch in der öffentlichen Meinung verursacht hat, werden langfristig sein. (...) Wer glaubt noch den Worten neuer politischer Stil' und Veränderung'?"
Aber nicht nur die Bürger, so das Blatt weiter, hätten das Vertrauen in die Regierungskoalition verloren. Irreversibel geschädigt seien auch die Beziehungen zwischen den Parteien der Regierungskoalition:
"Wie werden sich wohl die Minister im Kabinett fühlen, denen die Demission nahegelegt wurde, ohne dass sie irgendetwas falsch gemacht hätten? Was wird es für eine Loyalität unter den Mitgliedern der Regierung geben? Dafür dass sie vorübergehend die Nerven verloren hat, zahlt die Koalition einen hohen Preis."