Neue Regierung, neues Semester - neue Bedingungen für die tschechischen Unis?

Petra Buzkova

Die Abgeordnetenhauswahlen Mitte Juni haben im tschechischen Schulministerium personelle Veränderungen mit sich gebracht. Schulminister Eduard Zeman musste seinen Hut nehmen. Seine Nachfolgerin ist Petra Buzkova - zur Verwunderung vieler Beobachter, denn die gelernte Juristin ist in ihrer bisherigen politischen Karriere bis auf wenige Ausnahmen so gut wie gar nicht mit dem Schulwesen in Berührung gekommen. Seit den Parlamentswahlen gibt es außerdem in der Regierung erstmals einen Vizepremier für Wissenschaft und Forschung - es ist dies Petr Mares von der Freiheitsunion. Als Oppositionspolitiker war er in der vergangenen Legislaturperiode insbesondere dadurch in Erscheinung getreten, dass er sich im als Vorsitzender des Schulausschusses im Abgeordnetenhaus sehr engagiert für die Einführung von Studiengebühren eingesetzt hat. Petra Buzkova hingegen kündigte bereits an, dass es ein bezahltes Studium während ihrer Amtszeit nicht geben wird. Eine recht interessante Konstellation also - und Anlass für uns, die heutige Ausgabe des Themenkaleidoskops der Diskussion um das leidige Thema Studiengebühren zu widmen. Aus dem Prager Studio begrüßt Sie recht herzlich Silja Schultheis.

Dass in Tschechien über die Einführung von Studiengebühren diskutiert wird, erscheint angesichts der drastischen finanziellen Situation an den hiesigen Hochschulen nicht eben verwunderlich.

Einer Erhebung zufolge wären 60% der Tschechen nicht gegen Studiengebühren - darunter auch solche, die davon unmittelbar betroffen wären, wie eine kurze Umfrage unter Prager Studenten zeigte.

"Ich finde die Idee ist ganz pragmatisch. Das Hochschulwesen und das Schulwesen in Tschechien allgemein ist unterfinanziert, die Mittel sind im Staatshaushalt nicht vorhanden - und werden es auch nicht sein - und so müssen sich die Hochschulen irgendwie selber finanzieren."

Martin, Journalistik-Student an der Prager Karlsuniversität. Er selber, so fügt er hinzu, würde jedoch für sein Studium nichts bezahlen wollen, dafür sei ihm das Niveau der Lehrveranstaltungen zu schlecht:

"Schon jetzt hält mich dort eigentlich nur das, dass ich das zu Ende studieren will, es bringt mir nicht mehr viel. Das Geld wäre es tatsächlich nicht wert, da weiter zu machen."

Vasek, Informatik-Student an der Prager Wirtschaftshochschule, sieht es anders. Seiner Meinung nach könnte jeder einzelne Student aus den Studiengebühren auch gewisse Ansprüche ableiten:

"Er kann sagen: ich habe bezahlt, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie mir Unterricht auf einem höheren oder sehr guten Niveau anbieten."

Und noch aus einem anderen Grund würde Vasek die Einführung von Studiengebühren begrüßen:

"Ich meine, wenn man pro Jahr etwa 15.000 Kronen bezahlt, ist ein Student viel mehr motiviert, in die Schule zu gehen und sich besser vorzubereiten."

Tereza sieht es anders. Auch sie hätte zwar prinzipiell nichts dagegen, etwas für ihr Studium zu bezahlen, wenn sie damit zu einer verbesserten Qualität der Lehre beitragen würde. Dass sich ihre persönliche Motivation zum Studieren dadurch erhöhen sollte, kann sie sich aber kaum vorstellen:

"Ich denke, dass ist überhaupt nicht entscheidend. Entweder man will studieren oder nicht. Natürlich, wenn ich einen Kredit aufgenommen hätte, würde ich mich vielleicht bemühen, ein Semester früher fertig zu werden. Aber ein entscheidende Grund, das Studium zu beschleunigen, wäre es wohl nicht..."

In Tschechien gibt es gegenwärtig durchschnittlich doppelt so viele Bewerber wie Studienplätze. Wer studieren will, muss zunächst Aufnahmeprüfungen bestehen. Mit Hilfe von Studiengebühren, so betonen deren Befürworter, könnten die Kapazitäten der Unis erhöht und zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Seit letztem Herbst fordert auch die Hochschulrektorenkonferenz offiziell deren Einführung - vorausgesetzt, sie werde an ein System von Kreditmöglichkeiten und Stipendien gekoppelt.

Die Idee, einen Kredit aufzunehmen, um studieren zu können, halten einige Studentenvertreter hingegen für problematisch. Unter ihnen Martin:

"Ich find's eigentlich gar nicht klug, dass man schon am Anfang seiner Karriere Schulden hat. Das ist nicht ganz okay."

Einer der überzeugtesten Verfechter von Studiengebühren, Vizepremier Petr Mares von der Freiheitsunion, erhofft sich davon noch die Lösung eines weiteren drängenden Problems der Universitäten: das Abwandern von Hochschulabsolventen und Professoren in lukrativere Bereiche - oder ins Ausland.

Dieser Brain drain ließe sich, so Mares, durch Studiengebühren eindämmen. Und zwar indem man parallel dazu Kreditmöglichkeiten schaffe und die Rückzahlung des Kredits dann - zumindest teilweise - denjenigen erlasse, die nach dem Studium als Spezialisten in ihrem Bereich arbeiten.

Bislang jedoch sind Studiengebühren in Tschechien politisch nicht durchsetzbar. Im Schulministerium hält man auf derartige Vorschläge nach wie vor eine monotone Standardantwort parat:

"In der jetzigen Situation unter den jetzigen Bedingungen wäre die Einführung von Studiengebühren eine soziale Bremse für eine erhebliche Anzahl von Studienbewerbern", begründet Tomas Koprika, Leiter der Abteilung Hochschulfinanzierung im tschechischen Schulministerium, den offiziellen Standpunkt.

Allein aus dem Staatshaushalt jedoch lässt sich die Finanzkrise der Hochschulen sicherlich nicht beheben. Daher ist Vizepremier Mares davon überzeugt, dass sich die Frage nach den Studiengebühren früher oder später ganz von allein wieder stellen. Bislang jedoch lautet die Zauberformel, auf die man sich in der Regierung geeinigt hat: Finanzierung aus mehreren Quellen - auch an die Wirtschaft ist hier gedacht.

Die Hochschulrektorenkonferenz erhofft sich von der neuen Regierung indes eine Verbesserung der finanziellen Situation der Hochschulen aus dem Staatsbudget. Hana Macakova, Vizevorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz:

"Die neue Regierung in ihrer Regierungserklärung die Bildung wieder zur Priorität erklärt. Uns so sind wir gemäßigte Optimisten und hoffen weiter, dass sich das auch auf die Finanzmittel auswirkt, die den staatlichen Hochschulen zur Verfügung gestellt werden."

Egal wie sich die Situation an den Hochschulen weiter entwickelt - eins steht fest: nach einer Lösung drängt sie allemal. Im letzten Herbst machten die Studenten und Rektoren durch Streiks und Rücktrittsforderungen auf die Finanzmisere an den Unis aufmerksam. Jetzt hat das Semester gerade begonnen, wer weiß - vielleicht sind für den Fall, dass die Hochschulen wieder nicht angemessen im Haushaltsentwurf berücksichtigt werden, bereits schon jetzt neue Demonstrationen geplant.