Hochschulen in Tschechien sollen sich besser vor Spionage schützen

Eine Einladung zu einer internationalen Konferenz oder zur bilateralen Forschungszusammenarbeit – dahinter kann sich auch die Absicht von Technologiespionage verbergen. Darum hat das tschechische Bildungsministerium die hiesigen Hochschulen nun aufgerufen, eigene Forschungsprojekte besser gegenüber der Einflussnahme aus dem Ausland zu schützen.

Eine Balance muss gefunden werden zwischen einer offenen Wissenschaft und dem Schutz der Forschung vor Spionage oder Missbrauch. So will es eine Anleitung, die das tschechische Bildungsministerium noch vor Ferienbeginn an die Hochschulen im Land ausgegeben hat. Verhindert werden soll damit etwa, dass neueste technologische Entwicklungen ungewollt im Ausland zu Militärzwecken eingesetzt werden.

Ladislav Šticha | Foto: Tschechisches Fernsehen,  ČT24

Das Ressort benennt in dem Dokument keine konkreten Staaten, von denen ein solches Risiko ausgehen könnte. Der Inlandsgeheimdienst BIS warnt beim Thema Technologiespionage aber vor allem vor China. Sprecher Ladislav Šticha sagte dazu in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„China hat ein Interesse an neuen Technologien, Patenten und Forschungsergebnissen, will diese aber nicht kaufen. Die chinesischen Nachrichtendienste versuchen zudem, tschechische Akademiker für eine Zusammenarbeit zu gewinnen – und das gegen eine Bezahlung oder auch durch Erpressung.“

Die Hochschulen in Tschechien sind deswegen angehalten, sich neue Regeln zu geben für Auslandsreisen ihrer Akademiker oder für bi- und multilaterale Forschungsprojekte. Laut dem Ministerium soll dabei überprüft werden, ob die potentielle Partnerinstitution nicht etwa auf einer Sanktionsliste steht, ob sie auf veröffentlichte Forschungsergebnisse verweisen kann oder ob sie ihren Sitz eventuell in einem Staat hat, in dem die Menschenrechte missachtet werden. Auf Grundlage dieser Informationen solle dann über eine Kooperation entschieden werden.

Radka Wildová | Foto: Karlsuniversität in Prag

Welche Fachbereiche diesbezüglich am sensibelsten sind, benennt Radka Wildová, Sektionsleiterin für Hochschulen, Wissenschaft und Forschung am Bildungsministerium:

„Das betrifft fortgeschrittene Halbleitertechnologien, Quanten- und Biotechnologien oder Raumfahrt- und Antriebsforschung – also alles, was heute den Kern der wirtschaftlichen Weiterentwicklung in der ganzen Welt ausmacht.“

An der Masaryk-Universität in Brno / Brünn arbeite man bereits an der Umsetzung des Ministeriumsleitfadens, bestätigt deren Sprecher Radim Sajbot. Neu sei diese Angelegenheit für die Hochschule jedoch nicht, betont Sajbot und verweist auf frühere Sicherheitsmaßnahmen:

Die Masaryk-Universität  (Masarykova univerzita,  MUNI) in Brünn | Foto:  Martina Kutková,  Radio Prague International

„Wir können natürlich nicht ausschließen, dass jemand einzelne Mitglieder unserer Universitätsgemeinde zu beeinflussen versucht. Bisher haben wir aber keine systematischen Versuche registriert. In der Vergangenheit haben wir hingegen schon die Zusammenarbeit mit einigen ausländischen Institutionen, bei denen ein solches Risiko bestehen könnte, aus präventiven Gründen beendet.“

Auch die Karlsuniversität in Prag hat schon seit 2021 einen entsprechenden internen Regelkatalog. Dem ging der Fall des Tschechisch-Chinesischen Zentrums voraus, das die Zusammenarbeit der Hochschule mit akademischen Institutionen in dem ostasiatischen Land überdachen sollte. Damals kam durch Recherchen des Nachrichtenportals Aktualne.cz aber heraus, dass eine Konferenz des Zentrums direkt von der chinesischen Botschaft finanziert worden war.

Mit Herausgabe der Ministeriumsleitlinie bleibt es nun jeder Hochschule in Tschechien selbst überlassen, wie sie damit umgeht. Konkrete Maßnahmen würden vom Ressort nicht überprüft, so Wildová:

„Es ist ja in ihrem eigenen Interesse, einen Umgang mit den Sicherheitsrisiken und deren eventueller Enthüllung zu finden. Wir schreiben nicht vor, dass das zum Beispiel in Jahresfrist passieren muss. Die Universitäten sollten aber 2025 in den Jahresberichten schildern, wie sie bei diesem Thema vorgehen.“

Dafür gibt es vom Ministerium auch Geld. Im Rahmen des Jan-Amos-Komenský-Förderprogramms wurde eine finanzielle Unterstützung für einen verbesserten Schutz der Forschungsaktivitäten festgelegt.

Autoren: Daniela Honigmann , Kateřina Gruntová | Quelle: Český rozhlas
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