Hybridkrieg: Chinesische Firma sammelt Daten von prominenten Tschechen
Zhenhua Data Technology aus dem südchinesischen Shenzhen beliefert ihren eigenen Angaben nach die Kommunistische Partei des Landes und die dortige Volksarmee. Nun steht die Firma im Mittelpunkt eines Skandals, den westliche Journalisten aufgedeckt haben. So soll Zhenhua weltweit Daten von Politikern, Diplomaten, Wirtschaftsmanagern oder etwa Hochschulprofessoren gesammelt haben. Auch 700 Tschechen gehören dazu.
Die Daten waren alle frei zugänglich. Sie wurden seit 2017 gesammelt und stammten zum Beispiel von Facebook, Twitter oder LinkedIn. Das Problem ist jedoch, für wen und aus welchem Grund die ganzen Angaben zusammengetragen wurden. Der tschechische Journalist Lukáš Valášek hat sich mit dem Fall beschäftigt. Seinen Bericht veröffentlichte das Nachrichtenportal Aktuálně.cz am Mittwoch.
„Wir können nur von dem ausgehen, was die Firma auf ihrer Website veröffentlicht hat. Diese Seiten sind allerdings mittlerweile ausgeschaltet worden. In jedem Fall hat sich Zhenhua Data Technology auf dem Internetauftritt damit gerühmt, mit der chinesischen Armee zusammenzuarbeiten sowie mit weiteren Teilen des dortigen Sicherheitsapparates. Und die Daten sollen laut der Firma dazu dienen, dass diese Institutionen praktisch einen Hybridkrieg gegen den Westen führen können – also auch gegen Tschechien“, so Valášek gegenüber Radio Prag International.
Hybridkrieg – das bedeutet laut Sicherheitsexperten aus dem englischsprachigen Raum in diesem Fall vor allem Desinformations- und Propagandakampagnen sowie Cyberattacken.
Die Datensammlung der chinesischen Firma, die nun geleakt wurde, trägt den Namen „Overseas Key Information Database“. Bekannt wurde sie durch einen Whistleblower aus der Volksrepublik. Dieser informierte einen amerikanischen Hochschulprofessor, der zuvor an der Universität von Peking gearbeitet hatte und aus Sicherheitsgründen aus China geflohen war.
Insgesamt wurden die Angaben zu 2,4 Millionen Menschen weltweit gefunden. Rund 700 sind aus Tschechien. Das reicht hoch bis zu Staatspräsident Miloš Zeman. Lukáš Valášek:
„Dort lassen sich auch Minister finden, wie etwa Verteidigungsminister Lubomír Metnar oder der ehemalige Justizminister Robert Pelikán. Des Weiteren ist es der Fraktionsvorsitzende der Partei Ano im Abgeordnetenhaus, Jaroslav Faltýnek. Wahrscheinlich sind es aber mehr als 700 Tschechen, deren Daten zusammengetragen wurden. Denn die Experten konnten nur einen Teil der geleakten Dateisammlung wiederherstellen. Wichtig ist zu erwähnen, dass auch Familienmitglieder von einflussreichen Menschen aus Tschechien angeführt sind – so etwa Kinder, Eltern oder Partner.“
Tatsächlich sei man nur an ein Zehntel der Namen in der Datensammlung gelangt, berichtete das Nachrichtenportal Aktuálně.cz.
Lukáš Valášek und seine Kollegen haben wegen der Brisanz des Fundes auch beim tschechischen Inlandsnachrichtendienst BIS angefragt:
„Der Sicherheits-Informationsdienst hat eine seiner seltenen Antworten gegeben. Demnach analysiert man dort bereits die Daten. Jetzt schon Schlüsse daraus zu ziehen, sei aber voreilig, hieß es. Falls unser Bericht jedoch stimmen sollte, würde dies nur die früheren Warnungen des BIS vor den Versuchen chinesischer Einflussnahme in Tschechien bestätigen. Unter anderem befindet sich auch der Chef des Nachrichtendienstes, Michal Koudelka, auf der Liste mit den Namen.“
Der BIS hat in seinen zurückliegenden Jahresberichten bereits mehrfach davor gewarnt, dass die Versuche chinesischer Einflussnahme die tschechische Sicherheit bedrohen würden.