Das Tschechisches Fernsehen bleibt auch nach knapp vier Monaten ohne Führung

Liebe Hörerinnen und Hörer, so wie gegen Ende jeder Woche, ist es nun wieder einmal an der Zeit einen Blick auf die tschechische Medienlandschaft zu werfen. Bei einer weiteren Folge von "Im Spiegel der Medien", der Mediensendung von Radio Prag, begrüsst Sie heute recht herzlich Robert Schuster.

In den vergangenen Tagen und Wochen drehte sich in Tschechien fast alles um die Präsidentenwahl. Auch wir haben dem natürlich Rechnung getragen und uns in den vergangenen Sendungen ausführlich mit der Medienberichterstattung zu diesem Thema befasst. Fast zeitgleich mit dem Versuch ein neues Staatsoberhaupt zu wählen, bahnte sich auch in einem wichtigen tschechischen Medium eine vergleichbar weitreichende Entscheidung an. Der Fernsehrat, also das Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens CT wollte ebenfalls vorvegangene Woche einen neuen Generaldirektor wählen. Die 14 Ratsmitglieder hatten die Wahl zwischen zwei Kandidaten. Bei der entscheidenden Abstimmung fehlte jedoch einem der beiden Bewerber eine einzige Stimme zur erforderlichen Mehrheit.

Somit bleibt das Tschechische Fernsehen, dessen jährliches Budget ungefähr 5 Milliarden Kronen umfasst, was in etwa 162 Millionen Euro entspricht, und mit Abstand das grösste Medienunternehmen des Landes ist, bis aufs weitere ohne Führung.

In den klassischen tschechischen Printmedien fanden Reaktionen auf die gescheiterte Wahl des neuen Fernsehdirektors verhältnismässig wenig Raum und zwar auf Grund der alles dominierenden Präsidentenwahl. Um so stärker widmeten sich dem Thema einige tschechische Internet-Zeitschriften. Einen sehr skeptischen Ton hat in diesem Zusammenhang etwa Jan Culik, der Herausgeber der Internet-Zeitung Britske listy angeschlagen. In dessen Kommentar unter dem Titel Die Agonie im Tschechischen Fernsehen dauert an, sieht er die gescheiterte Direktorenwahl als Symbol für die gegenwärtige Lage bei CT.

Zitat:

"Die langsame Agonie und der stille Verfall des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist wieder um einiges fortgeschritten. Was soll man aber eigentlich von einer Institution, wie dem Fernsehen halten, an dessen Spitze sich in den vergangen vier Jahren gleich vier Generaldirektoren versuchten und dabei scheiterten?"

Soweit Jan Culik.

Eine etwas andere Position kam in der Internet-Zeitschrift Neviditelny pes zum Ausdruck. In einer Glosse unter dem Titel "Äpfel und Birnen", schrieb deren Autor u.a.:

"Um den gordischen Knoten namens Tschechisches Fernsehen lösen zu können, ist es vor allem notwendig nicht Äpfel mit Birnen zu vermischen. Deshalb sollten all jene, die schon lange den Zustand des Fernsehens kritisieren und meinen, dass das Fernsehen unnötig hohe Kosten verursacht klar sagen, ob sie überhaupt eine öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt wollen. Diejenigen wiederum, die den Grundsatz der Öffentlich-Rechtlichkeit stets wie eine Keule schwingen, sollten die ganzen Finanzstzröme erklären. Erst dann kann die Frage beantwortet werden, wer neuer Chef des Fernsehens sein sollte."

Soweit die Meinung in der Internet-Zeitschrift Neviditelny pes.

Die fehlgeschlagene Wahl des neuen Fernsehgeneraldirektors hatte jedoch noch ein Nachspiel, indem zwei Mitglieder Fernsehaufsichstrats unmittelbar nach der Entscheidung ihren Rückzug aus dem Gremium bekanntgaben. Einer dieser beiden Ratsmitglieder war der Chef der Tschechischen Nationalgalerie Milan Knizak, der im Gespräch mit Radio Prag zu seinen Rücktrittsgründen meint:

Knizak meint des weiteren, dass er in letzter Zeit dass Gefühl hatte, dass während der Sitzungen des Rates von einigen Mitgliedern immer stärker partielle Interessen durchgesetzt wurden und es eigentlich nicht mehr um die Zukunft des Fernsehens ging. Dafür gebe es laut Knizak eine einfache Erklärung:

med

Das, worauf das nunmehr ehemalige Ratsmitglied Knizak abzielt ist der oft kritisierte Umstand, dass es innerhalb der gegenwärtigen Struktur von CT relativ undurchsichtige Geldflüsse gibt. Das ist eine Folge der dezentralen Struktur des Mediums, die sich bereits kurz nach der Wende etablierte. So werden z.B. die meisten Unterhaltungs- und Publizistiksendungen, mit Ausnahme der klassischen Nachrichtenberichterstattung, nicht etwa von hausinternen Redaktionsteams hergestellt, sondern von einigen wenigen Produzentengruppen. Deren Bindung an das Fernsehen basiert in den meisten Fällen auf relativ lockeren Werkverträgen. Kritiker sehen darin unkontrollierbaren Geldflüssen Tür und Angel geöffnet, womit jährlich immer grössere Löcher in den ohnehin stark defizitären Haushalt des öffentlich-rechtlichen Fernsehen gerissen werden. Versuche für mehr Transparenz zu sorgen, scheiterten jedoch bisher. Alle Direktoren, die mit diesem Vorhaben angetreten sind, mussten entweder bald zurücktreten, oder gerieten in permanente Konflikte mit der Belegschaft.

Wie könnte da eine mögliche Lösung aussehen? Würde es z.B. ausreichen das jetzige Fernsehgesetz zu ändern? Abschliessend kommt noch einmal Milan Knizak zu Wort, der seine Skepsis nicht verbirgt:

Liebe Hörerinnen und Hörer, soweit unser heutiger Medienspiegel. Für Ihre Aufmerksamkeit bedankt und auf ein Wiederhören freut sich Robert Schuster.