Ludvík Kuba - tschechischer Ethnograph, Schriftsteller und Maler

Er habe sein ganzes Leben lang das gemacht, was er machen wollte - sagte Ludvik Kuba in seiner Promotionsrede an der Prager Karlsuniversität im Jahre 1936. Vor 140 Jahren ist dieser tschechische Ethnograph geboren, dessen größtes Werk eine 15-bändige-Sammlung "Der Slawen Lieder" ist. Der Persönlichkeit dieses Wissenschaftlers und Künstlers gilt der heutige Kultursalon, zu dem Sie Markéta Maurová und Silja Schultheis begrüßen.

Ludvik Kuba durchreiste Ende des 19. Jahrhunderts die Slowakei, die Lausitz, Galizien, Russland, die Ukraine, Slawonien, Kroatien, Montenegro, Bosnien- Herzegowina und weitere Länder. Er besuchte fast alle slawischen Völker, um deren Lieder, Tänze, Musikinstrumente sowie Sitten und Bräuche zu studieren. Auf künstlerische und wissenschaftliche Art hat er diese auf Papier und Stoff dargestellt und dokumentarisch beschrieben. Er war aber nicht nur Beobachter und Wissenschaftler, sondern auch Künstler, genauer gesagt sogar ein dreifacher Künstler: Musiker, Maler und Schriftsteller. Worin seine größten Verdienste bestehen, davon spricht Marie Klara Prchalova, eine Mitarbeiterin des Elbe-Museums in Kubas Geburtsstadt Podebrady. Sie kann gleich mehrere Bereiche nennen, an erster Steller allerdings die Lieder:

"Sein Verdienst besteht vor allem in dem, was er selbst am höchsten schätzte, und das sind jene 15 Bände "Der Slawen Lieder". Weiter gelang es ihm - wenn auch nicht in so vollkommen Weise wie mit der Liedersammlung - aber doch, die Slawen zu malen. Auch das Buch "Die Slawen in Bildern" ist daher ein einmaliger Beleg, den eine Einzelperson geschaffen hat. Es ist eigentlich ein wissenschaftlicher Beleg in künstlerischer Darbietung. Und dasselbe sagt Ludvik Kuba auch über seine Harmonisierung der slawischen Volkslieder - es handle sich um ein künstlerisch ausgeführtes wissenschaftliches Werk."

Ludvik Kuba hat seine Aufmerksamkeit nicht nur auf die Slawen beschränkt. Er hatte auch sehr viel exotischere Interessen:

"Ein weiterer Bereich, in dem Kuba ebenso die erste Stelle bei uns einnimmt, ist die Sinologie. Er hat nämlich während seines Lebens eine phantastische Sammlung orientalischer Kunst zusammengetragen, die sich heute im Nationalmuseum befindet. Die Sammlung hat Kuba zu großen Teilen seinem Freund, dem Maler Vojtech Chytil zu verdanken, der sich in Peking als Pädagoge an der Malerakademie und später als tschechoslowakischer Diplomat engagierte. Er brachte Ausstellungen alter und zeitgenössischer chinesischer Kunst nach Böhmen und auf einer dieser Ausstellungen lernten sie sich kennen. Vojtech Chytil bat Kuba, seine Sammlung durch einen Text zu ergänzen und zu bearbeiten. Dies geschah nicht, Vojtech Chytil starb, aber Ludvik Kuba selbst hatte inzwischen eine große Sammlung zusammengebracht. Und später, im Jahre 1946 gab er einen Privatdruck mit dem Titel "Mein China" heraus. Darin wird die Entstehung der chinesischen Schrift, Plastik und Gemäldekunst erläutert."

Ludvik Kuba wurde am 16. April 1863 in Podebrady geboren, als zweites von 13 Kindern eines Schlossers. Er erbte sowohl die Begabung für Musik als auch für bildende Kunst von seinen Ahnen und begann diese bald zu entwickeln. Er lernte Geige, Flöte, Klarinette, Horn und später auch Klavier und Orgel spielen. Gleichzeitig zeichnete und malte er regelmäßig. Marie Klara Prchalova spricht weiter über das Milieu, das Kuba umgab, und über die Ansätze, die ihn prägten:

"Ludvik Kuba war sehr begabt und hätte an der Kunstakademie studieren können, aber die Familie besann sich anders: Es sei wichtig, dass er Lehrer werde, damit er von seinem Beruf gut leben könne. Ludvik Kuba sog in jener Zeit in Podebrady die Nachklänge des tschechischen Patriotismus der Zeit der sog. Nationalen Wiedergeburt Mitte des 19. Jh. auf, begleitet vom Panslawismus, von der Bewunderung für die südslawischen Völker, die sich gegen die Türken erhoben, von der Bewunderung für die Russen, für die Sorben, weil diese von den Deutschen unterdrückt wurden. Und er wollte ihnen auf irgendeine Weise helfen. Und da er ein Praktiker, Realist und Materialist war, wollte er dies mit Hilfe von Liedern machen. Denn wenn wir etwas kennen, dann lieben wir es, und wenn wir es lieben, dann schaden wir ihm nicht."

Die musikalische Begleitung der heutigen Sendung bilden phonographische Aufnahmen der Dudelsackmusik aus dem Jahr 1909. Sie entsprechen der Charakteristik der Volksmusik aus dem Chodenland (Chodsko) in Westböhmen, die Ludvik Kuba 1893 sammelte und verarbeitete. Dennoch war er, wie bereits erwähnt, nicht nur Musiker, sondern auch Maler. Die Jahre seiner Malerausbildung schloss er 1904 mit Ausstellungen in München, Podebrady und Ceske Budejovice (Budweis) ab. Danach lebte er sechs Jahre lang in Wien, wo er Mitglied des Hagenbunds wurde. Über Kubas Stellung in dieser Künstlervereinigung sprachen wir im Rahmen einer Ludvik-Kuba-Konferenz, die im Frühling in Bautzen stattfand, mit dem Wiener Forscher Peter Chrastek:

"Stilistisch hat Ludvik Kuba zu dieser Zeit perfekt in den Hagenbund gepasst. Kubas Malerei kann man jetzt grob umrissen als Impressionismus oder als realistischen Impressionismus bezeichnen, und das war zu dieser Zeit auch die Hauptstilrichtung im Hagenbund. Es hat Künstler gegeben, die ähnliche Tendenzen gehabt haben. Kuba hat da einfach perfekt rein gepasst. Der Hagenbund war die aufgeschlossenste und toleranteste Künstlervereinigung und es waren nicht nur Tschechen, sondern auch Ungarn und Polen dabei, es waren Deutsche dabei und Skandinavier dabei. Also liberal, für diese Zeit eigentlich sensationell. Und Kuba war ein liberaler Mensch, es war fast logisch, dass er im Hagenbund gelandet ist. Geändert hat er im Hagenbund im Grunde nichts. Er hat sich toll eingefügt und auch für eine gewisse Zeit eine Führungsposition im Vorstand übernommen, und er hat sicherlich auch Gutes für Kollegen bewirkt in seiner Eigenschaft als Schriftführer, die so ähnlich gelagert war, wie ein Sekretär. Sekretär nicht in dem Sinne, dass er geschrieben hat, sondern dass er für die Vereinigung rührig und tätig war."

Kubas Bilder kann man derzeit in der Galerie in Podebrady besichtigten. Marie Klara Prchalova verweist jedoch auf Schwierigkeiten, mit denen man sich bei der Vorbereitung einer solchen Ausstellung auseinandersetzen musste:

"Die Lage ist sehr schwierig. Denn nach dem Tod von Kubas Sohn wurde der Nachlass, auch der Bildernachlass schrecklich verstreut und geriet auf den Markt. Wir als staatliche Institution haben keine Mittel zur Verfügung, um Kuba zu kaufen. Deswegen ist es einzigartig, dass sich gegenwärtig 71 Bilder an einem Ort befinden - in der großen Kuba-Ausstellung, die in Podiebrad anlässlich seines 140. Geburtstags stattfindet."

Soweit Marie Klara Prchalova, Ludvik-Kuba-Kennerin aus dem Museum Podebrady und soweit unser Kultursalon, den wir dem Folkloristen, Schriftsteller und Maler Ludvik Kuba anlässlich seines 140. Geburtstags in diesem Jahr gewidmet haben.