Referendum in Zahlen: In Mähren ist EU-Zustimmung am größten

Referendum (Foto: CTK)

Das Ergebnis des ersten Volksentscheids in Tschechien steht fest. Doch was verbirgt sich hinter diesem Ergebnis, wie hat die Bevölkerung in den jeweiligen Altersgruppen, wie wurde in den Regionen abgestimmt? Näheres dazu erfahren Sie nun von Lothar Martin.

Referendum  (Foto: CTK)
Knapp 8,3 Millionen der etwas mehr als zehn Millionen Tschechen waren bis zum vergangenen Samstag 18 Jahre alt und damit wahlberechtigt. Und diese 8,3 Millionen Bürger durften nun entscheiden, ob sie ihren Weg nicht nur als Tschechen, sondern auch als ein Bestandteil der europäischen Gesellschaft weitergehen wollen oder nicht. Das Ergebnis ist bekannt: Über 77 Prozent der an die Abstimmungsurne getretenen Wähler stimmten mit einem "Ja zu Europa", so dass mittels des Referendums vom und für das tschechische Volk eine bindende Entscheidung für seine Zukunft gefällt wurde. Legt man aber die Elle etwas kritischer an und sieht, dass neben den gut eine Million "Nein-Sagern" auch rund 3,8 Millionen Tschechien nicht zur Abstimmung schritten, dann stellt man fest, dass es immer noch rund 57 Prozent der Bevölkerung sind, die einem Beitritt entweder nicht zugestimmt haben oder aber denen dieser Schritt mehr oder minder gleichgültig war. Am meisten hatte man eine solche Haltung den Rentnern zugetraut, denn sie gaben vor dem Referendum nicht selten eine ähnliche Meinung ab, wie sie Radio Prag gegenüber von Herrn Stanislav Vavra aus dem Altersheim in Prag-Dejvice vertreten wurde:

Rentnern  (Foto: CTK)
"Uns, also den Rentnern, wird dies wahrscheinlich weitere Belastungen bringen, denn wir können Europa, wo die Renten wesentlich höher sind als bei uns, nicht einholen. Wenn dann noch der Euro eingeführt wird, so wird das hier die schwächere Schicht treffen - d.h. die Rentner, Lehrer oder die medizinischen Mitarbeiter. Denn wir werden uns niemals mit den jetzigen europäischen Staaten vergleichen können."

Aber denkste, es waren nicht die über 60-Jährigen, die dem tschechischen EU-Beitritt am häufigsten ihre Zustimmung verwehrt haben, sondern die 30- bis 44-Jährigen. Von ihnen stimmten lediglich 75 Prozent mit "Ja", von den 18- bis 29-Jährigen und eben den über 60-Jährigen waren es immerhin 79 Prozent. Premier Vladimír Spidla hat für die relativ hohe EU-Befürwortung unter den Rentnern seine eigene Erklärung:

"Sie haben genügend Erfahrung, was es ihnen ermöglicht, sich sehr gut in strategischen Dingen zu orientieren. Sie verstehen es also, perspektivisch zu denken, denn sie wissen schon, dass die europäische Integration nicht von heute auf morgen vollzogen sein wird. Daher sind sie der Auffassung, wenn ihr Enkel jetzt zum Beispiel drei Jahre alt ist, dann wird er mit 18 - also in 15 Jahren - schon etwas von der Union haben. Das ist mein Verständnis."

Ganz interessant ist auch ein Blick auf die regionale Stimmenabgabe. So kommen die prozentual größten EU-Fürsprecher aus Mähren, insbesondere aus dem Bezirk Uherské Hradiste bzw. dem Zlíner Kreis, wo jeweils über 80 Prozent mit "Ja" gestimmt haben. Allen voran das kleine Dorf Dolní Tesice, in dem alle 24 Wahlgänger ihr Kreuz beim tschechischen "Ano" gemacht haben. Ganz im Gegensatz zum nordböhmischen Kreis Liberec/Reichenberg, wo über 26 Prozent der Wahlgänger gegen einen EU-Beitritt stimmten. Spitzenreiter der EU-Ablehner aber war das nahe der österreichischen Grenze gelegene südböhmische Dorf Zupanovice, in dem 75 Prozent der Wahlgänger das "Ne", also das "Nein zu Europa" ankreuzten. Überhaupt ist zu beobachten, dass in den Grenzregionen zu Deutschland und Österreich die Ablehnung am größten war. Vielleicht auch eine Art Retourkutsche auf die Sonderregelungen bei der Freizügigkeit, die sich gerade diese beiden EU-Mitgliedsstaaten gegenüber Tschechien und weiteren Neu-Mitgliedsländern ausbedungen haben.