Schloss Lysice: Adelssitz der Familie Dubsky
Das Schloss Lysice (Lissitz) ist heute zum zweiten Mal das Ziel unserer Wanderung. Nachdem wir uns vor zwei Wochen auf die deutschsprachige Schriftstellerin aus Mähren, Marie von Ebner-Eschenbach, konzentriert haben, die dort häufig zu Gast war, möchten wir heute das Schloss selbst ein bisschen näher kennen lernen.
"Diese Sage sagt, dass eines Tages ein Fürst in einem Teich unterging. Und gerade in dieser Zeit fuhren drei Mitglieder der Familie Dubsky, der Großvater, der Vater und der Sohn, an diesem Teich vorbei. Sie retteten diesen Fürsten und er gab ihnen dann dieses Wappen, auf dem die Stierhörner das Stierfuhrwerk symbolisieren, mit dem sie gefahren sind, und die sechs Hände dann die Rettung und die Retter, also die drei Mitglieder der Familie Dubsky. Und das blaue Feld stellt das Wasser dar, also den Teich, in dem der Fürst unterging."
Besonders sehenswert sind die Innenräume des Schlosses: Im 1. Stock befindet sich die Bibliothek von Marie von Ebner-Eschenbach, weiter die Schlosskapelle mit der Miniaturorgel sowie das Schlafzimmer mit einem Rohrtelefon. Auch die Waffenkammer ist interessant: Dort sind eine große Sammlung europäischer und orientalischer Waffen sowie historische Zielscheiben zu sehen. Im 2. Stock sind in den Salons, Schlafzimmern, Empfangzimmern sowie den Arbeitszimmern der Dubskys wertvolle Bilder, Porzellan, Uhren und einige andere Möbelstücke ausgestellt. Machen wir uns nun auf den Rundgang, bei dem uns Herr Tesar begleitet."Der ganze Nordteil entstand im Jahre 1904 nach dem Brand des Barocktheaters, das hier ursprünglich stand. Dieses Theater entstand schon im 18. Jahrhundert unter dem Geschlecht Sereny, und es war eines der größten Theater in Mähren. Auch das Wiener Burgtheater und die Wiener Oper borgten hier Kostüme. Es gab hier etwa 360 Kostüme. Diese Halle hat eine sehr schöne Ausschmückung mit verschiedenen Jagdtrophäen und auch Gewehren. Sehr alt sind Musketen aus dem Dreißigjährigen Krieg. Und hier, das interessanteste ist das so genannte Trombon aus dem Jahre 1720. Interessant ist auch, dass es nur zwei Exemplare davon gibt, das eine ist hier und das andere in einer Privatsammlung in England."
Einer der interessantesten Innenräume ist die Bibliothek der Marie von Ebner-Eschenbach. Sie wurde in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts von Emanuel Dubsky für dessen Nichte zweiten Grades - für Marie von Ebner-Eschenbach geschaffen. Sie arbeitete in dieser Bibliothek bei ihren Verwandten und Gastgebern. Der Inhalt der Bibliothek ist nur zum Teil eine Erinnerung an die Dichterin, denn ihre eigene Bibliothek befand sich in ihrem Geburtsort Zdislavice und im Wiener Palais der Dubskys. Eine weitere Spezialität der Schlosssammlung von Lysice sind handgemalte Schießscheiben. 40 davon befinden sich an der Holztäfelung eines Ganges und weitere 13 in der sogenannten "kleinen Schießhalle"."Diese Schießscheiben hingen ursprünglich nicht hier, sondern im Schlossgehege an einer Schießstätte, aber diese Schießstätte wurde am Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen und Dubskys entschieden sich, die Scheiben hier im Schloss auszustellen. Hier, in der so genannten kleinen Schießhalle, befinden sich 13 Schießscheiben, darunter auch die älteste aus dem Jahr 1721."
Die meisten der Scheiben tragen deutsche Inschriften, nur einige sind lateinisch und tschechisch beschriftet. In ihrer Gesamtgestaltung können sie als Vorläufer der naiven Kunst bzw. des Primitivismus betrachtet werden. Zugleich sind sie moralisierende und lehrhafte Kunstwerke, die dem Zeitgeist zwischen 1810 und 1862 entsprechen. Zu dieser Zeit sind die meisten von ihnen nämlich entstanden - zum Teil in Lysice und zum Teil in den Werkstätten anonymer Kunsthandwerker in Wien. Die Bilder, die in diesem Raum hängen, ermöglichen es uns, sich eine Vorstellung über das frühere Aussehen von Lysice zu machen:
"Dieses Bild zeigt Lysice, also das Schloss Lysice mit dem ganzen Dorf, im Jahre 1779. Dieses große Bild malte Erwin Dubsky, auch eines der Mitglieder der Familie Dubsky, aber nicht in jenem Jahr, sondern etwa ein Jahrhundert später. Erwin selbst wurde erst im Jahre 1835 geboren. Dieses Bild malte er nach einem kleinen Bild, das leider nicht mehr existiert. Und auch dieses Bild ist sehr interessant. Wir sehen hier z.B. die ursprüngliche Renaissance-Mauer im Schlossgarten. Diese Mauer diente meistens zur Jagd und auch für Damen-Ballspiele. Und links vom Schloss stehen noch zwei Treibhäuser, die so genannten Orangerien. Bis heute erhielt sich nur das kleinere Treibhaus."Über Erwin Dubsky von Trebomyslic, der das Bild seines Wohnsitzes gemalt hat, kann man während des Rundgangs noch einmal etwas hören - in einem völlig anderen Zusammenhang. In einer Vitrine im zweiten Stockwerk ist das Modell des Schiffes "Möwe" ausgestellt:
"Am Bord dieses Schiffs begann der schon erwähnte Erwin Dubsky seine Karriere als Seefahrer. Dieses Schiff wurde in Italien im Jahre 1857 gebaut und diente für 73 Personen. An diesem Schiff wurde die Schiffsschraube zum zweiten Mal benutzt und zum ersten Mal erfolgreich, es ist also auch historisch ein interessantes Schiff." Am Ende der Führung begegnen wir auch den letzten Besitzern des Schlosses Lysice, die sich auf Porträts verewigen ließen:
"Hier im Vorzimmer können wir den Grafen sehen, also Albrecht Dubsky von Trebomyslic. Und dann am Fenster seine Frau, Juliane Marie Josefa Emilie Zofie Vladimira, geboren Mitrovsky von Nemysl. Sie war Sportlerin, Tennisspielerin, und sie ließ auch hier im Schlossgehege einen Tennisplatz erbauen. Albrecht und Juliane lebten hier bis 1945, in diesem Jahr wurde das Schloss auf Grund der Benes-Dekrete verstaatlicht, also sie mussten nach Wien ziehen. Sie beide sind schon gestorben und hatten keine Kinder und auch keine männlichen Verwandten. Also ist der Lysicer Zweig ausgestorben. Aber es leben z.B. Mitglieder des Zdislavicer Zweigs dieses Geschlechts."Soweit die Führung durch das Schloss Lysice. Aber nicht nur Interessenten für Geschichte und Architektur, die die Bauentwicklung und Einrichtung des Schlosses bewundern können, nicht nur Literaturkenner, die sich für Marie von Ebner-Eschenbach interessieren, sondern auch Kinder kommen in Lyssic auf ihre Kosten. Vor Kurzem wurde dort nämlich eine Spielzeugausstellung eröffnet. Über 300 Puppen, Plüschtiere, Autos, mechanische Spielzeuge und Tischspiele aus allen Ecken der Welt lassen die Herzen von allen Mädchen und Jungen höher schlagen. Und weil diese in Vitrinen ausgestellt sind, hat man für Kinder eine eigene Spielecke vorbereitet, in der sie auch selbst aktiv werden können. Ergänzt wird die Ausstellung noch durch Ansichtskarten und Photographien der Spielsachen. Also zögern Sie nicht und fahren Sie sich mit der ganzen Familie nach Lysice. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei!