Diskussion um EU-Verfassung: Fünfzehn kleine und mittelgroße Staaten trafen sich in Prag
Hochrangige politische Vertreter aus fünfzehn EU-Mitglieds- bzw. Kandidatenländern sind am Montag in Prag zu informellen Gesprächen zusammengekommen. Es handelt sich dabei um kleinere Staaten mit gemeinsamen Interessen, sogenannte "like-minded"-Länder. Hauptziel: Die Absteckung einer Verhandlungslinie beim bevorstehenden Beschluss einer Europäischen Verfassung. Gerald Schubert berichtet:
Vertreter von letzteren haben sich am Montag in Prag zu einem informellen Treffen zusammengefunden, um eine gemeinsame Vorgangsweise für die bevorstehende Konferenz der EU-Staats und Regierungschefs zu besprechen. Diese beginnt im Oktober in Rom, erstes Ziel ist der Beschluss einer europäischen Verfassung auf Basis der Vorschläge des EU-Konvents. Gerade hier aber fühlen sich die kleineren Länder in manchen Punkten benachteiligt. So wollen sie etwa das Rotationsprinzip beim EU-Vorsitz erhalten, und sie wollen je einen Kommissar pro Staat in der Verfassung verankern. Jan Kohout, stellvertretender tschechischer Außenminister und einer der Initiatoren des Treffens, kommentiert die gemeinsamen Interessen so:
"Niemand von uns will, dass eines der größeren Mitgliedsländer das Gefühl hat, hier würde ein Block gegen irgend jemand anderen entstehen. In unserem Sinne ist es, Lösungen zu finden, die akzeptabel sind. Damit meinen wir: Wenn für die kommenden Monate der politische Wille ausschlaggebend ist, dann haben wir hier versucht, Fragen zu definieren. Fragen, zu deren Beantwortung dieser politische Wille eben nötig sein wird."
Dies ist dann auch der Tenor, mit dem man nach Abschluss der Gespräche vor die Presse trat: Man wolle niemandem drohen, und es gäbe auch keine neue Blockbildung innerhalb der EU. Aber: man meine es mit seinen Anliegen durchaus ernst. Auch große Staaten wie Frankreich und Deutschland würden die Kleinen nicht ignorieren können. Der deutsche Bundesaußenminister Joschka Fischer hat zwar mehrfach vor einer Aufschnürung des Kompromisses aus dem Konvent gewarnt. Aber, so Gregor Schusterschitz, österreichischer Presseattache in Prag:
"Es wurde auch vom europäischen Rat in Griechenland festgehalten, dass die Ergebnisse des Konvents eine gute Basis für weitere Diskussionen sind. Und es ist natürlich klar, dass das kein fest zugeschnürtes Paket ist - sonst bräuchte man auch keine Regierungskonferenz - sondern dass die einzelnen Staaten über die Punkte, die ihnen wichtig sind, durchaus noch diskutieren sollen und auch dürfen. Was dann das Ergebnis sein wird, das wird man sehen."
Eines zeichnet sich jedoch bereits jetzt ab: Nämlich, dass sich die tschechisch-österreichischen Beziehungen im Lichte der gemeinsamen europäischen Interessen weiter verbessern dürften.