Prager Regierung ist sich uneinig bei Erhöhung von Verbraucherpreisen
Der Herbst ist auch in diesem Jahr innerhalb der tschechischen Politik wieder die Jahreszeit der gewichtigen Entscheidungen. Neben dem Staatshaushalt für das kommende Jahr steht auch die parlamentarische Abstimmung über die von der Prager Regierung angekurbelte Reform der öffentlichen Finanzen ins Haus. Ein Bestandteil dieser Reform sind wesentliche Mehreinnahmen bei den Verbrauchersteuern. Doch bei dem entsprechend am Donnerstag im Senat behandelten Regierungsentwurf spielten die Liberalen als Koalitionspartner nicht mit. Droht daher schon vor den großen Entscheidungen eine weitere Regierungskrise? Lothar Martin ist auch dieser Frage nachgegangen:
Der tschechische Senat hat es am Donnerstag abgelehnt, das Bestehen der Duty-Free-Geschäfte über den 31. Dezember dieses Jahres hinaus zu verlängern. Außerdem sprach sich das Prager Oberhaus in Bezug auf den Dieselkraftstoff für eine etwas niedrigere Steuererhöhung aus als sie vom Unterhaus vorgeschlagen wurde. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Der Senat empfiehlt, den Abgeordnetenvorschlag um 45 Heller zu senken, und er erachtet daher einen Steuersatz von 9,50 Kronen je Liter Diesel für ausreichend. Ähnlich lautet der Gegenvorschlag für Bio-Diesel, wo der Senat einen Steuersatz von 6,65 Kronen für angemessen hält, was 21 Heller weniger sind, als es die Abgeordneten wünschen. Doch ob nun 45 und 21 Heller mehr oder weniger, die größte Oppositionspartei, die ODS, will keinem der beiden Gesetzentwürfe zustimmen, wie Fraktionschef Vlastimil Tlustý erklärte:
"Das ändert nichts an unserem negativen Standpunkt. Mit anderen Worten: Ich gehe davon aus, dass die Abgeordneten der ODS weder die so genannte Abgeordnetenversion noch die Senatsversion unterstützen werden, denn das Wesentliche bei beiden Versionen bleibt gleich, nämlich dem Regierungsvorschlag zuzustimmen und die Preise beim Treibstoff zu erhöhen. Und damit sind wir nicht einverstanden."
Doch egal, ob nun die Bürgerdemokraten oder die Kommunisten oder beide Oppositionsparteien gegen den Regierungsentwurf stimmen werden, die Situation in der unteren Parlamentskammer ist immer noch dieselbe: Die Regierungskoalition verfügt über eine knappe Mehrheit von 101:99 Mandaten. Daher wird es für den Zusammenhalt der Regierungskoalition erst bedrohlich, wenn einer der Koalitionspartner ausscheren sollte. Und die Änderung der Abgeordnetenversion durch den Senat, die unter anderem durch die Stimmen einiger Liberaler von der Demokratischen Union-Freiheitsunion (DEU-US) zustande kam, wird dann auch sofort als ein Bruch der Koalitionsvereinbarung verstanden. Der sozialdemokratische Finanzminister Bohuslav Sobotka jedenfalls ließ sich nicht davon abhalten, das Verhalten der liberalen Senatoren als einen solchen Bruch zu bezeichnen. Und er erhielt Rückendeckung von seinen Parteigenossen. Läuft also alles auf eine Regierungskrise vor den großen Entscheidungen des Herbstes 2003 hinaus? Der Vizepremier und Chef der Unionisten Petr Mares will davon jedoch nichts wissen und wiegelt ab:
"Ich denke, und ich bin mir dabei ganz sicher, dass man von einer Verletzung des Koalitionsvertrages erst dann sprechen kann, wenn die Abstimmung im Abgeordnetenhaus beendet ist. Ich bin mir aber völlig sicher, dass wir Unionisten fähig sein werden, ein Übergewicht der Koalition bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus zu schaffen."
Es ist also bereits jetzt zu spüren, dass der Herbst 2003 ein stürmischer werden wird in der tschechischen politischen Szene. Hierbei wird sich auch klären müssen, welche der vorhandenen Illusionen dabei hinweggeweht werden.