Abgeordnetenhaus billigt das Haushalts-Sparpaket
Am Freitag kurz nach Mittag hat das Abgeordnetenhaus das Sparpaket zum Haushalt 2010 gebilligt. Das Ergebnis fiel mit 163 zu 26 Stimmen zwar deutlich aus, aber man kann dennoch mit Fug und Recht von einer schweren Geburt sprechen: Der Annahme der Sparpläne der Regierung war ein nahezu endloses Gezerre zwischen den Parlamentsparteien voran gegangen. Patrick Gschwend im Gespräch mit Daniel Kortschak, der die Debatte im Abgeordnetenhaus verfolgt hat.
„Nein, denn die Parlamentsparteien konnten einige Änderungen durchsetzen. Gefallen ist etwa die Kürzung der Familienbeihilfe oder die Verdoppelung der Immobiliensteuer - allerdings nicht wie ursprünglich gemeldet für alle, sondern wie sich mittlerweile herausgestellt hat, nur für Landwirte. Auch die Anhebung der Tabaksteuer wird geringer ausfallen, als es der Finanzminister geplant hatte. Entgegen ersten Meldungen doch kommen wird die Mehrwertsteuer-Erhöhung um je ein Prozent auf 10 und 20 Prozent.“
Die Regierung ist in ihrem Entwurf von einem Budget-Defizit von 155 Milliarden Kronen ausgegangen. Steigt diese Zahl nun durch die Änderungen?
„Ja, und zwar auf 162,8 Milliarden Kronen – das sind umgerechnet etwas mehr als 6 Milliarden Euro. Und as entspricht in etwa 5,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.“
Kann die Regierung damit „leben“?
„Ja, kann sie. Premierminister Fischer hat bereits im Vorfeld der Abstimmung signalisiert, dass er sich mit einem leicht höheren Defizit abfinden kann; von etwa 164 Milliarden war als Schmerzgrenze die Rede. Finanzminister Janota hat sich ähnlich geäußert. Und nach der Abstimmung hat der Premier den Abgeordneten für ihre ‚vernünftige Entscheidung’ gedankt. Und angekündigt, nun bis zu den Wahlen im Frühjahr im Amt bleiben zu wollen.“Also ist der angedrohte Rücktritt der Regierung vom Tisch. Eigentlich hätte ja schon am Donnerstag über das Sparpaket abgestimmt werden sollen. Warum hat es denn nun bis Freitagmittag gedauert?
„Nun, das geht hauptsächlich auf das Konto der Sozialdemokraten. Zwar hat es am Mittwochabend so ausgesehen, als gäbe es einen Kompromiss aller Parlamentsparteien, doch am nächsten Morgen war wieder alles anders und die Sozialdemokraten haben jede Menge weitere Forderungen gestellt, wie zum Beispiel die Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung. Und auch die Kommunisten wollten von einem Kompromiss nichts wissen. Damit war auch das Vorhaben, einen gemeinsamen Abänderungsantrag einzubringen, wieder vom Tisch. Am Ende lagen dann am Donnerstagabend nicht weniger als rund 20 Anträge vor, und um nicht endgültig den Überblick zu verlieren, hat man die Sitzung bis zur schriftlichen Ausfertigung am nächsten Morgen vertragt. Tja, und abgestimmt werden musste natürlich auch noch über das Konvolut.“
Aber am Ende haben dann die Sozialdemokraten ja doch dem Sparpaket wieder zugestimmt. Das war ja dann irgendwie eine Wende der Wende.„Ja, man könnte es so zusammenfassen: zweimal 180 macht 360 und nach einer 360-Grad-Drehung ist man bekanntlich wieder am Ausgangspunkt angelangt. Was die Sozialdemokraten schließlich zur Zustimmung bewogen hat, ist nicht so ganz klar. Irgendwie scheint es, als sei der Vorsitzende Jiří Paroubek nicht mehr so recht der Herr im eigenen Haus. Sein Stellvertreter Bohuslav Sobotka hat nach der Abstimmung gemeint, es sei ein Kompromiss gewesen, ein schlechter sogar, man sei absolut nicht zufrieden, aber das Land brauche jetzt stabile politische Verhältnisse, eine Regierung und vor allem einen Staatshaushalt für 2010.“
Ist mit diesem Votum nun das Budget für 2010 beschlossene Sache?
„Nein, keineswegs. Denn heute wurde nur das entsprechende Gesetzespaket beschlossen, das viele der Sparmaßnahmen erst ermöglicht. Bekanntlich werden ja 80 Prozent der Staatsausgaben direkt durch einzelne Gesetze geregelt. Das Haushaltsgesetz 2010 als solches muss erst ausverhandelt und dann natürlich auch im Parlament beschlossen werden. Und da wartet bestimmt noch die eine oder andere harte Nuss auf die Verhandler.“
Daniel, ganz kurz noch eine Frage zum Abschluss: beschließen wollten die Abgeordneten am Freitag ja auch die Kürzung der Gehälter für Politiker und Spitzenbeamte. Auch da gab es mehrere Anträge: Vier, acht oder 20 Prozent? Auf wie viel müssen die Politiker im kommenden Jahr verzichten?
„Auf vier Prozent, also konnte sich die Regierung mit ihrem Entwurf durchsetzen und nicht die Sozialdemokraten und die Kommunisten, die 20 Prozent gefordert hatten."