Der tibetische Geistliche Dalai Lama sprach auf zwei Foren in Prag
Das Oberhaupt des tibetischen Lamaismus, der Dalai Lama, hat in diesen Tagen auf zwei in Prag stattfindenden Foren gesprochen. Martina Schneibergova fasst zusammen.
Als einer der Veranstalter der Konferenz sprach sich der Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung, Otto Graf Lambsdorff zu dem erwähnten Protest der chinesischen Botschaft aus. Der Protest spreche - so Lambsdorff - eine sehr alte Sprache, die chinesische Botschaft sei von Peking allzu weit entfernt und mache sich nicht bewusst, dass sich auch dort einiges geändert habe.
Der tibetische Dalai Lama war einer der Diskussionsteilnehmer beim interreligiösen Dialog, der am Rande der Konferenz Forum 2000 am Sonntag im Prager Repräsentationshaus veranstaltet wurde. Nach Meinung der Organisatoren können eben die Religionen für das Schüren des Hasses zwischen den verschiedenen Kommunitäten missbraucht werden. Sie können aber auch zu Brücken bei der Überwindung der "globalen Abgründe" werden - lautete ein Motto des Treffens, an dem neben dem Dalai Lama auch Vertreter des Judentums, des Islams, des japanischen Buddhismus und des tschechischen Christentums teilnahmen. Alle versuchten, Antworten auf folgende Fragen zu finden: Ob es wünschenswert und möglich ist, die Religion von der Politik zu trennen, wie sich darum der Liberalismus und Säkularismus in den letzten Jahrhunderten im Westen bemühen; ob die Verbindung zwischen Religion und Politik zu einem fatalen Ende führen müsse oder ob sich auch Möglichkeiten einer fruchtbaren Zusammenarbeit öffnen; und auf welcher Ebene der interreligiöse Dialog heute vor allem geführt werden sollte, bzw. was für Hindernisse er zu überwinden hat. So stellte der Dalai Lama u. a. fest:
"Religiöse Institutionen und die Religion sind zwei verschiedene Dinge, wir müssen zwischen ihnen unterscheiden. Die Religion betrifft im Allgemeinen das Individuum, sein Gemüt. Die religiösen Institutionen befassen sich nicht immer nur mit Angelegenheiten der Religion und aus dem Grund ist es besser, diese Institutionen von der Politik zu trennen."
Der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel, der von den Diskussionsteilnehmern als Präsident angesprochen wurde, bezeichnete die interreligiösen Diskussionen, die die Konferenz Forum 2000 von jeher begleiten, als eine gute Tradition:"In unserer heutigen Welt fangen wir an zu fühlen, dass die rasende Jagd nach den Konsumgütern unserer Zivilisation nicht mehr ausreicht. Die Menschen erinnern sich allmählich daran, dass es eine langfristige Perspektive gibt, die länger ist als unsere Leben. Sie beginnen an den Tod zu denken, sie suchen nach metaphysischen Wurzeln der moralischen Ordnung und werden sich bewusst, dass es mit der Menschheit sehr schlecht enden kann, wenn diese Ordnung nicht respektiert wird. In diesem Augenblick des Erwachens der religiösen Gefühle ist es nicht nur meiner Meinung nach höchstwichtig, nicht das zu betonen, wodurch sich die Weltreligionen voneinander unterscheiden. Die Unterschiedlichkeit muss respektiert werden. Es ist notwendig, nach dem Gemeinsamen, dem Verbindenden zu suchen, was der heutigen Welt helfen kann, was zum Frieden, zur Zusammenarbeit beitragen kann."