Hörerforum
Herzlich willkommen zum Hörerforum von Radio Prag, in dem wir heute wieder ein wenig in der Postmappe blättern und darüber hinaus auf unseren am 15. Juni beendeten Hörerwettbewerb eingehen wollen.
"Inzwischen sind die Europawahlen auch gelaufen. Nicht überall sind diese Wahlen zur Zufriedenheit der augenblicklich Regierenden abgelaufen. Weder bei Ihnen in Tschechien noch bei uns in Deutschland haben die Wähler den Regierungen die nötigen Unterstützungen für ihre augenblickliche Politik gegeben. Was ich natürlich erschreckend finde, ist die geringe Wahlbeteiligung in Tschechien. Wie in den Nachrichten gemeldet wurde, lag sie nur bei 28 Prozent. Ist oder war es Wahlmüdigkeit oder das geringe Interesse an Europa?"
Nun, Herr Borkner, in erster Linie lag es daran, dass die Europäische Union in der Tschechischen Republik noch keine allzu hohe Akzeptanz genießt. Das kommt daher, dass sie für die tschechischen Bürger noch ein absolutes Neuland darstellt, von ihr noch viel zu wenig bekannt ist, so dass auch ihre führenden politischen Gremien wie das Europa-Parlament und die Europäische Kommission hierzulande noch längst nicht als die augenscheinlichen Interessenvertretungen aller Europäer wahrgenommen werden. Zudem hat es die größte Oppositionspartei des Landes, die Demokratische Bürgerpartei (ODS), mit ihren Parolen vom Souveränitätsverlust des Landes und der mit dem EU-Beitritt einhergehenden Teuerungswelle verstanden, den tschechischen Wähler eher abzuschrecken als für das europäische Parlament zu begeistern. Und schließlich: Jetzt, wo sich das Land in einer schwierigen Reformphase befindet, sind viele Tschechen nicht einverstanden mit der scheinbaren Rotstiftpolitik der sozialliberalen Koalition, so dass insbesondere die Wähler der drei Regierungsparteien aus Protest der Wahlurne ferngeblieben sind. Die Konsequenz: Die Sozialdemokraten und die Unionisten erhielten so enttäuschend wenig Stimmen, dass die Vorsitzenden dieser beiden Parteien inzwischen zurückgetreten sind. Und da es sich beim ehemaligen Parteichef der Sozialdemokraten um Ministerpräsident Vladimír Spidla handelte, ist es jetzt in Tschechien zu einer Regierungskrise gekommen, die im extremsten Fall sogar zu vorgezogenen Abgeordnetenhaus-Wahlen in Tschechien führen kann. Soweit, Herr Borkner, zur geringen Wahlbeteiligung und deren Folgen. Ein anderer, nicht minder interessanter Brief, erreichte uns von Herrn Andreas Polak aus Korntal, der seinen dort gemachten Ausführungen zufolge ein in Deutschland lebender Tscheche ist, der den Kontakt zu seiner alten Heimat nicht verloren hat, da der größte Teil seiner Familie nach wie vor im mährischen Brünn zu Hause ist. Da er oft bei seinen Verwandten zu Besuch sei, komme er mit vielen Tschechen ins Gespräch, so dass Herr Polak festgestellt hat:"Wenn ich mir die größte Bevölkerungsgruppe, und zwar die arbeitende ´Mittelschicht´ anschaue, so liegt deren Lebenssituation absolut unter den zentraleuropäischen ´Standards´. Wenn man sich die finanzielle Situation und die Entlohnung bei der Arbeit anschaut, so ist die Lage sehr angespannt. Ein tschechischer Facharbeiter verdient ein Fünftel dessen, was der deutsche bekommt, obwohl die Verbraucherpreise genauso hoch sind, Gut, die Mieten zu Beispiel sind geringer, aber im Verhältnis zum Lohn ist das purer Wucher. Ich frage mich, wie die Regierung die Arbeitslosigkeit auf dem Lande - vor allem unter den jungen Leuten - bekämpfen will, wenn man in den Städten keine Sozialwohnung bekommt, sondern auf dem Wohnungsmarkt ein Monatsgehalt als Miete, und das ohne Nebenkosten, für eine Zwei-Zimmer-Wohnung bezahlen muss! Kein Wunder, dass die Tschechen im Vergleich zu anderen Nationen nicht mobil sind."
In der Tat, im Vergleich zu den gestandenen EU-Staaten hat die Tschechische Republik noch in vielen Dingen Nachholbedarf. Solange also das Kosten-Lohn-Verhältnis hierzulande noch ein solch problematisches ist, können die Preise auch noch kein EU-Niveau aufweisen. Das sollten sich Grenz- und Benzintouristen aus Deutschland und Österreich bei ihrer Schnäppchenjagd auch immer vor Augen halten.
Zum Abschluss unseres ersten Sendeteils möchten wir noch ein wenig aus dem Brief von Georg Stawski aus Recklinghausen zitieren. Und das aus aktuellem Grund. Am 6. Juli wird nämlich in Tschechien erneut der Feiertag zu Ehren des Reformators Jan Hus begangen, der an diesem Tag vor 589 Jahren in Konstanz als Ketzer verbrannt wurde. Herr Stawski war unlängst am Bodensee unterwegs und hat dabei auch das "kleine aber feine Hus-Haus" besichtigt. Darüber schrieb er uns u. a. diese Zeilen:
"Interessant dargestellte Dinge sind nicht nur Informationsquellen geschichtlicher Art, sondern auch ein Lehrstück über Toleranz. Fast kann man ein Wortspiel mit Lehr und Leerstück betreiben. War doch das, was Hus geschah, ein Beispiel von Intoleranz, also die Leerformel von dem, was wir unter Großzügigkeit verstehen. Selbst wenn der damalige Papst eigentlich verantwortlich für Hus´ Tod war, offenbarte sich bereits damals der deutsch-böhmische Antagonismus, denn der tschechische Reformator wurde auf deutschem Boden ermordet. Zwar mögen Jahrhunderte seitdem verflossen sein, die Geschehnisse von damals sind letztlich nichts anderes als katholische oder christliche Osama-bin-Laden-Aktionen gewesen."
Wie wir Sie in unserer vergangenen Samstagsendung und deren Wiederholung am Sonntagvormittag bereits informiert haben, steht der Gewinner des diesjährigen Radio-Prag-Wettbewerbs fest. Und wir von der deutschen Redaktion können hierbei mit großer Freude konstatieren, dass sich unter den insgesamt 358 Zuschriften diesmal der Beitrag eines deutschen Hörers durchgesetzt hat. Es ist jener von Herrn Helmut Matt aus Herbolzheim, aus dem wir in der genannten Wochenendsendung schon eine größere Passage zitiert haben. Herr Matt hat als Sieger unseres Wettbewerbs einen einwöchigen Urlaub für zwei Personen in der Tschechischen Republik gewonnen, gesponsert vom "Hotel Adria Praha - ihr Zuhause mitten in der Golden Stadt", wo er und seine Begleitung untergebracht sein werden, sowie von der tschechischen Fluggesellschaft "Ceské Aerolinie - in der Luft wie zu Hause", von der die An- und Abreise sichergestellt wird. Herzlichen Glückwunsch!
Über unseren Wettbewerb, bei dem es die Frage "Welches Werk oder welcher Künstler der tschechischen Musik hat Sie am meisten beeindruckt und warum?" zu beantworten galt, dürfen wir Ihnen an dieser Stelle verraten, dass sich besonders unsere spanischen Hörer mit insgesamt 161 Beiträgen hervorgetan haben. Aber auch aus dem deutschsprachigen Senderaum kam reichlich Post, so dass wir neben dem Hauptgewinner noch weitere neun Einsender mit einer CD "Tschechische Kompositionen der klassischen Musik" prämiert haben. Die Einsender der ausgezeichneten Beiträge sind:
Helmut Zahradník aus Passau - Wolfgang Bruch aus Schwarzenbach - Georg Stawski aus Recklinghausen - Hermann Heyne-Pietschmann aus Erfurt - Barbara Schnell aus Frankfurt am Main - Fritz Andorf aus Meckenheim - Ulrich Wicke aus Felsberg - Hans-Peter Fuchs aus Frankfurt am Main - und: Jörn Mucha aus Berg. Herzlichen Glückwunsch!
Einige der Gewinner haben uns inzwischen den Empfang der CD schon in dankenswerter Weise bestätigt, was uns freut. Aber auch alle anderen Teilnehmer des Radio-Prag-Wettbewerbs gehen nicht leer aus: Sie erhalten ein kleines Souvenir unseres Senders, mit dem wir uns hiermit nochmals für die zahlreiche Beteiligung bedanken möchten.
Wie wir Ihnen am Wochenende ebenfalls schon mitgeteilt haben, kann man den Siegerbeitrag in seiner vollständigen Wortlänge auf unserer Internetseite: www.radio.cz/deutsch unter dem Link "Resultate des Wettbewerbs von Radio Prag" nachlesen. Und mit diesem Hinweis will ich mich für heute auch schon wieder von Ihnen verabschieden, nicht aber ohne Ihnen noch diese Vorankündigung zu machen: In der nächsten Ausgabe unseres Hörerforums werden wir ausschließlich aus den Wettbewerbsbeiträgen der zehn besten deutschen Einsendungen zitieren. Also schalten Sie in 14 Tagen wieder ein, wenn wir Ihnen - auch aus Urlaubsgründen - diese Zuschriften in kompakter Form zu Gehör bringen.