Deutscher Europaabgeordneter eröffnet Büro in Prag
In Prag hat am Montag der frischgebackene Europaparlamentarier Milan Horácek feierlich sein Abgeordnetenbüro eröffnet. Im EU-Mitgliedsland Tschechien wäre dies an sich noch nichts Ungewöhnliches. Jedoch: Horácek ist zwar gebürtiger Tscheche, stand aber auf der Kandidatenliste der deutschen Grünen. Eine nicht ganz alltägliche Konstellation also. Gerald Schubert war bei der Eröffnung dabei:
"Ich bin in Nordmähren geboren, war dann im politischen Exil und habe die Grünen mitgegründet. Durch sie war ich schon im deutschen Bundestag. Voriges Jahr haben sie mich eingeladen, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu kandidieren. Ich wurde gewählt und jetzt bin ich im Europaparlament."
Bundestagsabgeordneter war Horácek bereits Anfang der achtziger Jahre. Nach der politischen Wende in der ehemaligen Tschechoslowakei kehrte er in seine frühere Heimat zurück:
"Nach 1989 habe ich zuerst in Václav Havels Beratergremium gearbeitet. Später eröffnete ich das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Prag. Wir haben dort klassische Aufklärung betrieben, von der Ökologie bis hin zur politischen Kultur. Für mich ist es wichtig, dass ich nun hier gegenüber dem tschechischen Parlament, gerade zehn Schritte über die Straße, auch ein Büro habe. Wir wollen hier die tschechischen Grünen stärken. Ich bin auch im fünften Prager Stadtbezirk Parteimitglied, und in zwei Jahren wollen wir auch in das tschechische Parlament einziehen."
Petr Stepánek, den Leiter der Prager Stadtorganisation der hiesigen Grünen, wird's freuen. Auch er war bei der Eröffnung anwesend. Zum Umstand, dass ein deutscher Politiker nun in Prag ein Abgeordnetenbüro hat, meint er:"Die Grünen sind die erste paneuropäische Partei. Wir haben eigentlich gar keine tschechischen oder deutschen Mitglieder im engeren Sinne des Wortes. Außerdem gibt es einige Themen, die Tschechien, Deutschland und in manchen Fällen auch Österreich gemeinsam haben. Zum Beispiel die Staustufen an der Elbe, den LKW-Verkehr über die Grenze, den Missbrauch von Kindern und Frauen, und in gewissem Maße auch die ungelösten Fragen rund um den Holocaust. In all diesen Bereichen können wir die deutsche Erfahrung nutzen. Außerdem können wir diese Fragen ohne ausländische Partner gar nicht lösen. Milans doppelte Staatsbürgerschaft hat also nicht nur symbolischen Wert. Er kann hier wirklich ein großes Stück Arbeit tun."
Arbeiten muss Milan Horácek aber vor allem in Brüssel und Straßburg. Wie fühlt er sich nach den ersten Wochen als Europarlamentarier? Hervorragend, sagt Horácek. Denn:
"1983 bin ich in den Bundestag gekommen und war da der erste Fremde."
Nun aber, mit der Erweiterung der EU um 10 neue Mitgliedstaaten, gehört er erstmals zu den letzten Fremden, sagt er:
"Jetzt sind dort jetzt mehrere Hundert neue Kollegen aus insgesamt 25 Ländern zusammengekommen. Da ist jeder fremd! Und deshalb müssen sich alle miteinander bekannt machen."
Mit Horáceks Politik bekannt machen können sich die Bürgerinnen und Bürger nun in seinem neuen Prager Büro. Vorerst für die nächsten fünf Jahre.