Milan Horáček: Kandidat der ersten Stunde

Milan Horáček (Foto: Gerald Schubert)

Einer der Kandidaten bei der allerersten Europawahl im Jahr 1979 war der gebürtige Tscheche Milan Horáček. Nach der Invasion der Warschauer-Pakt-Truppen und der Niederschlagung des Prager Frühlings war er 1968 aus der Tschechoslowakei geflüchtet. In der Bundesrepublik wurde er später zum Mitbegründer der Grünen, von 2004 bis 2009 war er grüner Europaabgeordneter. Für Radio Prag erinnert er sich.

Milan Horáček  (Foto: Gerald Schubert)
1979, zehn Jahre vor dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Mittel- und Osteuropa, wurde zum ersten Mal ein Europäisches Parlament gewählt. Für eine deutsche Gruppierung namens „Sonstige Politische Vereinigung Die Grünen“ trat damals auch der Exiltscheche Milan Horáček an – zusammen mit dem Künstler Joseph Beuys auf dem vierten Listenplatz.

„Wir sind regelmäßig im Atelier von Beuys in Düsseldorf zusammengekommen und haben über die Inhalte und das Programm diskutiert. Bei der Wahl 1979 bekamen wir dann schon über drei Prozent.“

Ein Achtungserfolg zwar, aber noch konnten Horáček und seine Mitstreiter nicht ins Europäische Parlament einziehen. Zwei Jahre später wurde Milan Horáček in die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung gewählt, nach weiteren zwei Jahren kam er 1983 für die Grünen in den deutschen Bundestag.

Foto: Archiv des Europäischen Parlaments
Bei der Bundestagswahl nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 gab es für die Partei dann einen Rückschlag: Die Grünen, erzählt Horáček, hätten damals zwar einen guten Wahlkampf zu Klimapolitik und Umweltfragen geführt, aber nicht zur Wiedervereinigung. Ergebnis: In Westdeutschland blieben sie knapp unter fünf Prozent:

„Da wurde noch nicht genug verstanden, dass die Wiedervereinigung nicht irgendein reaktionärer Vorgang war, sondern eine Notwendigkeit. Wenn man die Teilung Europas überwinden wollte, dann musste man die Teilung Deutschlands überwinden.“

Europäisches Parlament  (Foto: Pavel Novák,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Im Mai 2004 trat Tschechien gemeinsam mit neun anderen Staaten der Europäischen Union bei, kurz darauf nahmen auch die Tschechen zum ersten Mal an einer Europawahl teil. Horáček jedoch trat erneut für die deutschen Grünen an – und diesmal mit Erfolg: 25 Jahre nach dem ersten Anlauf wurde er Abgeordneter des Europäischen Parlaments und der einzige Osteuropäer in der grünen Fraktion:

„Als ich 1981 ins Frankfurter Stadtparlament oder 1983 in den Bundestag gewählt wurde, war ich ein Exot, die absolute Ausnahme. Im Europäischen Parlament war es dann fast umgekehrt: Damals waren dort 25 Länder vertreten, alle waren untereinander quasi fremd, aber die meisten sahen sich als Europäer.“

Mittlerweile ist Milan Horáček im Ruhestand. Politisch umtriebig ist er allerdings nach wie vor. In Tschechien und in Deutschland, versteht sich.