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Regierungskrise: Sozialdemokraten unterstützen Gross, Koalitionsgipfel am Samstag
Vor dem am Samstag stattfindenden Koalitionsgipfel hat das Präsidium der sozialdemokratischen Partei (CSSD) am Freitagabend Premierminister und Parteichef Stanislav Gross seine Unterstützung ausgesprochen und zugleich das Auftreten von Christdemokraten-Chef und Koalitionspartner Miroslav Kalousek (KDU-CSL) als "unseriös" gebrandmarkt. Die Regierung sei funktionsfähig und in der Lage das Programm umzusetzen, sagte der CSSD-Fraktionsvorsitzende Michal Kraus auf der Pressekonferenz nach der Zusammenkunft der Parteispitze.
Auf ein gemeinsames Treffen der Gremien aller Koalitionsparteien am Samstagmorgen hatten sich Premierminister Gross und sein koalitionsinterner Widersacher Kalousek in eineinhalbstündigen Verhandlungen am Freitagnachmittag geeinigt. Ein Bruch der Koalition stehe dabei nicht auf der Tagesordnung, unterstrich Kalousek. Es handelte sich um das erste persönliche Gespräch der beiden Spitzenvertreter der größten Regierungsparteien während der Koalitionskrise der vergangenen Tage.
Der Streit zwischen Gross und Kalousek war am Dienstag ausgebrochen, als Kalousek während einer Auslandsreise des Regierungschefs verkündet hatte, dass die Affäre um undurchsichtige Immobilienfinanzierungen des Premiers und seiner Ehefrau die Handlungsfähigkeit der Regierung gefährde. Kalousek hatte dabei erkennen lassen, dass seine Partei für eine Änderung an der Regierungsspitze offen sei. Vor einem Koalitionsbruch warnte unterdessen Präsident Vaclav Klaus. Er werde keine Minderheitsregierung ernennen, deren Unterstützung im Parlament unsicher sei, sagte Klaus.
ODS: Regierung beschädigt das Ansehen Tschechiens
Das Fortbestehen der gegenwärtigen Regierungskoalition komme der Tschechischen Republik nicht zugute und beschädige das Ansehen Tschechiens im Ausland. Dies verlautete am Freitag aus Kreisen der oppositionellen Bürgerdemokraten (ODS). Zugleich forderte die ODS von den Christdemokraten (KDU-CSL) eine Erklärung für deren Verbleib in der Regierung, obwohl sie diese noch vor kurzem als handlungsunfähig und gefährlich für die Glaubwürdigkeit des Landes bezeichnet hatten. Die stärkste Oppositionspartei reagierte damit auf die sich abzeichnende Beilegung der Koalitionskrise im Zusammenhang mit der Immobilien-Affäre um Premierminister Gross. "In einem normalen demokratischen Land wäre der Regierungschef in solch einer Situation entweder zurückgetreten oder hätte zumindest die Vertrauensfrage gestellt", sagte ODS-Chef Topolanek gegenüber Journalisten. Der Vorsitzende der Christdemokraten Miroslav Kalousek bezeichnete dies als "Oppositionsrethorik".
Abfuhr für Präsident Klaus - wieder kein Treffen mit US-Präsident Bush
Der tschechische Präsident Vaclav Klaus darf am kommenden Dienstag in Brüssel nicht am Treffen der EU-Staaten mit US-Präsident George W. Bush teilnehmen. Die luxemburgische Regierung als derzeitiger EU-Vorsitzender gehe davon aus, dass Tschechien dort bereits durch Ministerpräsident Stanislav Gross vertreten werde, sagte eine Regierungssprecherin in Prag am Freitag. Klaus werde in Brüssel nicht erwartet. Das Staatsoberhaupt bemüht sich seit Monaten um ein Treffen mit Bush. Nach Angaben Prager Diplomaten beeilt sich der US-Präsident jedoch nicht mit einer solchen Begegnung, da Klaus vor einem Jahr scharfe Kritik am Irak-Krieg geäußert hatte.
ODS scheitert mit Gesetzesnovelle - Manager müssen weiter Gehälter offen legen
Die oppositionellen Bürgerdemokraten (ODS) sind am Freitag im Abgeordnetenhaus bei gleich zwei Gesetzesnovellen mit dem Versuch gescheitert, die Pflicht zur Offenlegung der Einkommensverhältnisse für Manager von Aktiengesellschaften zu beschränken. Die Veröffentlichungspflicht, die für die Manager aller börsennotierten inländischen Gesellschaften gilt, solle zu einer höheren Transparenz auf den Kapitalmärkten beitragen und stehe im Einklang mit den Empfehlungen der europäischen Union, sagte der stellvertretende Finanzminister Tomas Prouza. Die Vorschrift gilt in Tschechien seit dem EU-Beitritt im Mai 2004 und betrifft rund 135 Unternehmen.
Opfer mit Kettensäge zerstückelt - Hohe Haftstrafen nach Doppelmord
Nach einem grausamen Doppelmord im Februar vergangenen Jahres sind am Freitag in Prag die beiden 21 und 19 Jahre alten Täter zu 25 und 15 Jahren Haft verurteilt worden. Das Prager Stadtgericht sah erwiesen, dass die Männer im Februar 2004 ihre beiden Mitbewohner aus Habgier erwürgt hatten. Um ihre Opfer leichter zu beseitigen, zerschnitten sie die Leichen mit Kettensägen und warfen sie anschließend in die Toilettenspülung oder vergruben sie in einem nahen Garten. Dort waren die Leichenteile bei Bauarbeiten zufällig entdeckt worden. Einer der Täter hatte im Verhör die Bluttat gestanden.
Jiri Menzel verfilmt Hrabals "Ich habe den englischen König bedient"
Der tschechische Oscar-Regisseur Jiri Menzel ("Scharf beobachtete Züge") wird den Schelmenroman "Ich habe den englischen König bedient" des tschechischen Autors Bohumil Hrabal (1914-1997) verfilmen. Die internationale Koproduktion werde vermutlich Ende 2006 in die Kinos kommen, wurde der 66-jährige Menzel am Freitag von tschechischen Tageszeitungen zitiert. "Ich habe den englischen König bedient" gilt als einer der großen europäischen Romane. Hrabal hatte die fiktiven Erzählungen eines tschechischen Kellners erst nach der politischen Wende von 1989 unzensiert auf normalem Weg publizieren können. Um die Filmrechte gibt es seit Jahren Streit in Tschechien.
Tschechischer Historiker Kuthan erhält Herder-Preis
Der tschechische Historiker Jiri Kuthan gehört zu den diesjährigen Trägern des deutschen Herder-Preises. Die renommierte Auszeichnung wird seit 1963 von der Hambuger Alfred-Toepfer-Stiftung an jeweils sieben Persönlichkeiten aus Mittel- und Osteuropa vergeben, die sich in herausragender Weise um die Erhaltung und Mehrung des europäischen Kulturerbes verdient gemacht haben. Kuthan, der das Institut für die Geschichte der christlichen Kunst an der Prager Karlsuniversität leitet, hatte in letzter Zeit vor allem mit der Kartierung von Adelsbauten in Böhmen und Mähren auf sich aufmerksam gemacht. Der Herder-Preis ist mit 15000 Euro dotiert. Mit der Auszeichnung ist auch ein Stipendium verbunden, das einer vom Preisträger vorgeschlagenen Nachwuchskraft ein Studienjahr an einer Wiener Hochschule ermöglicht.
Blansko bemüht sich um norwegische Gelder für Renaissance-Schloss
Die südmährische Stadt Blansko möchte sich für die Renovierung ihres bedeutenden Renaissance-Schlosses um eine Unterstützung in Höhe von rund 10 Millionen Kronen, etwa 330 000 Euro, aus einem norwegischen Fonds bemühen. Norwegen ist zwar nicht Mitglied der EU, gehört aber dem europäischen Wirtschaftsraum an und unterstützt daher die neuen EU-Mitgliedsstaaten. Für das laufende Jahr hat Norwegen der Tschechischen Republik rund 110 Millionen Euro für Projekte im Bereich Umwelt und Kultur zur Verfügung gestellt. Nach Angaben der Stadt Blansko werden für laufende Reparaturen an dem Renaissance-Schloss in den nächsten Jahren rund 18 Millionen Kronen, etwa 600 000 Euro benötigt.
Zwei Jahre Haft nach schwerer Körperverletzung an Notarzt im Einsatz
Das Bezirksgericht im mittelböhmischen Rakovnik hat am Freitag einen Mann zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, der im vergangenen Jahr einen Notarzt angegriffen und krankenhausreif geschlagen hat. Der Angeklagte hat die Tat zwar eingestanden, zum Tatzeitpunkt lief jedoch noch die Bewährungsfrist einer früheren Verurteilung. Erst am Donnerstag war ein 42-jähriger im mährischen Olomouc / Olmütz tätlich geworden und hatte einem Rettungsassistenten die Hand gebrochen, als er wegen Trunkenheit ins Krankenhaus gebracht werden sollte. Nach wiederholten Übergriffen hatte das tschechische Parlament im Dezember ein Gesetz verabschiedet, nach dem körperliche Angriffe auf sich im Einsatz befindliche Feuerwehrleute, Ärzte und andere Rettungskräfte in Zukunft wesentlich härter bestraft werden sollen als bisher.
Stahlunternehmen Ispat Nova hut in Mittal Steel Ostrava umbenannt
Die ordentliche Vollversammlung der größten tschechischen Stahlgesellschaft Ispat Nova hut Ostrava hat am Freitag entschieden, das Unternehmen in Mittal Steel Ostrava umzubenennen. Die Aktionäre entschieden außerdem, aus den Statuten Ostrava / Ostrau als Firmensitz zu streichen. Der Generaldirektor der Gesellschaft Frantisek Chowaniec erinnerte die Aktionäre daran, dass die Namensumbenennung mit der kürzlich stattgefundenen Fusion der Eigentümer der Ostrauer Firmen LNM Holdings und Ispat International N.V. zur Gesellschaft Mittal Steel Company zusammenhänge. Für die nächste Zeit sei der Zusammenschluss mit der amerikanischen International Steel Group (ISG) geplant, womit die größte Stahlgesellschaft der Welt entstehen werde, sagte Chowaniec weiter.