Fußballer bezwingen England erstmals seit 44 Jahren

Foto: ČTK/Kamaryt Michal

Auch wenn in Tschechien derzeit um zwei verstorbene Künstler getrauert wird, hielt das zurückliegende Wochenende im Sport zwei stimmungsvolle Veranstaltungen bereit. Am Freitagabend empfing die tschechische Fußball-Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation die Engländer, am Sonntag fand in Pardubice die traditionsreiche Steeplechase statt.

Foto: ČTK/Kamaryt Michal

Die tschechische Fußball-Nationalmannschaft ist derzeit eine Wundertüte. Im Frühjahr startete sie mit einem 0:5-Debakel in London gegen England in die EM-Qualifikation. Nach zwei Pflichtsiegen zu Hause gegen Montenegro und Bulgarien folgte vor einem Monat der nächste Nackenschlag: In Pristina unterlag man Gastgeber Kosovo mit 1:2. Demzufolge waren die Schützlinge von Nationaltrainer Jaroslav Šilhavý im Rückspiel gegen die Engländer nur Außenseiter. Doch mit viel Einsatz und hoher Laufbereitschaft trotzten sie dem Favoriten eindrucksvoll. Bis zur 85. Minute stand es 1:1, dann kam es zur spielentscheidenden Szene:

 Harry Kane und Jakub Brabec  (Foto: ČTK/Kamaryt Michal)
„Ich bin unheimlich froh, wenn ich um mich herum lauter glückliche Menschen sehe. Mein Vater hatte sogar Tränen in den Augen, es war das erste Mal, dass ich ihn so gesehen habe. Es war ein unglaublicher Abend.“

Das sagte Siegtorschütze Zdeněk Ondrášek, denn sein Treffer zum 2:1 für die Gastgeber nach schöner Vorarbeit von Lukáš Masopust war gleichzeitig der Endstand der Partie. Das Match wurde also entschieden von einem Mann, den bis dahin keiner auf der Rechnung hatte. Nach mehreren verletzungsbedingten Ausfällen hatte Trainer Šilhavý den Stürmer aus Dallas nämlich kurzfristig nachnominiert. Doch selbst beim Training mit den Auswahlkollegen glaubte der 30-Jährige nicht daran, dass er ausgerechnet gegen England sein Debüt in der Nationalmannschaft geben würde. Šilhavý aber schickte ihn in der 65. Minute auf das Feld – für den etwas glücklosen Patrik Schick. Anschließend verriet der Coach, weshalb er sich so entschied:

 Zdeněk Ondrášek Foto: ČTK/Kamaryt Michal ()
„Ondrášek hat sich im Training sehr gut präsentiert. Er hat direkten Zug zum Tor gezeigt und war mit seinen Schüssen oft erfolgreich. Und er hat auf uns einen rundum positiven Eindruck gemacht, als wir mit ihm gesprochen haben. All diese Dinge haben mit bei meiner Entscheidung geholfen.“

Eine Entscheidung, die man schlichtweg als Glücksgriff bezeichnet. Doch nicht nur deshalb jubelten die Spieler, das Trainerteam und die Zuschauer am Ende über den wichtigen Sieg. Jakub Brabec, der mit seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1 ebenfalls sein erstes Länderspieltor erzielte, freute sich auch für Ondrášek persönlich:

„Er ist auch nicht mehr der Jüngste, doch jetzt durchlebt er gerade wohl seinen großen Traum. Ich freue mich sehr für ihn, dass ihm das gelungen ist. Er hat sein Debüt bestanden, auch weil er ein im positiven Sinn Verrückter ist. Doch gerade deswegen hat ihn der Trainer wohl auch gebracht.“

Foto: ČTK/Kamaryt Michal
Der so Gelobte erlebte die für ihn wohl bisher schönsten Minuten seiner Fußballer-Karriere fast wie in Trance. Denn nach seinem Treffer rief das ganze Stadion seinen Namen:

„Ich habe dies gar nicht gehört. Ich weiß, ehrlich gesagt nicht, wo ich in dem Moment mit meinen Gedanken war.“

Trotz der märchenhaften Geschichte rund um den Siegtorschützen: Das Wichtigste nach dem Spiel war der überaus verdiente Sieg gegen die Engländer. Das strich auch Trainer Šilhavý heraus:

„Ich denke, dass wir eine glänzende Leistung gebracht haben. Wir haben uns nicht versteckt, sondern engagiert nach vorn gespielt. Und mit dieser Spielweise haben wir auch ein solch starkes Team wie England immer wieder in Bedrängnis gebracht. Dies traf besonders in der ersten Halbzeit zu, denn da hatte England bis auf den von Kane verwandelten Strafstoß keine Chance. Nach unserer Pleite in London hatten die Engländer wohl nicht mit solch einer Gegenwehr gerechnet.“

Dies wohl auch deshalb nicht, weil die Engländer zuvor zehn Jahre lang und über 43 Begegnungen in einem Spiel zur EM- und WM-Qualifikation ungeschlagen waren. In Prag ist diese tolle Serie nun gerissen, und die tschechische Mannschaft hat die Briten das erste Mal seit dem Jahr 1975 bezwungen – damals gewann die Tschechoslowakei in Bratislava ebenfalls mit 2:1 gegen England.

Jaroslav Šilhavý und Josef Hušbauer  (Foto: ČTK/Krumphanzl Michal)
Dank des Sieges haben die Tschechen mit zwölf Punkten nicht nur zu den Engländern in der Gruppentabelle aufgeschlossen, sondern sich jetzt auch eine glänzende Ausgangsposition verschafft. In den beiden übrigen Qualifikationsspielen empfangen sie am 14. November in Plzeň / Pilsen das Team aus Kosovo, ehe sie zum Abschluss in Bulgarien antreten müssen. Coach Šilhavý wirft den Blick auch schon voraus:

„Ich bin überzeugt, dass wir unseren Weg genauso fortsetzen und Schritt für Schritt ans Ziel kommen. Wir haben einen großen Schritt in Richtung EM-Endrunde gemacht, doch natürlich müssen wir auch noch die Hürde Kosovo meistern.“

Und Mittelfeldspieler Tomáš Souček bestätigt:

„Das war nur ein weiterer Schritt. Es geht jetzt nicht darum, dass wir den Sieg und das tolle Spiel gegen England großartig feiern. Das Wichtigste ist, dass wir uns am Ende für die EM qualifizieren. Der Erfolg aber sollte uns auf dem Weg dorthin viel Selbstvertrauen geben.“

Im Falle eines Sieges über den Kosovo wäre Tschechien bereits für die Europameisterschaft qualifiziert.


Bartoš gewinnt seine dritte Steeplechase in Pardubice

Josef Bartoš mit dem neunjährigen Wallach Theophilos  (Foto:  ČTK/Vondrouš Roman)

Die Große Pardubitzer Steepĺechase  (Foto: ČTK/Taneček David)
Die Große Pardubitzer Steepĺechase gilt weltweit als eines der schwierigsten Hindernisrennen im Pferdesport überhaupt. Auch deshalb besitzt sie eine hohe Anziehungskraft. Und sie hat eine langjährige Tradition: Am vergangenen Sonntag wurde sie schon zum 129. Mal ausgetragen.

Am Start waren 20 Pferde, darunter auch der Vorjahressieger Tzigane Du Berlais mit Jockey Jan Faltejsek. Allerdings war der achtjährige Wallach nicht in bester Form angereist. Dazu erklärte dessen Besitzer Jiří Charvát vor dem Rennen:

„Die letzte Qualifikation war nicht die beste, denn das Pferd belegte nur den fünften Platz. Es ist richtig, dass es in keiner guten Form war. Darüber hinaus hatte es Koliken, Tzigane Du Berlais war deshalb zwei Wochen in einem Tierkrankenhaus in Brünn. Im Herbst aber kommt der Wallach zumeist gut in Form. Von daher denke ich, dass er besser sein wird als in der Qualifikation.“

Josef Bartoš und  Josef Váňa  (Foto: ČTK/Vondrouš Roman)
Dieser Wunsch erfüllte sich jedoch nicht, denn schon am vierten Hindernis war das Rennen für Jan Faltejsek und sein vorjähriges Siegerpferd vorbei. Beide stürzten am berühmt-berüchtigten Taxis-Graben. Dieses Hindernis war Tierschützern jahrzehntelang ein Dorn im Auge. Auf ihren Druck hin ist es mittlerweile entschärft worden.

Jan Faltejsek konnte seinen fünf Siegen in Pardubice also keinen weiteren hinzufügen. Die Gunst der Stunde nutzte ein anderer Steeplechase-Gewinner –Josef Bartoš. Mit dem neunjährigen Wallach Theophilos kam er als erster ins Ziel und eroberte somit zum dritten Mal nach 2006 und 2008 den Siegeskranz:

„Meine Gefühle übermannen mich. Auch wenn ich auf anderen Strecken ziemlich oft gewinne, die Große Pardubitzer Steeplechase ist und bleibt ein einzigartiges Rennen. Und dass mir mit 38-Jahren erneut gelungen ist, hier zu siegen, ist überwältigend.“

Dasselbe gilt für den achtfachen Steeplechase-Sieger Josef Váňa. Denn das Pferd Theophilos wird von ihm und seiner Ehefrau trainiert. Daher kann sich Váňa nun auch als Trainer schon zum elften Male mit den Siegeslorbeeren schmücken.

Foto: ČTK/Taneček David
Autor: Lothar Martin
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