Tschechen überzeugen im Fußball, Radsport und Orientierungslauf

Nach Wochen, ja Monaten der Einschränkungen als Folge der Corona-Pandemie ist auch der Sport wieder stärker in unser Alltagsleben zurückgekehrt. Sichtbarer Ausdruck dessen sind Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft oder die Tour de France. Aber auch die in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit etwas weniger beachtete WM im Orientierungslauf gehört dazu.

Fußball-EM: Tschechien scheitert erst im Viertelfinale an Dänemark

Tschechien - Dänemark | Foto: Darko Vojinovic,  ČTK/AP Photo

Bei der Fußball-Europameisterschaft steht seit Mittwochabend das Endspiel fest. Es bestreiten die beiden noch ungeschlagenen Teams aus Italien und England am Sonntag im Londoner Wembley Stadion. Die tschechische Mannschaft hat sich in diesem Turnier wacker geschlagen – sie ist erst im Viertelfinale ausgeschieden. Hierbei unterlag sie am vergangenen Samstag in Baku der Auswahl Dänemarks mit 1:2. In dieser Begegnung gerieten die Schützlinge von Trainer Jaroslav Šilhavý schon in der fünften Minute in Rückstand: Nach einer Ecke nutzte BVB-Spieler Thomas Delaney seine Narrenfreiheit im tschechischen Strafraum und köpfte ungehindert zum 1:0 für die Dänen ein. Für Torwart Tomáš Vaclík, der ein tolles Turnier spielte, war dies der Knackpunkt in der Partie:

„Schade, dass wir schon so früh das Gegentor kassiert haben. Das hat den Dänen in die Karten gespielt, denn sie konnten nun auf Konter setzen und uns dazu auch sehr hoch pressen, was ihnen liegt. Ich denke, dieses Tor hat uns unnötig zurückgeworfen, weil wir nicht konzentriert begonnen haben.“

Patrik Schick  (rechts) | Foto: Darko Vojinovic,  ČTK/AP Photo

Einen ihrer prima Konter schlossen die Dänen zudem noch vor der Pause durch Kasper Dolberg zum 2:0 ab. Fortan hatten es die Tschechen schwer, überhaupt ins Spiel zu finden. Doch nach dem Seitenwechsel setzten sie alles auf eine Karte und erzwangen durch Torjäger Patrik Schick (49.) sehr schnell das Anschlusstor. Danach aber reichte das hartnäckige Aufbäumen der Männer um Ersatzkapitän Tomáš Souček nicht mehr, um der Partie noch eine Wende zu geben. Patrik Schick:

„Wenn ich eine Sache nennen kann, die fehlte, dann war es die Kraft. Wir haben es nicht mehr geschafft, den Spielverlauf umzukehren, auch wenn wir die Dänen dann häufig in ihre eigene Hälfte gedrückt haben. Um aber noch einen überraschenden Moment zu kreieren, hatten wir nicht mehr genügend Kraft, und das war entscheidend.“

Jaroslav Šilhavý | Foto: Ozan Kose,  ČTK/AP Photo

Nach der Begegnung flossen bei einigen tschechischen Akteuren Tränen, weil sie der Ansicht waren, dass noch mehr als das Viertelfinale drin gewesen wäre. Aber auch so hat das Team von Jaroslav Šilhavý bei der EM überzeugt, denn nach der Gruppenphase konnte es sich von Spiel zu Spiel steigern. Deshalb sparte der Chefcoach nach dem letzten Auftritt auch nicht mit Lob:

„Ich muss unbedingt die Einstellung der Spieler hervorheben, wie sie das alles gemeistert haben. Wir haben über einen Monat lang alle Restriktionen und Empfehlungen in der Corona-Bubble eingehalten. Dazu mussten wir ständig zu den Spielorten an- und abreisen, und das oft bei heißem Wetter. Der eine hat das nicht so gut verkraftet, der andere etwas besser.“

Vladimír Darida | Foto: Ailura,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0 AT

Und der etatmäßige Kapitän Vladimír Darida ergänzt:

„Weil wir eine tolle Truppe waren, haben wir bei der EM überzeugt. Dieses Turnier wird daher wohl allen im Team stets in guter Erinnerung bleiben.“

Die nächsten Aufgaben für die Mannschaft stehen schon in zwei Monaten an, wenn die WM-Qualifikation fortgesetzt wird. Dann aber bereits ohne den Mittelfeldspieler von Hertha BSC. Nach dem Ausscheiden bei der EM hat Darida nämlich seine Nationalmannschaftskarriere beendet. Sein Nachfolger als Kapitän wird Tomáš Souček, der bei West Ham United unter Vertrag steht.


Tour de France: Vakoč erfüllt Helfer-Rolle exzellent

Tour de France | Foto: Daniel Cole,  ČTK/AP Photo

Im vergangenen Jahr musste auch die berühmte Tour de France dem Coronavirus Tribut zollen – sie wurde um zwei Monate verschoben und erst im September gefahren. In diesem Jahr aber wurde der 108. Jahrgang der großen Frankreich-Schleife wegen Olympia sogar etwas früher als gewohnt begonnen, der Start erfolgte am 26. Juni in Brest. Das Rennen haben 23 Teams aufgenommen, darunter auch der belgische Rennstall Alpecin Fenix, der sich durch seine guten Vorjahresergebnisse in der zweiten Division für die diesjährige Tour qualifiziert hat. In dem Team steht auch der einzige Tscheche, der die Rundfahrt in diesen Tagen absolviert: Es ist der Prager Petr Vakoč.

Kurz vor dem Tour-Start sagte der 28-Jährige, dass seine Equipe angetreten sei, um einige Flachetappen zu gewinnen und – wenn es gut läuft – auch einige Tage im Besitz des Gelben Trikots sein wolle. Seine eigene Rolle beschrieb er so:

Petr Vakoč | Foto: Bruce Baker,  Flickr,  CC BY 2.0

„Möglicherweise wird es ein paar Etappen geben, bei denen ich die Chance habe, in eine Ausreißer-Gruppe zu gelangen und ein gutes Tagesergebnis zu erzielen. Meine Hauptrolle aber ist es, das Peloton zu kontrollieren, Fluchtattacken zu unterbinden und Mathieu dabei zu unterstützen, im Schlussteil der Etappe in eine aussichtsreiche Position zu kommen.“

Vakoč erfüllt seine Aufgabe bisher exzellent, und das junge Alpecin-Fenix-Team schlägt sich ebenfalls sehr gut. Team-Leader Mathieu van der Poel gewann die zweite Etappe, Petrs und Mathieus Mannschaftskollege Tim Merlier aus Belgien dann die dritte. Das quittierte Vakoč mit den Worten:

„Im Team haben wir uns riesig darüber gefreut, dass unsere hohen Erwartungen für das Auftakt-Wochenende in Erfüllung gingen und Mathieu das Gelbe Trikot erobert hat. Bei unserer Tour-Premiere einen solchen Erfolg zu haben, das ist schon unglaublich. Ich denke, das war auch einer der Hauptgründe dafür, dass wir genauso die nächste Etappe gewinnen konnten.“

Mathieu van der Poel | Foto: Benoit Tessier,  ČTK/AP Photo

Doch es kam noch besser. Van der Poel verteidigte das Gelbe Trikot des Rennführenden letztlich an den folgenden fünf Renntagen einschließlich des Zeitfahrens auf der fünften Etappe. Vakoč war jedoch von Anfang an vom Niederländer überzeugt:

„Er ist ein cooler Typ und sehr kameradschaftlich. Er ist locker und nervenstark, was er oft in der Endphase einer Etappe beweist, bei der er sich meist selbst zu helfen weiß. Daher gibt es im Team auch kaum Stress, jeder von uns weiß, was er zu tun hat.“

Petr Vakoč | Foto: Dave Haygarth,  Flickr,  CC BY 2.0

Vakoč selbst ist ebenso mit sich im Reinen, denn bisher läuft auch bei ihm „alles nach Plan“. Das betrifft etwa das Zeitfahren. Zwar belegte er da nur Rang 126. Für ihn sei jedoch etwas anderes als die Platzierung maßgebend gewesen, schilderte der 28-Jährige:

„Der heutige Tag stand unter dem Motto, Kräfte zu sparen. Trotzdem musste ich immer noch so um die 90 Prozent meines Potenzials abzurufen, um sicher zu gehen und in der Karenzzeit zu bleiben. Es war also keine Spazierfahrt, doch im Rahmen des Möglichen habe ich mir die Kraft für die weiteren Etappen aufgehoben.“

Tim Merlier | Foto: Jérémy-Günther-Heinz Jähnick,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0

Und die wird Petr Vakoč jetzt auch brauchen, zumal sein Team seit den beiden Alpen-Etappen am vergangenen Wochenende dezimiert ist. Denn beide Etappensieger von Alpecin Fenix haben die Tour bereits beendet. Van der Poel, weil sich die Niederländer ab sofort voll und ganz auf die Olympischen Spiele in Tokio konzentrieren will, wo er im Mountainbike-Rennen an den Start gehen wird. Merlier aber musste nach einer schmerzhaften Verletzung aufgeben. Vakoč sieht daher seine Chance nun gekommen, auch einmal in einer Ausreißer-Gruppe zu fahren, die das Hauptfeld aufgrund der großen Rückstände zur Spitze des Pelotons gewähren lässt. Besonders auf der 14. Etappe am Samstag rechnet sich Vakoč dabei eine Chance auf eine vordere Platzierung aus.


WM im Orientierungslauf mit anspruchsvollem Profil und mit Zuschauern

WM im Orientierungslauf | Foto: Ondřej Hájek,  ČTK

Der Orientierungslauf (OL) ist eine Laufsportart. Im Gelände werden mehrere Kontrollpunkte festgelegt, die mit Hilfe von Landkarte und Kompass gefunden werden müssen. Dabei wählt der Läufer die für ihn optimale Route selbst. Gewinner ist der- oder diejenige, der oder die die Tagesroute am schnellsten durchläuft und dabei keinen einzigen Kontrollpunkt auslässt.

Dieser Sport erfreut sich in Tschechien zunehmender Beliebtheit, auch weil er inmitten schöner Natur ausgeübt wird. Nach 13 Jahren findet dieser Tage hierzulande wieder eine Weltmeisterschaft im Orientierungslauf statt. Und sie erfülle alle Erwartungen an ein anspruchsvolles Streckenprofil, versicherte Renndirektor Jan Picka schon vor dem ersten Wettbewerb:

WM im Orientierungslauf | Foto: Radek Petrášek,  ČTK

„Gemeinsam mit Sportdirektor Daniel Wolf habe ich wirklich das unserer Meinung nach schwerste Terrain ausgesucht, das man für unseren Sport in Tschechien finden kann. Der Weg der WM-Starter führt folglich über sandiges Gelände sowie entlang schwieriger felsiger Abschnitte, wie man sie kaum in der Welt antrifft. Für viele Wettkämpfer, vor allem für die ausländischen, ist dieser Streckenverlauf tatsächlich ungewöhnlich.“

In der Tat wurde und wird bei dieser WM auf sehr abwechslungsreichen Kursen gelaufen. So wurden die Sprintwettbewerbe am vergangenen Samstag in Terezín / Theresienstadt absolviert, während die Staffel-Konkurrenz am Sonntag in der wunderschönen Umgebung des Mácha-Sees unweit der nordböhmischen Stadt Doksy / Hirschberg über die Bühne ging. Seit Dienstag sind die sogenannten Walddisziplinen im Gange, deren Austragungsorte Smržovka / Morchenstern im Isergebirge sowie das anmutige und zum Teil felsige Kokořín-Tal unweit von Mělník sind. Das WM-Programm umfasst fünf verschiedene Wettbewerbe, von denen der Sprint, die Kurzstrecke und die klassische Strecke sowohl für Männer als auch Frauen getrennt gewertet werden. Bei den Staffel-Konkurrenzen im Sprint und auf der Normalstrecke treten beide Geschlechter gemeinsam an.

Tereza Janošíková | Foto: Radek Petrášek,  ČTK

Wegen Corona war die WM 2020 auf den Sprintstrecken ausgefallen, sie hätte ursprünglich in Dänemark stattfinden sollen. Daher wurden diese Disziplinen kurzerhand den Titelkämpfen in Tschechien beigefügt. Doch noch mehr als über die Ausweitung des Wettbewerbsprogramms freut sich die tschechische Starterin Tereza Janošíková darüber, dass zur Heim-WM auch wieder Zuschauer zugelassen sind:

„Ich bin hocherfreut, dass es geklappt hat, wenigstens ein paar Fans an der Strecke zuzulassen. Darum glaube ich, dass wir eine tolle Atmosphäre haben werden. Leider ist es aber nicht gestattet, dass wir uns nach dem Rennen mit den Fans treffen, denn wir müssen sofort zurück in unsere Bubble. Doch auch so wird diese WM bestimmt ein Erlebnis sein.“

Vojtěch Král | Foto: Radek Petrášek,  ČTK

Und das war sie dann auch schon an den ersten zwei Renntagen, die in verhältnismäßig flachem Terrain ausgetragen wurden. Im Sprint hatte sich insbesondere Vojtěch Král, der in der Weltrangliste am besten platzierte Tscheche, einiges erhofft:

„Im Sprint läuft es schon länger ziemlich gut bei mir. In der Weltrangliste stehe ich mittlerweile schon auf Platz vier, von daher rechne ich mir hier auch Medaillenchancen aus.“

Králs Hoffnungen zerstoben indes wie eine Seifenblase, denn er belegte am Ende nur den für ihn enttäuschenden elften Platz. Zwei Ränge vor ihm landete mit Jakub Glonek der an diesem Tage beste Tscheche. Bei den Frauen kamen Tereza Janošíková und Adéla Indráková auf den Plätzen 14 und 16 ins Ziel. In der Sprintstaffel erreichte das tschechische Team den fünften Rang.

Matthias Kyburz | Foto: Radek Petrášek,  ČTK

Dass der Orientierungslauf ursprünglich in Skandinavien erfunden wurde und dort mittlerweile den Status eines Volkssports genießt, belegt auch diese WM. So hat die Schwedin Tove Alexandersson bereits drei Goldmedaillen erkämpft, und zwar im Sprint, auf der Kurzstrecke und mit ihren Landsleuten in der Sprintstaffel. Den Titel im Sprint der Männer gewann ihr Landsmann Isac von Krusentiern. Lediglich auf der Kurzstrecke der Männer setzte sich mit dem Schweizer Matthias Kyburz ein Nicht-Skandinavier durch. Am Donnerstag und Freitag wird die Weltmeisterschaft mit den Wettbewerben über die klassische Distanz beendet.

Autoren: Lothar Martin , Jan Suchan , Jan Pěruška , Pavel Tylšar
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