Regierung in Prag trifft Vorsorge für harten Brexit
Am 29. März ist Stichtag – denn spätestens da sollte das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union austreten. Doch niemand weiß bisher, ob es einen geordneten oder einen harten Brexit geben wird. In Tschechien versucht man sich auf beide Varianten einzustellen.
„Für diese Übergangszeit werden alle Rechte für die in Tschechien lebenden Briten aufrechterhalten. Dazu gehören die Berechtigung für einen dauerhaften Aufenthalt, die Möglichkeit der Eheschließung, die Beantragung der tschechischen Staatsbürgerschaft, der Abschluss einer Rentenzusatzversicherung, der Erhalt der Arbeitserlaubnis sowie die Anerkennung der erlangten Qualifikationen.“
Die Sonderregelung wurde vom Innenministerium in Zusammenarbeit mit weiteren Behörden ausgearbeitet. Die tschechische Seite will damit erreichen, dass eine analoge Handhabe auch von den Briten für die rund 40.000 in Großbritannien lebenden Tschechen getroffen wird. Wie Innenminister Hamáček betonte, sei dies eine Bedingung, dass die tschechische Regelung auch umgesetzt wird. Zuvor muss sie noch vom Abgeordnetenhaus gebilligt werden.Wie die Politik macht sich auch die tschechische Wirtschaft zunehmend Gedanken, wie es nach dem Brexit weitergehen soll. Am Montag hat die tschechische Handelskammer dazu eine Erklärung veröffentlicht. Darin wurde der Wunsch geäußert, dass auch bei einem harten Brexit der Handel zwischen Großbritannien und der EU fürs erste weiter ohne Zölle und lange Kontrollen an den Grenzen fortgesetzt werden sollte. Großbritannien sei für Tschechien ein wichtiger Exportpartner, sagt Handelskammer-Präsident Vladimír Dlouhý. Doch es gehe nicht nur um direkte Ausfuhren. Viele tschechische Firmen liefern Komponenten beispielsweise nach Deutschland, wo sie weiter verarbeitet werden. Von dort aus werden die Fertigprodukte dann auf die Insel exportiert. Von daher könne der ungeregelte Brexit auch Firmen treffen, die derzeit gar nichts davon ahnen, warnte Dlouhý.
Welche Auswirkungen der Brexit letztlich haben wird, dies wüssten auch die Briten nicht. Dies sagte die anerkannte tschechische Architektin Eva Jiřičná am Mittwoch im Tschechischen Fernsehen. Jiřičná lebt seit 1968 in London. Eine vergleichbare Situation hätten auch ältere Bürger des Königreichs noch nicht erlebt, bemerkte die 79-Jährige. Aus eigener Erfahrung aber könne sie sich das ziemlich ambivalente Verhältnis der Briten zu Europa gut erklären:„Einige Engländer haben immer noch das Gefühl, dass sie eine Weltmacht seien. Und das wird sich wohl auch nicht ändern, bevor diese Generation nicht ausstirbt. Und da sind noch die Anderen, die das Gefühl haben, sie sind etwas Besonderes. Denn man sei schließlich durch das Meer von den anderen Europäern getrennt. Die Insel und Europa betrachteten sie deshalb stets als etwas, was ihnen nicht so recht in den Kram passt.“
Noch steht die Entscheidung aus, für welche Form des Brexits sich die Abgeordneten in London entscheiden werden. Die Verlierer würden aber schon jetzt feststehen, sagt die Architektin Jiřičná. Und dies seien die jungen Briten. Bestimmt 90 Prozent der Studenten, die sie in London unterrichtet hat, hätten ihr gegenüber geäußert, dass sie den Brexit und dessen Folgen für unglücklich halten, so Jiřičná.