Von der Partei- zur Regierungskrise? Premier Sobotka bildet Kabinett um
Lange Gesichter gab es auf den Wahlpartys der Sozialdemokraten nach den Regional- und Teilsenatswahlen im vergangenen Monat. Die einst in den Regionen dominante Partei verlor einen Kreis nach dem anderen. Der sozialdemokratische Premier zieht nun personelle Konsequenzen und tauscht zwei Minister aus. Doch könnte auch noch mehr dahinter stecken.
Premier Bohuslav Sobotka gab sich teilweise selbst die Schuld an dem schlechten Abschneiden seiner Partei bei den Urnengängen. Immerhin galten die Wahlen als Stimmungstest für die Parlamentswahlen im Herbst kommenden Jahres. Deshalb hat er sich entschieden, den sozialdemokratischen Teil der Koalitionsregierung unter die Lupe zu nehmen. Er wolle die Minister austauschen, die müde geworden seien in ihrem Amt, schrieb der Premier und Sozialdemokraten-Chef in einem internen Brief an seine Parteikollegen. Namen möchte er soweit noch nicht nennen, sagte der Premier noch Anfang vergangener Woche. Er wolle sich mit allen sozialdemokratischen Ministern treffen und sich so ein Bild machen.
Die Entscheidung aber, welche Minister ausgewechselt werden sollen, kam nun doch früher. Ende vergangener Woche wurde das zuständige Parteigremium über die Personalien informiert, am Sonntag gab auch Präsident Miloš Zeman sein Ja-Wort: Zum 30. November sollen Menschenrechtsminister Jiří Dienstbier und Gesundheitsminister Svatopluk Němeček die Regierungsbank verlassen. Das Gesundheitsressort soll in Zukunft der jetzige Leiter des Prager Universitätsklinikums Motol, Miloslav Ludvík, leiten. Das Ressort Menschenrechte geht an den Abgeordneten Jan Chvojka. Dieser ist der Vater des als Lex Babiš bekanntgewordenen Gesetzes zu Interessenkonflikten von Regierungsmitgliedern. Während sich Němeček sich mit seinem Los abfindet, reagiert Dienstbier verschnupft. Er weist auf innerparteiliche Gräben hin bei den Sozialdemokraten. Eine Art Bauernopfer soll er geworden sein:„Der Premier hat meine Abberufung mir gegenüber mit Spannungen innerhalb der Partei begründet. Im Grunde gab es keine Probleme mit meiner Arbeit oder auch der Arbeit von Minister Němeček. Es waren keine Beschwerden in diese Richtung zu hören. Unsere Abberufung erfolgte, weil ein Teil der Parteifunktionäre dies gefordert hat.“
Laut Dienstbier befinden sich die Sozialdemokraten zurzeit in einem schweren Richtungsstreit:
„Ich denke, dass sich hinter der Regierungsumbildung eine größere strategische Absicht verbirgt. Premier Sobotka hat sich sicher überlegt, welche Themen er bis zu den kommenden Wahlen artikulieren möchte und welche Bevölkerungsschichten er dazu ansprechen will. Die personellen Änderungen führt er so durch, damit es in diese Strategie passt.“Sobotka begründet die Abberufung Dienstbiers hingegen damit, dass die Arbeit des Ministers unverständlich für die Bevölkerung gewesen sei. Sein Nachfolger solle deshalb umso besser mit der Öffentlichkeit kommunizieren, so der Premier.
Laut Koalitionsvertrag kann Premier Sobotka nur seine eigenen, sozialdemokratischen Minister austauschen. Dennoch forderte er auch die anderen beiden Koalitionsparteien auf, ihre Personalpolitik zu überdenken. Ein möglicher Kandidat für einen Wechsel ist der Christdemokrat und Kulturminister Daniel Herman. Dieser ist durch sein Treffen mit dem Dalai Lama und der Causa Jiří Brady zum Spannungspunkt zwischen der Regierung und dem Präsidenten geworden.Direkt angesprochen hat Premier Sobotka die Absetzung eines anderen Ministers: des Verkehrsministers Dan Ťok aus der zweitstärksten Koalitionspartei Ano. Dieser ist vor allem mit dem Streit um die Lkw-Maut in Tschechien problematisch geworden.Für die Parteichefs von Ano und Christdemokraten kommen Änderungen in ihren Teams jedoch nicht in Frage.