Tschechien bekommt Ausnahmebewilligung von EU für wichtige Verkehrsbauten
Beim aktuellen EU-Sommergipfel in Brüssel ist der Brexit das beherrschende Thema. Am Rande des Gipfels fanden aber auch bilaterale Verhandlungen statt. Dabei ist es dem tschechischen Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) gelungen, mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Ausnahmeregelung zur Finanzierung von wichtigen Verkehrsbauten zu erzielen.
„Wenn es uns nicht gelungen wäre, mit der Europäischen Kommission diese Vereinbarung zu erzielen, dann hätten wir mindestens ein Jahr lang auf das Gutachten der völlig neuen Umweltverträglichkeitsprüfung für die Autobahnbauten warten müssen. Ein Jahr ist dabei die Mindestfrist.“
Zu den wichtigen Bauvorhaben, denen jetzt eine erneute Umweltprüfung erspart bleibt, gehören beispielsweise die Fertigstellung des letzten Abschnitts der Autobahn D11 oder die Umgehung von České Budějovice / Budweis. Zugleich müssten Legislative und Exekutive sofort aktiv werden, so Sobotka:„Ziel der Regierung ist es, sehr zügig zu handeln. Nach der mit der Kommission getroffenen Vereinbarung muss schnellstmöglich eine Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfung im Parlament verabschiedet werden. Zudem benötigen wir eine Bewilligung des Umweltministeriums für die Ausnahmeverfahren. Danach können die Aufträge ausgeschrieben und 2017 mit dem Bau begonnen werden.“
Bei allen anderen Verkehrsprojekten, die bereits begonnen wurden oder geplant sind, wird die EU-Kommission indes kein Auge mehr zudrücken, heißt es. Und das ist gut so. Denn so könnte man sich in Zukunft auch solche unliebsamen Nachbesserungen ersparen, wie sie beim Bau der Autobahn D8 von Prag zur Grenze mit Sachsen nötig sind. Im Bauabschnitt Böhmisches Mittelgebirge war es dort im Juli 2013 zu einem gewaltigen Erdrutsch gekommen, die Folge waren zusätzliche Aufräumarbeiten und eine weitere Verzögerung des Baues. Dies hätte man vermeiden können, wenn man auf die Experten gehört hätte. Die Fachleute hatten erklärt, die künftige Autobahn führe durch instabiles Gelände, bedingt durch einen schlecht gesicherten Steinbruch. Stattdessen wurden diese Warnungen in mehreren Gutachten nicht berücksichtigt, darunter auch die zu lasch betriebene Umweltverträglichkeitsprüfung. Dadurch sind nun auch hohe Mehrkosten entstanden, sagt Verkehrsminister Dan Ťok:
„Wegen des Erdrutsches hat sich der Bau um rund eine Milliarde Kronen verteuert. Das sind die Kosten für die Beseitigung der Erdmassen und die Sanierung des Geländes.“Umgerechnet also 37 Millionen Euro mehr für einen 13 Kilometer langen Teilabschnitt, an dem nun bereits fast zehn Jahre lang gebaut wird – immer wieder unterbrochen durch berechtigte Einsprüche von Umweltschützern. Nun aber glaubt auch Verkehrsminister Dan Ťok fest daran, dass der Fertigstellung der Autobahn D8 nichts mehr im Wege steht. Am Dienstag erklärte er:
„Der Erdrutsch sollte der Freigabe des letzten Abschnitts der Autobahn D8, die für dieses Jahr geplant ist, nun nicht mehr im Wege stehen. Ich werde demnächst zwischen zwei Terminen für die feierliche Übergabe des Teilstücks entscheiden: Es sind der 10. oder der 17. Dezember. Wahrscheinlicher aber ist der 17. Dezember.“