Minister Babiš und Chovanec wollen Steuersündern auf den Pelz rücken

Photo: Barbora Kmentová

In Deutschland schlägt derzeit der Prozess gegen Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München, ziemlich hohe Wellen. Hoeneß wird der Steuerhinterziehung in großem Stil bezichtigt – eine Straftat, die auch eine längere Freiheitsstrafe für den Angeklagten nach sich ziehen kann. Wäre ein solcher Prozess auch in Tschechien denkbar? Wohl kaum. Aber es gibt neue Hoffnung.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
In Tschechien ist der Straftatbestand der Steuerhinterziehung bisweilen nicht klar definiert. Es heißt, dass die Grenze zwischen einer erlaubten Steuerabschreibung und den fingierten Methoden zur Erzielung einer Steuerverkürzung noch ziemlich fließend ist. Durch Steuerhinterziehung aber würden dem tschechischen Staat jährlich umgerechnet mehr als 1,1 Milliarden Euro entgehen, so die Schätzungen. Doch laut Finanzminister Andrej Babiš ist der Fehlbetrag noch weit höher. Einer aktuellen Studie zufolge, die Babiš vorliegt, sollen der tschechischen Wirtschaft weitere 3,7 Milliarden Euro verloren gehen durch so genannte Karussell-Geschäfte. Der Steuerexperte der Finanzberatungsfirma KPMG, Jan Linhart, erläutert:

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„Ein Karussell-Geschäft funktioniert wie folgt: Binnen weniger Augenblicke durchläuft eine Transaktion eine Kette mehrerer Firmen. In dieser Kette gibt es stets eine Firma, die die Mehrwertsteuer nicht an den Staat abführt und an deren Ende steht wiederum eine Firma, die beim Staat eine Steuerermäßigung geltend macht. Das bedeutet, dass der Staat de facto um die Mehrwertsteuer gebracht wird, die er eigentlich aus dem Verkauf der Ware in diesem Karussell-Geschäft beziehen müsste.“

Jan Linhart  (Foto: ČT24)
Das sei indes nicht der einzige Schaden, den ein Karussell-Geschäft auf dem tschechischen Markt hinterlasse, ergänzt Linhart:

„Die Folge eines Karussell-Geschäfts ist nicht nur die, dass dem Staat die Mehrwertsteuer vorenthalten wird, sondern auch der Handel mit der Ware selbst wird beeinflusst. Durch das Verschieben der Ware innerhalb der Firmenkette kommt sie letztlich unter ganz anderen Voraussetzungen auf den Markt. Mit anderen Worten: Die so auf den Markt gebrachte Ware schadet den seriösen Geschäftsleuten, denn der jeweilige Betrüger ist in der Lage, Waren aus dem Karussell-Geschäft weit billiger anzubieten.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Auch Linhart ist der Meinung, dass die Verluste des Staates durch solche und andere Praktiken der Steuerkriminalität bei umgerechnet zwei bis drei Milliarden Euro liegen. Finanzminister Babiš will dieser Kriminalität jedoch jetzt einen Riegel vorschieben

„Es geht weniger um die Eintreibung der Mehrwertsteuer. Wir wollen vielmehr verhindern, dass sich kriminelle Gruppen am finanziellen Staatssäckel bedienen, ohne das wir darauf Einfluss haben.“

Milan Chovanec  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Den kriminellen Betrügereien mit der Mehrwertsteuer wie auch der Verbrauchersteuer will der Finanzminister unter anderem mit einem Firmenkonten-Register entgegentreten, das von der Tschechischen Nationalbank erstellt werden soll. Einen entsprechenden Gesetzvorschlag will er schon bei der nächsten Kabinettssitzung einbringen. Unterstützt wird Babiš dabei von Innenminister Milan Chovanec:

„Wir haben der Bevölkerung einen funktionierenden Staat versprochen. Daher ist es unmöglich, dass der Staat von seinen Bürger Steuern einfordert, auf der anderen Seite aber nicht imstande ist, das relativ hohe Maß an Steuerbetrug effektiv zu bekämpfen.“

Miroslav Kalousek  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Einführung eines Firmenkonten-Registers soll nun ein erster Schritt sein, um diesen Kampf auch erfolgreich führen zu können. Doch obwohl der detaillierte Vorschlag des Finanzministers dazu noch nicht auf dem Tisch liegt, meldeten sich auch schon kritische Stimmen. Zum Beispiel die von Babiš-Vorgänger und Top 09-Vizechef Miroslav Kalousek:

„In seiner Grundidee unterstütze ich diesen Vorschlag, denn er zielt in die richtige Richtung. Der Teufel steckt allerdings im Detail. Ich möchte nur betonen: Priorität muss der Schutz der Daten vor Missbrauch haben.“

Uli Hoeneß  (Foto: ČTK)
Sicher wird der Hoeneß-Fall auch in Tschechien aufmerksam verfolgt unter dem Blickwinkel, wie man Steuersündern noch näher auf den Pelz rücken kann. Wichtiger aber ist, dass man jetzt auch hierzulande energischer und konsequenter gegen die Steuerkriminalität vorgehen will.