Tschechiens Außenminister: Ich verstehe Trauer von Deutschen

Anlässlich des 60. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs hat der tschechische Außenminister Cyril Svoboda Deutschland als "friedliebenden und zutiefst demokratischen Staat" gewürdigt. Es gebe zwar "keinen Zweifel, wer damals Aggressor und wer Okkupierter gewesen" sei, sagte der Christdemokrat der dpa in Prag. Er könne aber verstehen, dass Deutsche am 8. Mai auch an eigene Opfer denken würden: "Ich kann mir die Trauer einer deutschen Mutter vorstellen, die ihren Sohn verloren hat. Mir haben hier die Erzählungen von Heinrich Böll die Perspektive auf das Leid der anderen Seite eröffnet, ohne dass man Geschichte umschreiben kann."

Er sei völlig einverstanden, dass der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder am Montag in Moskau am internationalen Gedenkakt zum Kriegsende teilnehme, unterstrich Svoboda: "Es ist sehr gut, wenn sich ehemalige Feinde treffen." Der 48-Jährige lobte auch die Einrichtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin, das am Dienstag eröffnet wird: "Über die Erinnerung an die erschütternde Tatsache des Holocaust hinaus sehe ich darin eine Warnung, dass keine Demokratie vor Bedrohungen sicher ist."

Hingegen äußerte sich Svoboda skeptisch über das von deutschen Vertriebenenverbänden in Berlin geplante "Zentrum gegen Vertreibungen". Er habe gewisse Zweifel, ob nicht die Zwangsumsiedlung der Deutschen im Mittelpunkt stehen wird. "Das wäre selbstverständlich ein falscher Blick auf die Geschichte", sagte Svoboda.

Autor: Lothar Martin