Projekt "Pospolu" soll Berufsausbildung näher an die Praxis führen
Eines der vielen kleinen Erfolgsgeheimnisse der deutschen Wirtschaft ist das duale System. Durch dieses System werden Berufsschüler sehr praxisnah ausgebildet und können sich oft schneller und besser in ihr späteres Berufsleben integrieren. In Tschechien soll nun ein ähnliches Ausbildungssystem auf die Beine gestellt werden, das Projekt „Pospolu“. Es wird vom Ministerium für Schulwesen, Jugend und Sport (MŠMT) und dem Nationalinstitut für Ausbildung (NÚV) umgesetzt. Die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer (DTIHK) und der Verband für Industrie und Verkehr (SP) vertreten im Rahmen der Sozialpartnerkommission beim Projekt die Arbeitgeberseite. Der Präsident der DTIHK, Rudolf Fischer, stand Radio Prag zu dem neuen Projekt Rede und Antwort.
„Die Pilotphase beginnt im September 2013 und endet voraussichtlich im Januar 2015. Sie soll in allen Regionen der Tschechischen Republik anlaufen. Doch bezieht sich diese Pilotphase momentan nur auf technische Berufsbilder. Im Rahmen einer sogenannten Vorbereitungsphase für dieses Pilotprojekt hat man verschiedene Ausbildungsgruppen wie Maschinenbauer, Elektrotechniker oder Mechatroniker anhand verschiedener Modelle der Zusammenarbeit definiert. Im Anschluss daran wurde festgelegt, wie und in welcher Form die theoretische und die praktische Ausbildung zukünftig stattfinden soll. Das übergeordnete Ziel ist es, die Modelle auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen. Für ´Pospolu´ können sich Berufsschulen, Fachmittelschulen und entsprechende Firmen bewerben. Die Bewerbungsphase endet nach der ersten Augustwoche. Danach werden 25 Partnerschaften, sprich: Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen festgelegt, die in der Pilotphase umgesetzt werden sollen.“
Wird es schon nach Ablauf der Pilotphase eine erste Auswertung darüber geben, ob die Vorgaben erreicht wurden? Wann wäre für Sie diese Phase als erfolgreich einzustufen und wann nicht?„Es ist vorgesehen, dass nach Ablauf der Pilotphase die Erfahrungen und Ergebnisse beider Seiten ausgewertet werden. Daraus würden sich eventuelle notwendige Änderungen ergeben und in die Modelle einfließen, gegebenenfalls würde das Modell überarbeitet werden. Aus diesen Modellen entstehen die sogenannten künftigen Kooperationsmodelle, die der Regierung zunächst vorgestellt und im Idealfall von dieser verabschiedet werden. Ein erster großer Erfolg wären zahlreiche Bewerbungen für die Pilotphase. Besonders wünschenswert wären die Etablierung dieses Ausbildungsmodells in den Unternehmen und die aktive Mitwirkung der Firmen bei der Umsetzung der Ziele des Projekts. Im besten Falle würden sich diese Elemente in einem dualen Ausbildungsmodell etablieren. Ein Zeichen des Erfolges wäre die Einführung eines round table, einem runden Tisch, bestehend aus Vertretern der Regierung, der Unternehmen, der Verbände, der Gewerkschaften und der Berufsschulen, um eine Art Verpflichtung zu dem Projekt zu symbolisieren und es langfristig zum Erfolg zu führen.“
Wie wollen Sie als Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer, der ja über 500 freiwillige Mitglieder angehören, dazu beitragen, dass die Pilotphase und so auch das gesamte Projekt ein Erfolg wird?„Wir haben in der Vergangenheit das Thema der praxisbezogenen Ausbildung sehr konsequent und vehement voran getrieben. Ich möchte hier die aktive Rolle meiner Vorgänger hervorheben. In zahlreichen Diskussionen mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik wurde diese Angelegenheit oft thematisiert. Es wurde versucht, Koalitionen mit anderen tschechischen Verbänden einzugehen, um ein stärkeres Gehör bei der Regierung zu erlangen. Dabei nutzte die DTIHK ihre guten Kontakte zu Vertretern aus der Schweiz, aus Österreich als auch direkt zum tschechischen Industrieverband. Direkt auf ´Pospolu´ bezogen hat der Vizepräsident des DTIHK, Pavel Roman, sehr aktiv im letzten Jahr an den Workshops mitgewirkt. Im April 2013 wurden die Mitglieder des Arbeitskreises ´Pospolu´ nach Regensburg zur dortigen IHK eingeladen. Zudem besichtigten sie dort zwei Firmen, in denen das duale Ausbildungsprinzip angewendet wird. Der Bewerbungsphase ging ein Anschreiben an unsere Mitglieder voraus, verbunden mit der Bitte, sich aktiv in dieser Phase zu engagieren. Wir baten die Kollegen aus Verbänden und Kammern in Tschechien, auch deren Mitglieder zu motivieren und am Projekt teilzunehmen. Abschließend ging eine Pressemitteilung heraus, um das Projekt öffentlich zu verbreiten.“
Aus welchen Quellen wird das Projekt finanziert? Nach welchen Kriterien wird das Geld aufgeteilt?„Das Projekt ´Pospolu´ wird aus dem europäischen Sozialfond mit einer Summe in Höhe von 106 Millionen Kronen finanziert. Für die Bewerbungsphase sind 45 Millionen Kronen vorgesehen und für jede der 25 beabsichtigten Partnerschaften je 1,75 Millionen Kronen. Zudem gab es Zugeständnisse der vorherigen Regierung in Bezug auf Steuererleichterungen für die am Projekt beteiligten Unternehmen. Wir hoffen deswegen auch auf die Unterstützung der jetzigen Regierung und auf eine positive Zukunft für ´Pospolu´.“
Was bedeutet das Wort „Pospolu“ eigentlich?
„Es ist eine Kombination der tschechischen Wörter ´podpora´ und ´spolupráce´, also die Unterstützung und die Zusammenarbeit. ´Pospolu´ soll letztendlich die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen fördern.“