Präsident Zeman reizt hoch: Premier Rusnok soll Land zu Neuwahlen führen
Tschechien hat wieder einen Premierminister. Es ist der Ökonom und ehemalige Finanzminister Jiří Rusnok. Der 52-Jährige wurde am Dienstag von Staatspräsident Miloš Zeman ernannt. Der parteilose Wirtschaftsfachmann soll ein Expertenkabinett zusammenstellen und das Land zu vorgezogenen Neuwahlen führen. Dafür müssen er und sein Kabinett jedoch binnen 30 Tagen das Vertrauen der Abgeordneten erlangen. Die Parlamentsparteien haben indes allesamt ausgeschlossen, eine solche Regierung zu unterstützen.
„Ich danke Ihnen, dass Sie mein Angebot angenommen haben, Premier der Tschechischen Republik in einer sehr schwierigen Zeit zu werden.“
Diese schwierige Zeit sei das Ergebnis der Nečas-Regierung und ihres politischen Schlingerkurses, hat Zeman seit seiner Wahl zum Präsidenten immer wieder kritisiert. Deshalb werde er nicht mehr auf die bisherige Koalition bürgerlicher Parteien setzen, wie er sagte:
„Die Mehrheit der Öffentlichkeit und heute bereits nicht mehr nur die Wähler, die mich zum Präsidenten gewählt haben, würde sich das nicht wünschen.“
Aus der gegenwärtigen Regierungskrise sehe er daher nur einen Ausweg:„Der einzige Weg, um in Tschechien vorgezogene Neuwahlen auszulösen, ist die Ernennung einer Expertenregierung. Und das aus dem ganz einfachen Grund: weil ansonsten das Warten auf diese Wahlen wie das Warten auf Godot wäre.“
Mit dieser Lösung überhaupt nicht einverstanden sind jedoch die Parteien der Koalition. Zwei Stunden vor der Ernennung Rusnoks wiesen sie das Staatsoberhaupt noch einmal darauf hin, dass sie es sind, die im Abgeordnetenhaus die Mehrheit haben. Die ODS-Vizechefin und Kandidatin der Koalition für den Regierungsvorsitz, Miroslava Němcová:
„Ich habe mit dem Präsidenten zwei bis zweieinhalb Minuten gesprochen. Seine Reaktion war die, dass er diese Mehrheit für einen klaren Standpunkt halte.“Trotzdem schenkte Zeman Rusnok das Vertrauen als neuem Ministerpräsidenten. Die Politiker der Koalition reagierten entsprechend gereizt. Der designierte ODS-Chef Martin Kuba:
„Hier gibt es eine vorhandene Mehrheit, dennoch versucht der Präsident, seine eigene Regierung bilden zu lassen. Dabei müsste er doch wissen, dass diese Regierung von den Abgeordneten kein Vertrauen erhalten wird.“
Die Unterstützung der Abgeordneten aber brauchen Premier Rusnok und seine noch zu bildende Kabinettsriege, um überhaupt regieren zu können. Der Premier will sein Team binnen zwei Wochen zusammenstellen und dabei auch ein Regierungsprogramm ausarbeiten. Trotz der drohenden Abstimmungsniederlage aber macht Rusnok auf Zweckoptimismus:„Ich weiß nicht, ob wir nicht doch die Chance haben, das Vertrauen der politischen Parteien zu erhalten. Heute sagen sie das eine, morgen vielleicht schon etwas anderes. Das kennt man ja bereits.“
Die Opposition begrüßte die Entscheidung von Präsident Zeman, sieht in der Ernennung Rusnoks zum Premier jedoch nur den ersten Schritt auf dem Weg zu ihrem Ziel: vorgezogenen Neuwahlen. Um dieses Ziel möglichst bald zu erreichen, werde man selbst in den nächsten zwei Wochen auch sehr aktiv sein, versichert Sozialdemokraten- und Oppositionschef Bohuslav Sobotka:„Wir werden den Vorschlag zu einer außerordentlichen Sitzung des Abgeordnetenhauses für Mitte Juli einbringen. Auf dieser Sitzung soll die Parlamentskammer über ihre Auflösung abstimmen.“
Schon jetzt ist klar: In den nächsten zwei Wochen wird um jede Abgeordnetenstimme gekämpft, erst dann wird man sehen, welches politisches Lager sich letztlich durchsetzen wird.