Regierung Rusnok vergibt massiv Aufträge ohne Ausschreibungen
Tschechien hat ein Problem mit der Korruption, als besonders anfällig gilt der öffentliche Sektor. Dort werden entweder Ausschreibungen auf einen einzigen Bewerber zugeschnitten, oder die Aufträge werden ohne öffentliche Vergabe im sogenannten Eilverfahren einer bestimmten Firma übertragen. Letzteres hat die Interimsregierung von Jiří Rusnok sehr intensiv betrieben. Darauf haben nun NGOs aufmerksam gemacht.
„Wir halten das für alarmierend, dass eine Regierung, die noch nicht mal das Mandat des Abgeordnetenhauses hat, so viele Aufträge ohne Ausschreibungen vergibt.“
Besonders überrascht hat Kameník und seine Mitstreiter der Vergleich mit demselben Zeitraum des vergangenen Jahres. Die damalige Regierung des konservativen Premiers Petr Nečas vergab nämlich nur ein Sechstel der jetzigen Auftragssumme ohne Ausschreibung.Doch Premier Rusnok sieht darin kein Problem. Denn die Gesetze erlauben ein solches Vorgehen, wenn es begründet ist. Rusnok verweist auf die Fehler des Vorgängerkabinetts. Dieses hatte viele Mittel der EU ungenutzt gelassen, doch die Förderperiode endet mit diesem Jahr. Es sei also höchste Eile geboten, sagte Regierungssprecherin Jana Jabůrková im Tschechischen Fernsehen:
„Die jetzige Regierung sucht nach allen Möglichkeiten, um das Ausschöpfen von Mitteln aus den EU-Fonds zu beschleunigen. Eine Eilvergabe von Aufträgen ohne Ausschreibung ist eines der Mittel dazu.“Bei einer Eilvergabe drohen aber sowohl Manipulationen, als auch höhere Preise, da die Konkurrenz ausgeschaltet wird. Solche Aufträge kommen den Staat also häufig teurer. Deswegen sollte ein solches Verfahren eigentlich eine Ausnahme darstellen. Das heißt aber auch: Es lohnt ein genauer Blick darauf, welche Ministerien was ausgeschrieben haben.
„Wir haben zum Beispiel sechs Aufträge der staatlichen Autobahn- und Straßendirektion gefunden, die ohne Ausschreibung vergeben werden sollen und die Instandhaltung von Straßen im Sommer und Winter in ausgewählten Regionen betreffen. Sie umfassen mehr als eine Milliarde Kronen und mir scheint, dass sie sicher auch anderen Firmen in einem Ausschreibungsverfahren angeboten werden könnten“, sagt Martin Kameník.
Die tschechischen NGOs gaben aber zu, dass sie teilweise gar nicht prüfen konnten, in welchen Fällen eine Auftragsvergabe ohne Ausschreibung nötig gewesen sei. Dabei müssen die Institutionen ihre Begründungen seit Sommer dieses Jahres veröffentlichen. Für Kamenník bedeutet das:„Wir werden weiter Druck ausüben, und zwar auch auf die neue Regierungskoalition, dass sie die Informationen über Eilvergaben im Vorfeld bereitstellt. Das sollte bereits dann geschehen, wenn die Regierung die zugehörigen Anträge auf den Tisch bekommt.“